0072 - Das Höllentor
Häuser waren verschwunden, ebenso das Büro mit dem Eingangstor.
Statt dessen erstreckten sich rings um uns schneebedeckte Hügel, über die ein eisiger Orkan pfiff. Geysire schossen brüllend in den Nachthimmel, über den das Nordlicht zuckte. Flammenzungen leckten zur Erde herunter. Beißende Kälte fraß sich durch unsere Kleider.
Wir steckten bis zu den Knien in einem zähklebrigen Sumpf, in dem jede Bewegung unmöglich war. Suko schlug um sich, sank jedoch sofort tiefer ein.
»John, wo kommt dieser Sumpf her?« schrie er. »Tu etwas! Schnell! Wir versinken!«
Mein Gehirn arbeitete auf Hochtouren. Ich hatte meinen Spezlalkoffer im Hotel zurückgelassen. Janes Entführung und die Verfolgung der Kidnapper waren zu überraschend gekommen.
Janes Entführer hatten uns in eine Geisterfalle gelockt. Jane war dabei der Köder gewesen. Sorgfältig hatten sie das Gelände des Bungalowdorfes präpariert, daß es sich für uns in eine tödliche Falle verwandelte.
Ich wollte mich beherrschen und ruhig abwarten, doch dann griff Panik nach mir. Wild schlug ich um mich und versank bis zu den Hüften. Sofort hielt ich wieder still.
Obwohl der Sumpf zischte und kochte, wurde ich nicht verbrüht. Unsere Gegner gaben uns noch eine Gnadenfrist. Wahrscheinlich wollten sie, daß wir nicht sofort umkamen, damit sie länger ihr Vergnügen hatten.
»John!« rief Suko eindringlich. »Beeil dich! Wir haben nicht mehr viel Zeit!«
Ich trug wie immer mein silbernes Kreuz und die Beretta bei mir. Die Pistole mit den geweihten Silberkugeln half mir in diesem Fall nicht. Ich mußte mich ganz auf mein Kreuz verlassen, das mich auch in London vor der Explosion gerettet hatte.
»Hier, nimm meine Hand«, rief ich Suko zu. Auch er steckte bereits bis zu den Hüften im Schlamm, so daß er mich kaum noch erreichte.
Endlich schaffte er es. Wir verkrallten unsere Finger ineinander. Dann holte ich das Kreuz hervor und versuchte, es in den Sumpf zu tauchen.
Es ging nicht. Dicht vor der Oberfläche stieß ich auf ein unsichtbares Hindernis, das ich nicht überwinden konnte. Der durch Dämonenkräfte entstandene Morast wehrte sich gegen das Eindringen einer Waffe des Guten. Und ich besaß nicht die Kraft, das Kreuz unterzutauchen.
Es gab nur eine Möglichkeit. Ich mußte selbst vollständig in den Sumpf eintauchen, denn dann wurde auch das Kreuz mit in die Tiefe gezogen und konnte die Gefahren der Dämonenfalle aufheben.
Ein Blick zu Suko zeigte mir, daß ich nicht warten durfte. Wahrscheinlich wegen seines größeren Gewichts versank er schneller als ich. Der Schlamm ging ihm schon bis zum Kinn. Es fehlte nicht mehr viel, und mein Freund erstickte in der Dämonenfalle.
Ohne seine Finger loszulassen, stieß ich mit den Beinen nach unten, als wollte ich schwimmen. Gleichzeitig ruderte ich mit dem freien Arm.
Ein Ruck lief durch meinen Körper. Ich sank rasch tiefer, holte noch einmal Luft und verschwand unter der Oberfläche.
Über mir schlug die klebrige Masse zusammen. Ich sah und hörte nichts mehr. Ich war vollständig von der Umwelt abgeschnitten.
Ich fühlte nur noch Sukos Hand. Meine Finger steckten zwischen den seinen wie in einem Schraubstock.
Die Luft wurde mir knapp. Vor meinen Augen tanzten rote Sterne, zerplatzten, verwandelten sich in gelbe Lichtblitze. Meine Lungen stachen. Nur mehr wenige Sekunden, dann würde ich den Mund aufreißen und gierig nach Luft schnappen. Das war dann das Ende.
Ich wartete auf die Rettung, darauf, daß das silberne Kreuz endlich wirkte.
Nichts geschah! Es war vorbei.
Ich konnte nicht mehr.
Mit letzter Kraft riß ich den Mund weit auf und rang röchelnd nach Luft. Mit unendlicher Erleichterung sog ich frische, kalte Luft tief ein, hustete und atmete ein paarmal durch. Dann erst verschwanden die roten Sterne und die gelben Lichtblitze. Ich konnte wieder klar denken und auch meine Umgebung erkennen.
Suko und ich lagen vor Catfields Bungalow im Schnee. Unsere Hände waren noch immer ineinander verkrallt, als wären sie zusammengeschweißt. Sukos Gesicht war blau angelaufen. Er holte hechelnd Luft.
Stöhnend raffte ich mich auf, kam auf die Knie und beugte mich über meinen Freund. Er hatte eine eiserne Konstitution und war nicht so leicht umzubringen. Trotzdem hatte es ihn diesmal schlimm erwischt.
Aber Suko war unverwüstlich. Er erholte sich zusehends.
Ich sah mich um. Jetzt umgab uns wieder das Bungalowdorf. Vor mir war die offene Tür von Catfields Haus. Drinnen brannte noch immer Licht,
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