0073 - Der Satansfjord
Yard sind, und handeln Sie danach!«
Als ob ich das nicht immer täte!
Ich merkte, woher der Wind wehte. Wenn Sir Powell so förmlich wurde, gab es sehr großen Ärger. Ich nahm es ihm nicht übel, da ich genau wußte, daß ich mich immer auf ihn verlassen konnte. Auch ein Superintendent von Scotland Yard brauchte eben ab und zu ein Ventil, durch das er Dampf ablassen konnte.
»Ja, Sir«, sagte ich ernst. »Sie haben einen neuen Auftrag für mich?«
»Einen delikaten Auftrag.« Sir Powell runzelte die Stirn. »Nicht, was Sie denken, Sinclair!«
»Ich habe gar nichts gedacht, Sir«, konterte ich.
»Das ist ja Ihr Fehler, daß Sie nicht denken!« fuhr er auf.
Jetzt wurde es mir aber doch zu bunt. »Sie wissen genau, daß ich meinen Kopf hinhalte, wenn es nötig ist!« sagte ich ziemlich laut. »Sagen Sie mir endlich, worum es geht! Ich bin nicht dazu geschaffen, anderer Leute schlechte Laune zu schlucken!«
Er starrte mich durch seine dicken Brillengläser an, als sähe er mich zum ersten Mal, schluckte und fuhr in normalem Tonfall fort: »Sinclair! Vor einer Woche haben drei norwegische Fischkutter einen englischen Trawler innerhalb der Dreimeilenzone ihres Landes gejagt. Seither ist der Engländer verschwunden. Der Fall hat riesiges Aufsehen in den Zeitungen und in Rundfunk und Fernsehen verursacht! Diplomatische Verwicklungen drohen!«
»Ich habe davon gehört«, bestätigte ich. »Ein paar Leute schaukeln den Zwischenfall hoch, als ob es Krieg zwischen Norwegen und uns geben sollte.«
»Sie sagen es!« rief Superintendent Powell stöhnend. »Die norwegischen Fischer behaupten, der Trawler wäre an den Klippen zerschellt, aber die Küstenwache fand keine Wrackteile. Eine mysteriöse Sache.«
»Und was hat das mit mir zu tun?« fragte ich erstaunt. Meine Freunde nannten mich den Geisterjäger. Ich beschäftige mich mit Geistern, Dämonen und anderem höllischen Auswurf, nicht aber mit einem Fischereikrieg!
Auf Sir Powells Stirn erschienen jetzt tatsächlich Schweißperlen. »Einer der englischen Fischer wurde vor wenigen Stunden an unserer Küste angeschwemmt.« Sir Powells Stimme sank zu einem heiseren Flüstern ab. »Man hat ihn nach London in die Gerichtsmedizin gebracht. Er… er hat…« Sir Powell brachte es nicht über die Lippen. »Sehen Sie es sich selbst an, Sinclair! Kommen Sie!«
Sir Powell wollte schon zur Tür gehen, als das Telefon auf seinem Schreibtisch schrillte. Er lief noch einmal zurück und riß den Hörer vom Apparat.
Bevor er etwas sagen konnte, hörte ich eine aufgeregte Stimme aus dem Hörer. Sir Powell wurde schneeweiß. Mit einem heiseren Ächzen legte er auf.
»Großalarm in der Gerichtsmedizin!« rief er mit brüchiger Stimme. »Der tote Seemann läuft Amok!«
Sir Powell wollte direkt nach unten fahren, aber ich rannte vorher noch in mein Büro, um meinen Spezialkoffer zu holen. In den mit rotem Samt ausgeschlagenen Fächern lagen meine unersetzlichen Waffen gegen die Höllenmächte.
Glenda, meine hübsche Sekretärin, fuhr mit einem Schrei hoch, als ich in den Vorraum zu meinem Büro stürmte. »Haben Sie mich erschreckt!« rief sie, aber ich achtete nicht auf sie, riß meinen Koffer an mich und hetzte zu den Aufzügen. Sir Powell hielt die Kabine auf unserer Etage fest.
Es dauerte mir viel zu lange, bis wir endlich meinen silbergrauen Bentley erreichten. Ich warf mich hinter das Steuer, jagte den Motor auf Touren und raste los.
»Was haben Sie mir vorhin über den Toten verschwiegen?« schrie ich, während ich um die langsamer fahrenden Wagen herumkurvte. »Sir Powell, ich muß es wissen!«
Der Superintendent riß sich zusammen. »Sein Brustkorb war von einem Rentiergeweih durchbohrt!« antwortete er.
Das konnte noch nicht alles sein. Sir Powell begleitete mich sonst nie bei einem Einsatz. Wenn er mitkam, mußte mehr dahinterstecken, als nur diese Alarmmeldung aus der Gerichtsmedizin.
»Und dann behauptete einer der Pathologen«, fuhr Sir Powell fort, »der Tote habe höhnisch zu grinsen begonnen. Er verschloss daraufhin die Leichenkammer und rief sofort mich an.«
»Ein Untoter?« fragte ich, aber darauf hatte Sir Powell keine Antwort.
Es war auch nicht nötig, da wir bereits die Gerichtsmedizin erreichten. Uniformierte Einheiten hatten die umliegenden Straßenzüge gesperrt und den Verkehr umgeleitet. Wir durften passieren, weil die Polizisten an der Sperre meinen Bentley kannten.
Auf den ersten Blick war an dem Gebäude nichts Verdächtiges zu merken. Ich
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