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0072 - Das Höllentor

0072 - Das Höllentor

Titel: 0072 - Das Höllentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wunderer
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an. »Dann glaubst du, daß sie Jane verschleppt haben?«
    »Allerdings!« Ich lief unruhig im Zimmer auf und ab. »Sie bleiben mit ihr nicht in Reykjavik. Hier gibt es Polizei. Die Stadt ist nicht groß. Man würde sie in kürzester Zeit finden.«
    »Das Höllentor?« fragte Suko.
    »Ich wüßte nicht, wo sie sonst sein könnten, Suko. Wir müssen es dort versuchen. Aber vorher möchte ich mich noch einmal in dem Bungalowdorf umsehen. Ich will nicht durch das halbe Land fahren, falls sie Jane doch in einem der Häuser festhalten.«
    Als das Telefon klingelte, zuckten wir beide zusammen. Ich hob hastig ab. Es war der Nachtportier, der mich verband.
    »Mr. Sinclair, ich habe eine Nachricht für Sie«, sagte Lieutenant Bengtson, sobald ich meinen Namen nannte. »Wir haben die Bungalowsiedlung genau durchsucht. Es gibt überhaupt keine Anzeichen, daß Miß Collins hier war.«
    »Und was ist mit diesen angeblichen Sportfischern?« fragte ich gereizt. »Haben Sie sich um diese Leute gekümmert?«
    Bengtson ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. »Sie sind gestern abend abgereist.«
    »Heute nacht waren sie aber noch sehr aktiv«, erwiderte ich zähneknirschend.
    »Sie haben ihre Rechnung bezahlt und vier Geländewagen gemietet«, fuhr der Lieutenant fort. »Kurz vor unserem letzten Zusammentreffen haben sie die Siedlung mit hoher Geschwindigkeit verlassen. Danach verliert sich ihre Spur. Wir lassen auf der ganzen Insel nach ihnen suchen. Und was werden Sie unternehmen?«
    »Schlafen«, antwortete ich knapp. »Vielen Dank für den Anruf!«
    »Willst du wirklich schlafen?« erkundigte sich Suko, nachdem ich aufgelegt hatte.
    Ich dachte an Jane und mußte meine Ungeduld zügeln. »Sollen wir um Mitternacht eine Ausrüstung für zwei Personen kaufen?« fragte ich bitter. »Und einen Wagen mieten? Das wird nicht gut möglich sein.«
    Er machte ein enttäuschtes Gesicht, stand auf und ging zur Tür. »Also, dann bis morgen«, sagte er und zog sich in sein eigenes Zimmer zurück.
    Auch mir fiel es schwer, einfach schlafen zu gehen. Doch wir hatten keine andere Wahl. Im Morgengrauen mußten wir die Verfolgung aufnehmen.
    Ich korrigierte mich in Gedanken. Es gab kein Morgengrauen. Wir waren mitten in die lange Winternacht geraten. Auch tagsüber mußten wir bei fast völliger Dunkelheit Jagd auf unsere unheimlichen Gegner machen.
    Mein letzter Gedanke galt Jane. In meiner Fantasie sah ich ihr blondes Haar, das mich an reifen Kansasweizen erinnerte. Und ich stellte mir vor, in welcher Notlage sie sich im Moment befand.
    ***
    Seit undenklichen Zeiten erfüllte der Wächter des Höllentors seine Funktion. Kein lebender Mensch erinnerte sich mehr an den Beginn seiner Tätigkeit. Frühere Generationen hatten Geschichten über den merkwürdigen Alten erzählt, der nirgends zu wohnen schien und von Zeit zu Zeit über Land wanderte.
    Die Vorfahren der jetzigen Bewohner der Insel hatten den Einsiedler nur sehr selten gesehen. Die unglaublichsten Geschichten rankten sich um seine Gestalt, aber alle stimmten in einem Punkt überein.
    Es war besser, diesem Mann aus dem Weg zu gehen.
    Im Laufe der Zeit war es so weit gekommen, daß sich niemand mehr in das Gebiet des Einsiedlers wagte. Die Furcht vor dem Höllentor, dieser lebensgefährlichen Gegend, war tief in den Menschen verwurzelt.
    Da sie aber nicht mehr diese Gegend aufsuchten, sahen sie auch den Alten nicht. Nach und nach geriet er in Vergessenheit.
    Nur wenige Touristen und Forscher ignorierten die Warnungen der Einheimischen und stießen zu den heißen Quellen und den Geysiren des Höllentors vor. Sie kehrten dann verstört und verängstigt zurück. Keiner von ihnen erzählte über sein Zusammentreffen mit dem Wächter des Höllentors. Die meisten hatten Angst oder fürchteten auch, ausgelacht zu werden.
    So kam es, daß niemand genau wußte, was die angeblichen Hobbyfischer am Höllentor suchten.
    Nur der Wächter kannte ihre wahren Absichten. Er war immer unterrichtet, wenn sich jemand an ihn wenden wollte, um den sogenannten Zugang zur Hölle zu finden.
    Es war schwer, das Vertrauen des Wächters zu erringen. Wem dies jedoch gelang, dem winkte eine hohe Belohnung. Er mußte zwar alle Befehle des Wächters befolgen, doch er konnte als reicher Mann davonziehen. Das Höllentor erfüllte alle seine Wünsche.
    Seit einiger Zeit waren zwölf Männer auf der Insel, die in das Höllentor vordringen wollten. Der Wächter hatte sie schon gesehen, aber bisher erschienen sie ihm nicht

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