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0072 - Die Ruine des Hexers

0072 - Die Ruine des Hexers

Titel: 0072 - Die Ruine des Hexers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Appel
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geschminkte jüngere Frau, die neben Nicole auf der Bank saß. »Immer dieses Gedränge. Mein Kleid ist ganz zerdrückt. Und es ist doch immer das gleiche. Der Kerl kommt auf die Guillotine, man hackt ihm den Kopf ab, und aus ist es. Das hat überhaupt keinen Stil. Beim Hängen zappeln die Leute wenigstens noch eine Weile.«
    »Wir Franzosen sind eben human und zivilisiert«, sagte ihr Begleiter. »Hängen sollen die verfluchten Engländer.«
    Zamorra versuchte, etwas über Romain Rollands Wirken zu erfahren. Aber er hörte nur dummes Gerede und Gerüchte. Die Stimmung war viel zu ausgelassen, die Gäste im Lokal zu angetrunken, als daß er hätte vernünftig reden können.
    Schließlich verließ Zamorra mit Nicole das Gasthaus am Marktplatz. Nur noch wenige Menschen standen auf dem Marktplatz. Der Scharfrichter und sein Gehilfe waren dabei, die Guillotine abzubauen.
    Zamorra und Nicole schauten sich auf dem Marktplatz um. Zamorra überlegte schon die ganze Zeit, was er nun tun sollte. Romain Rollands böser Geist war ausgefahren, und er mußte einen Weg finden, ihn zu vernichten.
    Außerdem wollten Zamorra und Nicole auch wieder ins 20. Jahrhundert zurückkehren. Hierfür mußte eine Möglichkeit gefunden werden.
    »Wir werden den Baron Robert de Gascoyne aufsuchen«, sagte Zamorra zu Nicole. »Er kann uns gewiß sagen, wie es sich mit Romain Rolland verhielt.«
    Nicole hatte keine Einwände. Zamorra sah nun den Stadtschreiber aus dem Rathaus kommen, und er rief ihn an. Der Stadtschreiber musterte Zamorra und Nicole Duval neugierig. An Zamorras Auftreten und Kleidung bemerkte er, daß er keinen unbedeutenden Mann vor sich hatte.
    »Was kann ich für Euch tun?«
    »Ich bin der Professor Magister Zamorra von der Universität Paris, und ich habe der Hinrichtung des Hexers Romain Rolland beigewohnt. Ich muß dringend mit dem Baron sprechen, denn die Umstände des Todes von Romain Rolland erscheinen mir höchst bedenklich.«
    »Habt Ihr Euer Beglaubigungsschreiben oder Eure Immatrikulation dabei?« fragte der mißtrauische Schreiber.
    »Was soll ich damit?« fragte Zamorra. »Ich mache mit meiner Nichte eine Studienreise durch Frankreich. Ich bin Professor der Philosophie und kenne mich mit natürlichen und übernatürlichen Dingen sehr gut aus. Der Baron wird zornig sein, und es wird schlimm für euch alle, wenn ich nicht sofort mit ihm sprechen kann.«
    Zamorras bestimmtes Auftreten verfehlte seine Wirkung nicht.
    Der Schreiber überlegte nur kurz.
    »Also gut, ich werde Euch zum Baron bringen, Professor Zamorra. Er sitzt mit den Ratsherren und Honoratioren im Ratskeller und begießt Romain Rollands Tod.«
    »Dazu gibt es keinerlei Grund. Nach seiner Enthauptung ist Romain Rolland schrecklicher denn je.«
    Die Sonne war untergegangen, das Tageslicht ließ schon nach. Der Schreiber mit dem dunklen Wams führte Zamorra und Nicole über den Marktplatz, zu der Schenke beim Rathaus, die »Der Ratskeller« hieß.
    Höflich ließ der Schreiber Zamorra und Nicole den Vortritt, trat hinter ihnen in die Gaststube. Groß war sie, und die Lampen brannten schon, denn die kleinen bleigefaßten Fenster ließen nur wenig Licht einfallen. In der Ratsschenke saßen Leute, die in Angers Rang und Namen hatten. Auch Frauen und Mädchen befanden sich unter den Gästen.
    Normalerweise hatten sie in der Schenke nichts verloren. Aber der Hinrichtungstag von Romain Rolland war ein besonderes Datum.
    »Einen Moment, die Herrschaften«, sagte der Schreiber.
    Zamorra und Nicole warteten. In der Schenke ging es ausgelassen und fröhlich zu. Die Leute feierten den Tod von Romain Rolland wie einen großen Sieg.
    Der Schreiber fragte den dicken Wirt mit der grünen Lederschürze, der hinter dem aus Holz gezimmerten Tresen stand. Gebeizte Tragerbalken stützten die niedere Decke.
    Die Wände waren weiß gekalkt und mit Sprüchen bemalt. Blumenkästen standen vor den Fenstern. Zamorra sah ein paar handgeschmiedete Eisengitter und Lampenfassungen, für die man im 20.
    Jahrhundert eine Menge hätte zahlen müssen.
    Der Schreiber verschwand im Nebenraum und kam kurz danach zurück.
    »Der Baron erwartet Euch, Magister Zamorra«, sagte er. »Bitte folgt mir.«
    Er führte Zamorra ins Nebenzimmer, und hier sah sich der Professor dem Baron Robert de Gascoyne gegenüber, einem Mann, der jetzt, im Juni 1776, nur noch ein paar Tage zu leben hatte.
    Zamorra und Nicole waren eigenartig berührt, als sie den Todeskandidaten vor sich sahen. Der Stadtschreiber von

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