0071 - Mit der letzten Kugel
wir durch Sie übermitteln lassen.«
»Ja, das ist gut. Mrs. Harway kam auch sonst oft in die Kirche, da wird es nicht auffallen, wenn sie es jetzt in ihrer seelischen Not ebenso tut.«
Ich verabschiedete mich, setzte mich in meinen Jaguar und fuhr davon. Ich schaltete die Polizeisirene nicht ein, denn wenn das Haus der Harways von den Kidnappern beobachtet wurde, dann musste jedes Aufsehen vermieden werden.
Als ich mich weit genug von der Gegend um die Baker Street entfernt hatte, ließ ich die Polizeisirene aufheulen und trat das Gaspedal durch. Ein Jaguar fängt überhaupt erst an, ein Auto zu werden, wenn man die neunzig Meilen als Minimum fährt. An Sonntagvormittagen ist in der City selten viel Betrieb, weil die meisten New Yorker ihr Wochenende außerhalb verbringen. Die wenigen Wagen, die noch über den Asphalt krochen, fegte die Sirene zur Seite, sodass ich freie Fahrt hatte. Einige Cops hörten meine Sirene und machten Kreuzungen frei, die den Ampeln nach in der Gegenrichtung hätten befahren werden dürfen. Deshalb dauerte es nicht länger als nur ein paar Minuten, bis ich bei Phil ankam.
Er öffnete im Schlafanzug auf mein Sturmklingeln.
Als er mich sah, tippte er mit dem Zeigefinger gegen die Stirn.
»Du musst umgehend einen Arzt aufsuchen«, knurrte er. »Wer einen müden G-man am Sonntag vor neun Uhr aus dem Bett holt, muss krank sein.«
»Keine Zeit für Witze«, sagte ich ernst. »Zieh dich schnell an, Phil. Waschen und rasieren kannst du dich später - vielleicht. Es ist eine üble Geschichte passiert. Wir haben keine Zeit zu verlieren.«
Während er bereits hastig in seine Kleidungsstücke fuhr, fragte er gespannt: »Banküberfall?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Bandenkrieg in der Bronx?«
Ich schüttelte wieder den Kopf.
»Himmel!«, knurrte Phil erschrocken. »Noch schlimmer?«
Ich nickte.
»Kidnapper. Dreijähriges Mädchen entführt.«
Phil ließ sich auf seine Couch sinken.
»Verdammter Dreck!«, fluchte er. »Und ich hatte gedacht, wir hätten eine ruhige Woche vor uns!«
***
Es war fünfundzwanzig Minuten nach neun Uhr früh, als wir bei Mister High, unserem Districtchef, an der Wohnung klingelten. Er öffnete selbst und war, wie nicht anders zu erwarten, fertig angezogen und rasiert.
»Sie?«, sagte er erstaunt. »Kommen Sie rein!«
Er führte uns in sein Wohnzimmer, setzte sich hinter den Schreibtisch und sah uns erwartungsvoll an. Er hatte uns Sessel angeboten und sagte: »Dass es eine schlimme Geschichte sein muss, ergibt sich wohl aus der Tatsache, dass Sie nicht die Zeit hatten, sich zu rasieren. Ich hoffe, sie ist nicht allzu schlimm.«
»Ich fürchte, sie ist es«, sagte ich. Und Phil ergänzte nur durch ein einziges Wort: »Kidnapping.«
Mister High erschrak ebenso, wie Phil erschrocken war. Dann griff er auch schon zum Telefon.
»Hier ist der Anschluss Manhattan 6-2-4-3-0-2«, sagte er langsam. »Anschlussinhaber ist John D. High, Districtchef des FBI New York. Ich brauche eine Verbindung mit Washington, Federal Bureau of Investigation.«
***
Walter F. Hugson war einer der sieben Assistant Directors des FBI. Er hatte an diesem Wochenende den Sonntagsdienst und saß in seinem Büro. Als das Telefon klingelte, sah er von den Akten auf, mit denen er sich beschäftigt hatte, nahm den Hörer und murmelte: »Hugson.«
»Blitzgespräch aus New York, Sir«, sagte die sachliche Stimme einer Telefonistin. »Districtchef High am Apparat.«
Well, auch Hugson konnte sich denken, dass es eine sehr schlimme Sache war, wenn High mit Blitzgespräch an einem Sonntag anrief. Kühl und knapp entgegnete er: »Gespräch in meine Leitung. Auf keinen Fall trennen. Während ich spreche, rufen Sie im Bereitschaftsraum an und schicken zwei Mann zu mir. Eintreten, ohne anzuklopfen.«
»Yes, Sir. - Bitte melden!«
Es knackte in der Leitung. Noch einmal sagte er: »Hugson.«
»High. FBI New York.«
Hugson griff schon nach Papier und Bleistift, während er befahl: »Schießen Sie los, High.«
»Kindesentführung in der Baker Street. Lisabell Harway, drei Jahre alt, blond, blauäugig, ohne besondere Kennzeichen, Kleidung zum Zeitpunkt der Entführung noch nicht bekannt. Eltern Samuel und Lilian Harway, geborene Vanders, wohnhaft 432, Baker Street. Samuel Harway alleiniger Inhaber des bekannten Schuhkonzerns. Vermutlich sehr wohlhabend bis reich. Entführung geschah heute Nacht gegen elf Uhr.«
Die Tür zu Hugsons Office öffnete sich und die beiden angeforderten G-men traten leise
Weitere Kostenlose Bücher