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0066 - Ich folgte dem roten Wagen

0066 - Ich folgte dem roten Wagen

Titel: 0066 - Ich folgte dem roten Wagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich folgte dem roten Wagen
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heranbrächte.«
    Wir haben sogar noch eine vierte Spur, dachte ich, aber ich sagte nichts davon. Ich wollte mich nicht blamieren für den Fall, dass sich meine Vermutung als falsch erwies.
    ***
    Ich erkundigte mich beim Pförtner. Er sagte mir die genaue Adresse. Ich ging in den Keller, wo die Zellen für die Untersuchungsgefangenen lagen, die das FBI noch zu weiteren Vernehmungen brauchte.
    Man schloss mir Marshalls Zelle auf. Ich brauchte mir nicht extra Mühe zu geben, ein finsteres Gesicht aufzusetzen. Ich brauchte nur an den toten Jungen von Mr. Averson zu denken. Das genügte.
    Ich betrat die Zelle.
    Bill Marshall kam mir entgegen.
    »Was ist los? Werde ich freigelassen?«
    Er legte mir seine Hand auf den Jackettaufschlag. Ich holte Luft und sah ihn an. Er riss mit erschrockener Gebärde seine Hand zurück.
    »Kommen Sie mit«, sagte ich.
    Er wich einen Schritt zurück.
    »Wohin? Ich will wissen, wohin ich soll! Ich gehe nicht mit, wenn Sie nicht sagen, wo ich hin soll!«
    Ich ging ihm nach, bis er mit dem Rücken angstschlotternd an der Zellenwand lehnte. Stumm blickte ich ihm in die Augen. Er verstummte.
    »Kommen Sie mit«, wiederholte ich. Er folgte mir, wie ich an seinen Schritten hörte.
    Wir gingen in den Hof. Die Fahrbereitschaft stellte mir einen Dienstwagen zur Verfügung. Ich ließ mir die Route beschreiben.
    Schweigend legten wir die Fahrt zurück. Marshall wagte nicht, noch einmal den Mund aufzutun. Ich legte keinen Wert darauf, ihm irgendetwas zu sagen. Für mich stand fest, dass er zumindest zu den Leuten gehörte, die den kleinen Averson umgebracht hatten. Wenn er nicht gar selbst der Mörder war.
    Nach knapp zehn Minuten Fahrtzeit hatte ich mein Ziel erreicht. Ich parkte den Wagen am Straßenrand.
    »Steigen Sie aus!«, sagte ich.
    Marshall kletterte hinaus. Ich schloss den Wagen ab und ging um ihn herum.
    »Die Stufen hinauf. Sie gehen vor mir, ich sage die Richtung!«
    Er gehorchte.
    »Rechts!«
    Er zog die breite Tür auf der rechten Seite auf. Wir gelangten in einen weißgekalkten Korridor. Am Ende des Flurs stand ein weißer Metallschreibtisch, hinter dem ein alter Mann in einem weißen Kittel saß.
    Ich legte meinen Dienstausweis auf den Tisch und den Zettel, den ich vorbereitet hatte. Der alte Mann las ihn und nickte schweigend.
    Er stand auf und ging vor uns her. Durch eine Schwingtür kamen wir in ein nach unten führendes Treppenhaus. Im zweiten Kellergeschoss schob der Alte eine Stahltür beiseite. Wir kamen in eine zehn mal dreißig Yards große Halle, die von einigen Glühbirnen ohne Lampenschirm hell erleuchtet war.
    Rechts und links in den Wänden befanden sich querliegende Ovaltüren mit Schraubverschluss. Der Alte drehte das Rad einer Tür und zog sie auf. Er griff hinein und zog eine auf Schienen laufende Bahre heraus. Wortlos schlug er das Leinentuch zurück.
    Der kleine Averson lag mit wachs gelbem Totengesicht auf der Bahre.
    Ich machte eine Kopfbewegung.
    Zögernd trat Marshall an die Bahre. Er hatte den Kopf gesenkt.
    »Sieh dir den Jungen an«, sagte ich so leise, dass man es kaum hören konnte.
    Er hob den Kopf nicht. Aber seine Hände fingen an zu zittern.
    »Sieh dir das Kind an!«, sagte ich noch ein zweites Mal.
    Meine Stimme war immer noch leise gewesen. Aber sie wirkte.
    Marshall hob langsam wie unter einer schweren Last den Kopf. Seine Augen tasteten sich gehorsam an der schmächtigen Gestalt des Kindes hoch, bis sie das Gesicht trafen.
    Und dann blieben sie wie unter einem magischen Bann an den roten Würgemalen hängen, die aus der wächsernen Blässe des Halses überdeutlich hervortraten.
    Keiner von uns dreien sagte ein Wort. Nur Marshalls heftiges Atmen stand im Raum. Langsam ließ ich meinen Blick von dem blassen Gesicht des Jungen zu dem ebenso blassen Gesicht des Gangsters gleiten. Auf seiner Stirn standen die Schweißperlen in tausend kleinen, winzigen Funken, die im Licht der Lampen wie Kristalle glitzerten.
    Eine ganze Weile standen wir so. Dann zog ich den Gangster am Ärmel beiseite. Während der tote Junge wieder in sein kühles Behältnis zurückgeschoben wurde, verließ ich mit Marshall die Leichenhalle. Draußen im Flur drückte ich ihn hart gegen die Mauer.
    Ich stand dicht vor ihm. Meine Augen waren keine zwei Zoll von seinen entfernt.
    »Also?«, sagte ich leise.
    Er zitterte immer noch. Seine Lippen bewegten sich lautlos.
    »Wer war es?«, wiederholte ich. Er fuhr sich mit den Fingern am Hals entlang. Ich packte ihn am Ärmel und schob ihn

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