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0078 - Der Todeszug

0078 - Der Todeszug

Titel: 0078 - Der Todeszug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Appel
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habe noch etwas Abendgymnastik betrieben«, sagte Suko, dessen Klopfen mich aus meinem Vormitternachtsschlaf geweckt hatte.
    Er berichtete von den beiden Mafiosi. Ich pfiff durch die Zähne.
    »Da müssen wir aufpassen, alter Freund. Jetzt leg dich aufs Ohr und höre zu, was die Matratze dir zu erzählen hat. Tür und Fenster solltest du vorsichtshalber mit einem Zeichen der Weißen Magie sichern.«
    »Wird erledigt, Sir John«, antwortete mein chinesischer Freund scherzhaft und trollte sich.
    Ich schloß die Zimmertüre ab, gähnte und legte mich wieder hin. Bereits am Morgen, als wir beim Frühstück saßen, erschien Gino Leone im Restaurantzimmer, der vom Dienst suspendierte Bahnhofsvorsteher. Mit seinem Bruder Roberto in Rom hatte er nicht allzuviel Ähnlichkeit.
    Er war ein Stück größer, kraushaarig und schlank. Er bevorzugte in Zivil legere Kleidung und hatte eine leichte, helle Leinenjacke über das Sporthemd gezogen. Seine Jeans mußte er in Rom gekauft haben.
    Gino Leone machte auf mich einen sympathischen und vertrauenerweckenden Eindruck. Er war wohl ein Mann ohne größere Ambitionen.
    Ein netter Kerl, der sich sehr bemüht hatte, seine Pflicht zu erfüllen und der nicht verstand, weshalb man ihn jetzt anklagte und beschuldigte.
    Unter seinen Augen lagen dunkle Schatten. Nervös knetete er seine Finger.
    »Roberto hat mich angerufen«, sagte er. »Ich weiß, was in Rom und bei der Bahnlinie passiert ist. Sie werden sich doch hoffentlich nicht entmutigen lassen und abreisen, Mr. Sinclair?«
    Da kannte er mich schlecht. Ich versicherte es ihm. Gino Leones Englisch war recht gut, er hatte einen Sprachkurs besucht, um sich weiterzubilden. Außer ihm und uns befand sich niemand in dem geräumigen Restaurantzimmer, durch dessen Panoramafenster man bis zum schneebedeckten Gipfel des La Maiella sehen konnte.
    Ich fragte Leone, was er von dem sterbenden Lokführer erfahren hatte.
    »Ich erhielt übers Streckentelefon Nachricht von dem Schaffner des Nachtexpresses, der nach Pescara unterwegs war und wegen des Güterzugunglücks auf offener Strecke halten mußte. Ich gab sie sofort an die Betriebsstelle und die Eisenbahndirektion in Rom weiter. Mein Stellvertreter, der gleichfalls am Bahnhof anwesend war, verständigte die Carabinieri und die Feuerwehr. Er sollte mit einer Rettungsmannschaft zu der Unglücksstelle folgen. Ein weiterer Zug mit Arbeitsgeräten wurde von Pescara angefordert. Die Strecke wurde gesperrt. Ich brauste so bald wie möglich mit meinem Motorrad los. Im Beiwagen nahm ich Dr. Fabrizzi mit, einen Arzt aus Celano. Wir wollten schnellstens an Ort und Stelle gelangen.«
    Da war einiges los gewesen.
    »An der Unglücksstelle angekommen, sahen wir, daß Bahnbeamte und Passagiere aus dem Nachtexpreß mit Schaumlöschern die Flammen zu löschen versuchten«, fuhr Leone fort. »Einige der entgleisten Güterwagen hatten Feuer gefangen. Wir suchten nach den drei Männern, die mit dem Güterzug mitgefahren waren.«
    »Weiter!« forderte Suko.
    »Hinter einem umgestürzten Waggon entdeckten wir den Lokführer. Er war gräßlich zugerichtet und hatte nicht mehr lange zu leben. Dr. Fabrizzi spritzte ihm Morphium, um seine Schmerzen zu mildern. Der stöhnende Mann berichtete uns, was er erlebt hatte.«
    Eine anschauliche Schilderung des Spuks und des Güterzugunglücks folgte.
    Leone berichtete noch über die folgenden Arbeiten, die erforderlich waren, um die Trümmer des entgleisten Güterzugs wegzuräumen, die Strecke instandzusetzen und den Bahnbetrieb wieder aufzunehmen. Suko und ich hörten geduldig zu. Ich bot Leone eine Zigarette an.
    »Weshalb verdächtigt und beschuldigt man denn nun ausgerechnet Sie?« fragte ich. »Ihr Bruder in Rom konnte mir das nicht ganz genau erklären.«
    Der Bahnhofsvorsteher seufzte.
    »Der Hauptgrund ist, daß ich an dem Abend vor dem Unglück die Strecke abfuhr und kontrollierte. Mitglieder der Untersuchungskommission und Herren von der Bahndirektion in Rom behaupten, die Weiche wäre verstellt worden. Deshalb sei der Güterzug entgleist. Dabei wollte ich nur mit größter Genauigkeit meine Pflicht erfüllen und nachprüfen, ob an der Strecke alles in Ordnung sei. Es hatte vorher schon merkwürdige Vorfälle gegeben.«
    »Welche?«
    »Nun, Signale und Weichen waren falsch gestellt. Auf dem Rangiergleis entgleiste eine Lok mit drei Güterwagen. Am Zubringergleis des Bauxitbergwerkes Cellani kippte eine Kleinlok mit einer Reihe von Loren von den Schienen. Einmal hätte es

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