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0072 - Das Höllentor

0072 - Das Höllentor

Titel: 0072 - Das Höllentor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wunderer
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würdig. Erst mußten sie eine Probe ihrer Fähigkeiten geben. Vorher war er durch nichts zu erweichen.
    In dieser Nacht stieg der Wächter wieder aus den Tiefen des Höllentors herauf auf die Erde der Menschen. Der Sumpf teilte sich. Die hagere Gestalt erschien an der Oberfläche. Sofort gefroren die Wassertropfen an Kleidern und Haaren zu Eiskristallen. Der Wächter bot einen bizarren Anblick, weiß vom Scheitel bis zu den Sohlen.
    Barfuß schritt er über Schnee und Eis und nahm eine scheinbar ziellose Wanderung auf.
    Plötzlich blieb er stehen und neigte den Kopf, als lausche er auf ein Geräusch, das kein Mensch bei dem ununterbrochenen Heulen des Sturms hören konnte.
    Wenige Minuten später tauchten Autoscheinwerfer auf. In dieser unwirtlichen und unwirklichen Gegend waren sie wie Boten aus einer anderen Welt.
    Trotz des dichten Schneegestöbers konnte der Wächter alles sehen. Er beobachtet, wie die zwölf Männer, die schon ein paarmal hier gewesen waren, ausstiegen und Zelte aufschlugen. Und er sah die Frau, die sich bei ihnen befand.
    Der Wächter verzog sein verwittertes Gesicht zu einer abfälligen Grimasse. Diese Frau gehörte nicht hierher. Sie war ein Feind des Höllentors und durfte nicht in der Nähe bleiben.
    Der Einsiedler entschied, daß diese Frau sterben mußte, und zwar sehr schnell. Er selbst wollte sein Urteil vollstrecken.
    Der Wächter fletschte seine gelben Zahnstummel und stieß ein heiseres Lachen aus, das weit über das verschneite Land hallte. Dann näherte er sich dem Lager der Menschen.
    ***
    Schnee und Hagelkörner prasselten gegen die Windschutzscheibe. Die Scheibenwischer kamen kaum noch nach.
    Trotz der laufenden Heizung war es im Wagen kalt. Jane fröstelte, konnte sich jedoch nicht fester in ihren Mantel hüllen, weil sie noch immer unter dem Bann des Anführers stand.
    »Gib das Zeichen«, befahl Angel, als sie kaum noch die Kühlerhaube erkannten. »Hier lagern wir.«
    »Sind wir am Höllentor?« fragte Jane ruhig.
    Angel gab bereitwillig Auskunft. »Ganz in der Nähe. Wo es genau liegt, wissen wir nicht. Das weiß nur der Wächter. Aber er verrät es uns erst, wenn wir uns würdig gezeigt haben. So berichten es die alten Sagen, die uns hergelockt haben. Damit wir würdig sind, werden wir Sie opfern. Ist das logisch?«
    »Logisch, aber nicht gerade menschenfreundlich«, konterte Jane. »Außerdem werden meine beiden Gefährten dafür sorgen, daß Ihre Pläne mißlingen.«
    Angel Pollock machte eine ungeduldige Handbewegung. »Die beiden können Ihnen auch nicht mehr helfen. Aussteigen!«
    Bill Athering gab den anderen Fahrern ein Hupsignal. Die vier Geländewagen hielten auf freier Fläche. Seit Stunden waren sie nicht mehr auf Straßen gefahren, sondern hatten sich mühsam durch tiefen Schnee vorgekämpft. Mehrmals wären sie um ein Haar steckengeblieben. Dank des Allradantriebs waren sie aber doch vorangekommen. Außerdem hatte ihnen geholfen, daß der Untergrund hart gefroren war. So konnten sie wenigstens nicht zu tief einsinken.
    Angel Pollock beugte sich über die Sitzlehne zu Jane vor. »Ich gebe Ihnen die Herrschaft über Ihren Körper wieder, Miß Collins. Schlagen Sie sich aber jeden Gedanken an Flucht aus dem Kopf. Hier gibt es im Umkreis von vielen Meilen keine menschliche Behausung. Sie würden da draußen elend erfrieren.«
    Sie erwiderte nichts und atmete auf, als ein leichter Ruck durch ihren Körper lief. Arme und Beine fühlten sich taub an. Wortlos stieg Jane aus und versuchte, die Blutzirkulation wieder in Gang zu bringen.
    Der eisige Sturm ließ sie nach Luft ringen. Erst jetzt merkte sie, welche extremen Verhältnisse hier draußen herrschten. Der Anführer der Bande hatte recht. So verrückt es klang, aber um überleben zu können, mußte sie bei den Männern bleiben, die sie töten wollten. Ohne sie hatte sie überhaupt keine Chance.
    Die zwölf angeblichen Hobbyfischer schlugen Zelte auf und verstauten darin ihre Ausrüstung. Es war drei Uhr nachts, als sie Tee zubereiteten.
    Bill Athering brachte Jane einen Becher. Sie nickte ihm dankbar zu und umschloß den heißen Becher mit beiden Händen.
    Sie saßen alle in dem größten Zelt. Zum Schlafen mußten sie sich später auf alle Zelte verteilen.
    Niemand sprach. Die Männer waren sichtlich erschöpft, auch Jane, doch sie nutzte die Zeit und musterte ihre Entführer.
    Schon auf den ersten Blick sah sie, daß es Männer unterschiedlichster Art waren. Jane besaß eine gute Menschenkenntnis. Diese

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