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0078 - Der Todeszug

0078 - Der Todeszug

Titel: 0078 - Der Todeszug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Appel
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einverstanden, die Unglücksstelle wenigstens einmal zu besichtigen.
    »Ich will mir später nichts vorwerfen lassen«, erklärte er.
    Bevor wir losfuhren, fand ich Gelegenheit, mit dem Leutnant über die beiden Mafiosi zu sprechen und ihm die Bernardelli-Pistole und den Schlagring zu übergeben.
    »Ich weiß schon, wen Sie meinen, Mr. Sinclair«, ließ der Leutnant mir erklären. »Die beiden sind mir nicht unbekannt. Ich werde sie mir vornehmen. Sie können heute nachmittag auf der Polizeistation mit ihnen sprechen.«
    Wenig später fuhren der Leutnant, ein Carabiniere und ich im Streifenwagen aus der Stadt. Uns folgten zwei Limousinen mit vier Herren von der Untersuchungskommission und dem stellvertretenden Stationsvorsteher, der jetzt an Leones Stelle gerückt war. Suko und Gino Leone schlossen sich bald mit der Moto Guzzi des suspendierten Stationsvorstehers an.
    Leone saß im Beiwagen, er hatte Suko den Platz am Steuer überlassen. Mein chinesischer Freund war ein leidenschaftlicher Motorradfahrer und widmete den Teil seiner Freizeit, den Shao ihm in London übrigließ, seiner schweren Maschine. Oft waren die beiden auch zusammen auf dem heißen Ofen unterwegs.
    Bei meinem letzten Fall war ich auf Sukos Motorradfahrkünste angewiesen gewesen. Sie hatten den Ausschlag zu unserem Sieg gegeben.
    Die Sonne strahlte, doch der Bergwind der Abruzzen ließ die Hitze nicht so spüren. Im Norden erhob sich das schneebekränzte Massiv des Gran Sasso, des höchsten Berges der Abruzzen.
    Der neben den Schienen entlangführende Weg wurde immer schlechter. Schließlich konnten wir nur noch im Schritt fahren. Bei dem vierhundert Meter vor der Unglücksstelle gelegenen Tunnel mußten wir anhalten, die Wagen zurücklassen und zu Fuß weitergehen.
    »Aufgepaßt!« rief Suko, als wir anderen ausgestiegen waren.
    Er hatte sich mit Gino Leone verständigt. Er brummte auf dem Motorrad mitsamt Beiwagen durch den Tunnel. Die gemauerten Wände warfen das Dröhnen des Motors zurück.
    Wir folgten zu Fuß auf dem Pfad neben den Schienen. Im Tunnel war es kalt und zugig. Ein eigenartiges Gefühl beschlich mich. Ich spürte eine Gänsehaut, meine Nackenhaare prickelten.
    Bereiteten sich die Kräfte der Hölle etwa wieder zu einem Schlag vor? Mein Instinkt schickte mir Warnsignale. Ich war froh, als wir den 150 Meter langen Tunnel verlassen konnten.
    Eine kurze Strecke vor ihm mußte sich vor einer Woche das Tor zur Hölle und die Höllenhand manifestiert haben. An der Unglücksstelle lagen nur noch wenige Trümmerstücke umher. Die Strecke war repariert worden. Eine schwarz verkohlte Fläche und schwarze Stellen erinnerten an den Brand mehrerer Güterwagen.
    Suko und Gino Leone warteten bereits an der Unglücksstelle.
    Der dürre Eisenbahndirektor Taza blickte sich um, rückte die randlose Brille zurecht und stocherte mit dem Spazierstock zwischen ein paar ausgeglühten Trümmerteilen, Gino Leone begann zu erklären.
    Er schilderte, wo die einzelnen Waggons gelegen hatten, wo die zertrümmerte Lok gewesen war, und wie alles ausgesehen hatte. Ein Berg von Trümmern mußte sich aufgetürmt haben, in dem Brände loderten.
    Der Rest hatte in der Runde verstreut gelegen.
    Die Mitglieder der Untersuchungskommission hatten Skizzen vom Unglücksort mitgebracht. Sie prüften Leones Angaben nach und stellten Vergleiche und Messungen an. Für mich war das weniger interessant.
    Ich wollte die Höllenhand und den Spuk bekämpfen, von deren Wirken ich überzeugt war. Meine Blicke schweiften immer wieder zu dem Tunneleingang hinüber, der wie ein dunkles Maul gähnte.
    Taza brummte ein paarmal: »Hm, hm, hm«, war aber von seiner vorgefaßten Meinung nicht abzubringen.
    Gino Leone wollte die Männer zur Weiche und zum Signal führen. Er wollte erläutern, daß bei keiner Stellung der Weiche, wie immer sie auch gewesen sein mochte, der Zug auf diese Weise hätte entgleisen können.
    Doch der Aufschrei des Carabiniere hielt die Männer auf.
    »Dort!« rief der schreckensblasse Carabiniere und deutete mit dem Finger. »Da im Tunneleingang! Dort steht der Geist!«
    ***
    Er hatte recht. Die bleiche Gespenstergestalt war am Anfang des Tunnels erschienen. Zwei Meter groß und weiß war sie. Ihre Arme fuchtelten. Selbst auf diese Entfernung konnten wir erkennen, daß die rechte Hand des Geistes fehlte.
    Er gestikulierte heftig und verzweifelt. Die Männer starrten. Der Bahndirektor Taza nahm die Brille ab, polierte die Gläser, setzte sie auf, schaute hin, nahm

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