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0069 - Das Gericht der Toten

0069 - Das Gericht der Toten

Titel: 0069 - Das Gericht der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Wolf Sommer
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begannen, als er die absolute Sicherheit des Inders erkannte.
    Mit langsamen, zögernden Schritten ging Seymour auf den Sarg zu, streckte die Hand nach ihm aus. Nichts war von der Nordpolkälte geblieben. Die unsichtbare Eisschicht hatte sich in Luft aufgelöst und in ihr Gegenteil verkehrt.
    Der Sarkophag glühte jetzt beinahe, wenn auch die Hitze optisch nicht sichtbar wurde. Hastig zog der Millionär die Hand zurück, um sich nicht zu verbrennen.
    Madhvakrishna trat jetzt ebenfalls ganz dicht an den Steinsarg heran.
    »Höllenglut«, murmelte Seymour. »Sie haben das Feuer des Satans zur Erde gebracht.« Und deutlich sah ihm der Guru an, daß er wörtlich meinte, was er da sagte. Madhvakrishna hielt es nicht für nötig, ihm den wahren Sachverhalt zu erklären.
    »Warten Sie einen Augenblick«, sagte er. »Dann können Sie den Sarkophag berühren wie jeden x-beliebigen anderen Gegenstand.«
    Wenig später versuchte es Seymour erneut. Der Magier hatte recht behalten, denn jetzt fühlte sich der Stein an wie eine ganz normale Marmorplatte.
    Seymour packte die Deckplatte an der Stelle, an der die Trennrille sichtbar war, und drückte sie mit den Handballen nach oben.
    Die Platte ließ sich tatsächlich bewegen!
    Der Guru hatte es fertiggebracht, den rätselhaften Schließmechanismus zu knacken.
    Der Millionär bekam vor Aufregung einen trockenen Hals. Vergessen waren die befremdlichen Phänomene, deren Zeuge er geworden war. Vergessen waren im Augenblick auch die Beschädigungen des Museums, die zerborstenen Gefäße und Statuen.
    Der Totenschmuck eines Pharao! Daneben mußte zwangsläufig alles andere verblassen.
    Seymour setzte seine gesamte nicht unbeträchtliche Kraft ein, um den Deckel hochzuwuchten. Vor Anstrengung schwollen die Adern auf der Stirn. Schweiß rann ihm über das Gesicht. Millimeter um Millimeter gab die Platte nach.
    »Verdammt, so helfen Sie mir doch!« quetschte er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
    Der Guru kam der Aufforderung nach, legte ebenfalls Hand mit an. Zu zweit ging es besser. Aus den Millimetern wurden Zentimeter. Eine Handbreit und noch eine. Und schließlich ließ sich der Deckel ganz zur Seite klappen.
    Wie ein Habicht, der ganz plötzlich eine fette Beute entdeckt hatte, blickte Seymour ins Innere des Sarkophags.
    Zutiefst erschrocken fuhr er zurück.
    Es lag keine Mumie in diesem Sarg.
    Ein Mensch lag darin! Ein nackter, braunhäutiger Mann, der aussah, als würde er schlafen.
    Seymour mußte sich zwingen, wieder hinzublicken.
    »Aber das… das ist doch nicht möglich«, stotterte er. »Nach drei-oder viertausend Jahren …«
    Er stutzte auf einmal, bedachte den Inder mit einem wilden Blick.
    »Eine Fälschung!« schrie er. »Eine ganz verdammte Fälschung! Man hat mich betrogen! Alles fauler Zauber. Sehen Sie es sich an, Madhvakrishna. Kein Gold, keine Edelsteine! Keine symbolischen Totengaben von unschätzbarem Wert. Nur ein Kerl, der schläft!«
    Der Millionär verfiel jetzt in eine Art Hysterie. Die Nervenanspannung der letzten Viertelstunde verlangte ihren Tribut.
    Vor unsagbarer Wut rot anlaufend brüllte er die Gestalt im Sarg an.
    »He, wach auf, du Penner! Willst du jetzt wohl endlich aufwachen!«
    Und als von seiten des stumm und bewegungslos daliegenden Mannes keine Reaktion erfolgte, ergriff Seymour selbst die Initiative.
    Seine Rechte zuckte vor, krallte sich in den Hals des Mannes, wollte ihn hin- und herschütteln.
    Aber plötzlich war da nichts mehr, das er schütteln konnte.
    Seymours geballte Faust umklammerte die leere Luft.
    Von der Gestalt im Sarkophag war nicht mehr viel übrig geblieben.
    Nur ein kleines Häufchen grauer Staub!
    Während Robert T. Seymour gellend aufschrie, lächelte Madhvakrishna nur wissend.
    ***
    Mit hängenden Schultern kehrte Nicole Duval der Villa des Millionärs den Rücken.
    Es war alles schiefgegangen, was schiefgehen konnte. Schon als sie vorhin von ihrem Beobachtungsposten aus gesehen hatte, wie die Scheinwerfer im Garten Seymours aufflammten, war ihr ein Verdacht gekommen, was das zu bedeuten hatte. Der Chef und Bill waren aufgefallen. Und als dann wenig später der Polizeiwagen aufgetaucht und mit den beiden Freunden wieder abgefahren war, hatte sich der Verdacht zur Gewißheit verdichtet. Und nun hatte sich der Millionär auch noch als so unnachgiebig erwiesen, daß er nicht einmal mehr bereit gewesen war, sie überhaupt anzuhören.
    Nicole war sich darüber im klaren, daß die Situation ernst war. Zamorra und

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