0074 - Söldner des Teufels
einfache Erklärung dafür, daß er noch nicht angerufen hat. Er kommt nicht durch. Überlastung des Fernsprechnetzes. Schaltschwierigkeiten oder etwas Ähnliches. Washington ist weit.«
Zamorra glaubte nicht daran. »In der heutigen Zeit sind Telefonverbindungen zu einem anderen Kontinent überhaupt kein Problem mehr. Es gibt Satelliten, die das völlig komplikationslos regeln. Glaub mir, Nicole – es ist ihm etwas zugestoßen. Ich fühle es ganz deutlich. Und du weißt, daß ich mich auf meine Gefühle verlassen kann.«
Diesem Argument konnte sich Nicole nicht entziehen. Es stimmte, daß er oft eine Art sechsten Sinn entwickelte. Und wenn er von einer Sache felsenfest überzeugt war, dann konnte man ziemlich sicher davon ausgehen, daß ein Irrtum ausgeschlossen war. Auch sie zweifelte kaum noch daran, daß Bill in einer bösen Klemme steckte.
»Was willst du tun?« fragte sie leise.
Der Professor blickte abermals auf seine Uhr.
»Wir warten noch ein paar Stunden. Wenn er sich dann immer noch nicht gemeldet hat, nehmen wir die nächste Maschine und fliegen rüber.«
Nicole nickte schweigend.
***
Aus, dachte Bill Fleming im ersten Moment, das war’s!
Im Stillen sah er sich schon mit zerschmetterten Gliedern auf einem steinharten Kellerboden liegen, unfähig, sich jemals wieder erheben zu können.
Aber diese ersten, instinktiven Befürchtungen erwiesen sich als grundlos. Es handelte sich nicht um einen Sturz ins Bodenlose, dem er hier ausgesetzt war. Es war mehr ein Rutschen, ein Rutschen über eine schiefe Ebene, die so geneigt war, daß zwar ein unaufhaltsames, nichtsdestoweniger aber gefahrloses Gleiten nach unten gewährleistet wurde.
Dann kam das Ende der unfreiwilligen Reise in die Unterwelt des Hochhauses. Bill, ziemlich durchgeschüttelt, aber unverletzt, fiel von der Rutschbahn in eine weiche Masse, bei der es sich seinem Gefühl nach um eine Schaumstoffmasse handelte.
Vollkommene Finsternis umfing ihn. Das Loch im Fußboden der Halle, durch das er gestürzt war, hatte sich wieder geschlossen, so daß auch von dort aus kein Licht einfiel.
Bill Fleming rappelte sich schnell auf, um sich mit der Lokalität vertraut zu machen. Seinem Betätigungsdrang waren enge Grenzen gesetzt. Er befand sich in einem kleinen Raum. Durchmesser kaum mehr als etwa acht Meter. Das Geviert war vollkommen leer. Seine ausgestreckten, tastenden Hände fühlten glatt verputzte Wände.
Ansonsten gab es nur die weiche Plastikmasse, die den Boden meterhoch bedeckte.
Und nun? fragte er sich.
Er war sich bewußt, daß seine Lage ziemlich verzweifelt war. Von Kerlen, die ihren Bau mit derartig heimtückischen Fallen sicherten, war kaum etwas Gutes zu erwarten. Wenn er hier spurlos verschwand, würde kein Hahn nach ihm krähen. Niemand würde wissen, wo er abgeblieben war. Einzig allein Zamorra und Nicole hatten von seinen Plänen gewußt. Und die beiden Freunde waren in Paris, weit, weit von Washington und diesem unseligen Tempel entfernt.
Das große Warten begann. Stunden vergingen, ohne daß sich auch nur das geringste tat. Beabsichtigten die Sektenmenschen vielleicht, ihn hier unten verrotten zu lassen? Unwahrscheinlich, denn das hätten sie einfacher haben können. Rutschbahn und Schaumstoff wären in diesem Fall entbehrlich gewesen. Wahrscheinlicher war wohl, daß sie sich noch nicht schlüssig waren, was sie mit ihm anfangen sollten. Möglicherweise versuchten sie zuerst, Klarheit über seine Person zu gewinnen. Er hatte ihnen seinen richtigen Namen und seine richtige Profession gesagt. Auskünfte über ihn einzuholen, dürfte den Kerlen nicht sehr schwer fallen.
Was kam danach? Er konnte darüber nicht einmal Spekulationen anstellen. Er wußte lediglich, daß er eine Gefahr für die Sekte darstellte, denn er hatte die Kinder des Lichts als Zombies entlarvt. Sie konnten es kaum riskieren, ihn mit einem solchen Wissen wieder frei herumlaufen zu lassen.
Warten wir also weiter, sagte er zu sich selbst. Und etwas anderes blieb ihm auch gar nicht übrig.
Schließlich, es waren mittlerweile über ein Tag und eine Nacht vergangen, wie ihm seine Armbanduhr verraten hatte, gerieten die Dinge in Bewegung.
Es wurde hell in seinem Gefängnis. Seine Augen, nur noch an die fast vollkommene Schwärze gewöhnt, brauchten einige Sekunden, um sich auf das plötzliche Licht einzustellen.
In einer der Wände klaffte eine Öffnung, durch die grelles Neonlicht von draußen einfiel. Eine Tür im herkömmlichen Sinne konnte er nicht
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