0075 - Das tödliche Tagebuch
verrückt wie heute. Jedenfalls ist es wichtig, daß wir mit dem Burschen ein paar Takte plaudern.«
Tomlins, ein kräftiger Mann mit breiten Schultern und irischem Rothaar, schüttelte verständnislos den Kopf. »Wie konnten sie Collins aus der Anstalt rauslassen, wenn er immer noch nicht richtig in der Birne ist?«
»Die Ärzte waren der Meinung, er wäre über dem Berg«, sagte Bunckers.
»Was für einen Knacks hatte er denn?«
»So 'ne Art Mutterkomplex.«
»Hat er in jeder Frau seine Mutter gesehen?«
»So ungefähr. Und er hat seine Mutter sein Leben lang gehaßt.«
»Weswegen?«
»Sie hatte zu viele Männer. Fast jede Woche stellte sie ihm einen neuen Kerl vor, zu dem er Vater sagen sollte. Wenn er's dann nicht sagte, prügelte sie ihn windelweich. Diese Frau hat den armen Kerl auf dem Gewissen. Er ist über seine Kindheit nicht hinweggekommen, und er haßt alles, was nach Weib riecht. Fast könnte man Mitleid mit ihm haben, wenn er nicht so fürchterliche Dinge tun würde, wenn er im Tran ist.«
Die beiden Beamten zogen ihre Mäntel an. Bunckers teilte einem Kollegen mit, wohin er mit Edward Tomlins unterwegs wäre. Dann verließen sie das Revier.
***
Das Haus, in dem Terence Collins wohnte, war ein Altbau, der längst hätte saniert werden müssen. Die beiden Sergeants stiegen die abgetretenen Stufen hoch. Im dritten Stock klopfte Morton Bunckers an eine Tür, deren brauner Lack abblätterte. Drinnen knarrte der Fußboden. Die Tür wurde einen kleinen Spalt breit geöffnet. Das rote Gesicht eines massigen Kerls wurde sichtbar. Der Mann musterte die Beamten mit großem Mißtrauen.
»Was wollen Sie?« fragte er abweisend.
»Sind Sie Terence Collins?« fragte Bunckers.
»Was dagegen?«
»Nicht im geringsten. Zu Ihnen wollen wir nämlich.« Bunckers langte in die Tasche und zeigte Collins seine Blechmarke. »Wir sind von der Polizei. Ich bin Sergeant Morton Bunckers. Und das ist Sergeant Edward Tomlins.«
»Und was wollen Sie von mir?« fragte Collins. Seine Stimme klang mit einemmal belegt.
»Wir wollen Ihnen nur ein paar Fragen stellen, Mr. Collins. Kein Grund zur Aufregung. Wir sind in zehn Minuten schon wieder weg. Dürfen wir reinkommen?«
Terence Collins ließ seine glänzenden Augen an den beiden Detektiven auf- und abhuschen. Polizei! Das löste bei ihm sofort Alarm aus. Was wollten diese Kerle von ihm? Er erinnerte sich noch sehr gut daran, wie er zum ersten Mal mit Bullen zu tun gehabt hatte.
Vor Gericht hatten sie ihn gebracht. Bloß deshalb, weil er ein paar Weiber, die es nicht anders verdient hatten, hart angepackt hatte. Damals hatten sie auch gesagt, sie wollten ihm nur ein paar Fragen stellen.
»Ich habe nichts verbrochen!« sagte Collins wütend. »Machen Sie, daß Sie fortkommen. Ich will nicht mit Ihnen reden!«
»Hören Sie«, sagte Bunckers eindringlich. »Machen Sie uns keinen Ärger, Collins! Was macht es Ihnen schon aus, auf ein paar Fragen zu antworten? Oder haben Sie etwas zu verbergen?«
Collins erschrak. Das sah diesen verdammten Bullen ähnlich. Wenn man nicht mit ihnen reden wollte, dachten sie sofort, man hätte kein reines Gewissen.
»Na schön!« knurrte Collins unwillig. Er machte die Tür auf. »Kommen Sie rein. Aber ich schau' auf die Uhr. Und wenn die zehn Minuten um sind, werfe ich Sie beide raus, klar?«
Bunckers nickte grinsend. »Natürlich, Collins. Natürlich.«
Sie traten ein. Die Wohnung war von einem Mann ohne Geschmack eingerichtet worden. Collins war schwer wie ein Bulle. Sein Nacken war dick und muskulös. Muskelpakete zuckten an seinen Oberarmen unter dem dünnen weißen Rollkragenpulli, den er trug. Ein breiter Ledergürtel umschlang seine fleischige Mitte. Er knetete nervös seine dicken, kräftigen Finger. Es kam für ihn nicht in Frage, daß er den Polizisten im Wohnzimmer Platz anbot. Sie waren hier nicht willkommen und sollten das merken.
»Nun«, sagte er mit ablehnender Miene. »Was wollen Sie von mir?«
Morton Bunckers schaute sich im Raum um. Er wies auf eine Zeitung. »Haben Sie gelesen, was passiert ist?«
»Es ist so viel passiert. Wovon sprechen Sie?«
»Ich meine den Mädchenmord.«
Collins' Augen verengten sich. Er krächzte. »Sind Sie deswegen hier?«
»Ja.«
»Ich habe damit nichts zu tun!« stieß Collins atemlos hervor.
»Es ist der dritte Mord!« sagte Bunckers anklagend.
»Ich weiß«, gab Collins nervös zurück. »Und ich habe mit allen dreien nichts zu tun.«
»Sind Sie sicher?«
»Mann, was soll
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