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0064 - Die Mühle der Toten

0064 - Die Mühle der Toten

Titel: 0064 - Die Mühle der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Appel
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steinernen Grabumrandungen wurden weggeräumt.
    Raben krächzten in den Bäumen. Und bei jedem Spaten- oder Schaufelstich stöhnte es dumpf. Die Laute kamen aus dem Grab.
    Trotz der Kühle brach den vier Männern aus Bresteville der Schweiß aus. Was würden sie in diesem Grab entdecken? Alain Faber, der Totengräber und Friedhofswächter, stand dabei und rührte keine Hand. Er murmelte Gebete.
    Als die Grube tiefer wurde, gruben nur noch Zamorra und ein anderer Mann. Zu mehreren hätten sie sich in dem Grab behindert.
    Der Mann, der mit Zamorra grub, stieß einen Schrei aus, als seine Schaufel auf etwas Weiches traf. Zamorra, der sein silbernes Amulett unter dem Rollkragenpullover um den Hals trug, bückte sich und legte etwas frei.
    Schreckensbleich sprang der Mann aus Bresteville aus dem Grab und bekreuzigte sich. Zamorra hatte eine Totenhand freigelegt, die aus dem Erdreich ragte. Sie war blutig und von der schwarzen, fetten Erde verschmutzt.
    Zamorra grub weiter. Er legte einen Arm frei, eine Schulter, Kopf und Oberkörper. Das Gesicht war kaum noch zu erkennen, der Oberkörper zerquetscht. Trotzdem gab es für Zamorra keinen Zweifel darüber, wer da tot und in zerrissenen, blutbeschmierten Kleidern vor ihm lag.
    Raoul Morgand!
    Der dilettantische Geisterjäger, der ihm sein Amulett gestohlen und seinen Leichtsinn mit dem Leben bezahlt hatte. Der Professor grub den Leichnam völlig aus. Morgand lag direkt auf dem grob zusammengezimmerten Sarg, der überraschend gut erhalten war.
    Dumpfe Schläge ertönten. Etwas schlug von innen gegen den Sarg.
    Sogar Zamorra überlief es kalt. Die vier Männer aus Bresteville flüchteten hinter die nächsten Grabsteine, hielten Schaufeln und Spaten schlagbereit.
    Zamorra wartete. Die Schläge gegen den Sargdeckel hörten auf.
    Wieder ertönte ein unmenschlicher Stöhnlaut. Der Professor nahm sein magisches Amulett und pochte damit dreimal gegen das Holz des Sarges.
    »Im Namen der Weißen und der Schwarzen Magie, des krummen und des geraden Pfades! Schweige!«
    Jetzt regte sich nichts mehr. Zamorra steckte das Amulett ein und packte Raoul Morgands entstellten, mit verkrustetem Blut bedeckten Körper unter den Armen. Er hob ihn aus dem Grab. Zamorra war wegen seiner Heimtücke wütend gewesen auf Morgand.
    Als er jetzt sah, wie Beau Gunod ihn zugerichtet hatte, empfand er nur noch Mitleid.
    »Ich werde jetzt den Sarg öffnen«, sagte Zamorra zu den vier Männern, die sich noch immer nicht heranwagten.
    Schreckensbleich starrten sie auf Raoul Morgands Leichnam.
    »Das ist Morgand«, sagte einer der Männer. »Mein Gott, wie sieht er aus! Wenn ihm das in der Geistermühle passiert ist, bringen mich keine hundert Pferde in dieses Gebäude.«
    Zwei Männer schauten in eine andere Richtung, weil sie den Toten nicht länger ansehen konnten. Zamorra war sicher, daß der Dämon Beau Gunod die Leiche in das Grab praktiziert hatte. Wahrscheinlich, weil er wußte oder sich dachte, daß es geöffnet werden sollte.
    Um Angst und Schrecken zu erzeugen.
    Der Sarg des buckligen Müllers Armand Garascon war in die Erde eingebettet. Zamorra entfernte mit dem Spaten die letzten Erdbrocken vom Sargdeckel. Die Grube, die er mit den anderen Männern ausgehoben hatte, war ein gutes Stück breiter als der Sarg.
    Professor Zamorra schob das Spatenblatt unter den Sargdeckel. Er hebelte. Es knackte, krachte, und dann flog der Sargdeckel auf, platzte wie die Hülse eines Saatkorns.
    Aber es war eine Saat des Grauens, die dieser Sarg barg. Eine Wolke von scheußlichem Gestank quoll heraus. Den Geist des Müllers Armand Garascon hatte Professor Zamorra schon gesehen.
    Jetzt lag der Körper vor ihm.
    Er war mumifiziert, aber erstaunlich gut erhalten. Die Mumie war nicht dunkel und verwittert, sondern bleich wie eine Made. Glasige Augen rollten in den Höhlen, blutunterlaufen. Die blassen Hände bewegten sich, als hätten sie ein Eigenleben.
    Ein dumpfes Heulen kam aus dem Mund des Untoten, in dem lange, gelbe Hauer von Zähnen wuchsen. Mit plumpen Bewegungen versuchte er, seine Augen vor dem quälenden Sonnenlicht zu schützen.
    Zamorra rang nach Luft. Er mußte aus dem Grab, so scheußlich war der Gestank, der von der Gestalt im Sarg ausging.
    »Erbarmen!« röchelte der Untote. »Yvette! Bresteville! Ich will nicht mehr, will nicht, will nicht… Laßt mich doch endlich sterben. Die Hölle kann nicht schlimmer sein.«
    Er sprach ein altertümliches Französisch. Alain Faber und die drei anderen Männer

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