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0068 - Wir holten sie vom Schiff

0068 - Wir holten sie vom Schiff

Titel: 0068 - Wir holten sie vom Schiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wir holten sie vom Schiff
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poliertem Holz. Farbe und Lack hatten Blasen geworfen und bröckelten stellenweise schon ab. Ein Namensschild oder so etwas gab es nicht. Ich überzeugte mich durch einen raschen Blick ins Schlüsselloch davon, dass der Schlüssel auf der Innenseite steckte.
    Will Crack, oder der Humper, wie man ihn seines halben Höckers wegen in Unterweltskreisen nannte, musste also zu Hause rein.
    Ich klopfte. Zweimal hart und kurz. Hinter der Tür war ein Poltern zu vernehmen.
    »Was ist los?«, fragte eine Stimme, die sehr schnell kam.
    »Machen Sie auf. Wir müssen die Lichtleitungen prüfen«, sagte ich mit leicht verstellter Stimme. »Im Haus muss irgendwo eine schadhafte Leitung sein.«
    Eine Weile blieb es still. Dann waren leichte Geräusche zu hören. Vielleicht hatte er im Bett gelegen, nach dem nächtlichen Ausflug ihres Raubzuges. Jetzt wollte er sich wahrscheinlich erst anziehen.
    Es dauerte fast drei Minuten, ohne dass die Tür geöffnet worden wäre.
    »Mann!«, rief ich ungeduldig. »Zeit ist Geld! Wie lange sollen wir denn noch warten?«
    »Augenblick, ich bin ja gleich soweit.«
    Aus dem Augenblick wurde nochmals eine volle Minute. Inzwischen waren immer noch hastige Geräusche in dem Zimmer. Dann wurde der Schlüssel umgedreht und die Tür einen Spaltbreit geöffnet. Leider war sie noch durch eine Sicherungskette versperrt, sodass sie gar nicht weiter aufging als den winzigen Spalt.
    Der Humper sah uns stehen. Für den Bruchteil einer Sekunde war er erschrocken, was man an seinem Gesichtsausdruck unschwer erkennen konnte. Dann lief er ins Zimmer zurück. Ich hob den Fuß und trat mit aller Wucht gegen die Tür. Irgendetwas splitterte, aber die Kette gab noch nicht nach.
    Ich warf mich mit der Schulter dagegen. Zwei-, dreimal. Dann flog ich mitsamt der Tür in den Raum hinein. Von Crack war nichts mehr zu sehen.
    Aber das Fenster stand offen. Phil sprang hin, ich rappelte mich auf und trat ebenfalls ans Fenster.
    Zwei Stockwerke tiefer lag eine Garagenreihe. Zum Dach des flachen Baus führten ein paar eiserne Krampen hinab, die wohl eine Feuerleiter ersetzen sollten. Als wir zum Fenster hinausstarrten, ließ sich Crack gerade vor den letzten Krampen auf das Dach der Garagenreihe hinabfallen.
    »Halt, Crack!«, schrie ich und riss meine Pistole aus dem Halfter. »Bleiben Sie stehen, wo Sie sind, oder wir schießen!«
    Er sah zu uns herauf. In der linken Hand hielt er eine Maschinenpistole.
    »Ihr bekommt mich nicht, ihr verdammten Bluthunde!«, schrie er und lief auf dem Garagendach entlang.
    Ich zielte sorgfältig und setzte ihm eine Kugel zwei Yards vor seine Beine. Erschrocken stoppte er. Abermals sah er zu uns herauf.
    »Lassen Sie Ihre Tommy Gun bloß unten!«, schrie ich hinunter. »Sonst jage ich Ihnen eine Kugel in den Arm! Bleiben Sie ruhig stehen! Machen Sie keine Bewegung, sonst knallt’s!«
    Er blieb tatsächlich stehen. Ich habe noch keinen Gangster gesehen, der nicht feige geworden wäre, wenn er sein eigenes Leben bedroht sah. Diese Art von Helden ist immer nur stark, wenn es anderen ans Leben geht.
    »Halte du ihn mit der Pistole im Schach, Phil«, sagte ich zu meinem Freund. »Ich klettere ihm nach.«
    »Okay, Jerry. Aber sei vorsichtig.«
    »Werde mir Mühe geben.«
    Ich schwang mich zum Fenster hinaus auf die Krampen, die an der ganzen Hauswand emporliefen. Schnell kletterte ich hinab. Als ich auf halber Höhe zwischen Fenster und Garagendach war, hörte ich plötzlich Phils gelle Stimme. »Jerry!«
    Ich stieß mich ab und ließ mich sofort fallen.
    Über mir spritzte eine Salve aus der Tommy Gun mit hässlichem Rattern in den Verputz der Wand. Mörtelbrocken stiebten ab und kamen mir nachgeflogen. Ich landete unsanft, aber ohne gebrochene Knochen auf dem Garagendach, wälzte mich sofort auf den Bauch, damit ich in seine Richtung blicken konnte, und brachte meine Pistole in Anschlag.
    Crack sah hinauf zu Phil. Ich verstand nicht, warum Phil nicht geschossen hatte. Später allerdings sagte er mir, dass er Furcht hatte, wenn er Crack in den Arm treffen würde, könnte dem vielleicht die Tommy Gun ganz automatisch nach unten und damit in meine Richtung gerissen werden.
    »Wirf die Tommy Gun weg, Crack!«, brüllte ich. Und jetzt war es mir verdammt ernst. Bei einer Tommy Gun hört jeder Spaß auf. Die Dinger haben eine gefährliche Streuung, mit der jedes Baby ein Ziel auf acht Schritt treffen könnte, ohne überhaupt zu zielen. Die ungefähre Richtung genügt schon, den Rest besorgt die Streuung

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