0078 - Der Todeszug
MPi fest im Griff und jagte einen Feuerstoß hinaus.
Ein Mafioso warf die Arme hoch und fiel rücklings über ein Grab. Sein Revolver flog weg. Ich sprang zwischen die Grabreihen und suchte hinter einem massiven Grabstein Deckung.
Im letzten Augenblick. Denn wieder knallten zwei Schüsse. Eine Kugel zupfte an meiner Wildlederjacke, hieb gegen einen Grabstein und jaulte als Querschläger davon. Als ich auf den Mafioso schießen wollte, verbarg auch er sich hinter einem Grabstein.
Ich stellte die Waffe, eine Schmeißer-MPi, auf Einzelfeuer, denn ich hatte nur das eine Magazin zur Verfügung und wollte keine Kugel vergeuden. Der Tätowierte kroch über den Boden und wollte sich Paolos Waffe holen.
Ich schoß vor ihm in den Kies.
»Bleib liegen!« befahl ich.
Er rührte sich nicht mehr. Paolo hatte sich noch nicht wieder erhoben und würde noch eine Zeitlang auf den Knien bleiben. Der letzte Mafioso knallte herüber, was er aus dem Lauf kriegte, wechselte gekonnt schnell das Magazin und ballerte weiter.
Ich feuerte nur einen Schuß ab, um ihm zu zeigen, daß er mit mir zu rechnen hatte. Da trieb eine dunkle Wolke vor den Mond. Es wurde finster auf dem Friedhof, und der letzte Mafioso benutzte die Gelegenheit, um sich abzusetzen.
Geduckt rannte er zwischen den Grabsteinen zur Friedhofsmauer hin. Dabei feuerte er ab und zu einen Schuß zurück. Das Mündungsfeuer verriet seinen Standort.
Mit einer Garbe aus der Maschinenpistole hätte ich ihn hundertprozentig getroffen. Aber ich wollte nicht auf ihn schießen, da ich mein Leben nicht mehr verteidigen mußte. Mir genügte es, daß er flüchtete.
Er kletterte wie ein Wiesel über die Mauer. Eine Sekunde sah ich seine schattenhafte Gestalt. Ich hatte den Finger am Abzug und die MPi im Anschlag. Aber ich ließ ihn laufen.
Wenn die Carabinieri drei Mann verhafteten, genügte das, der andere würde nicht entkommen.
Ich verließ nun meine Deckung. Paolo und der Tätowierte stöhnten. Ich hielt sie in Schach. Der dritte Mafioso war tot. Das bedauerte ich, aber ich hatte in Notwehr geschossen, und er war selber schuld.
Ich entwaffnete die Mafiosi und nahm meine Beretta und das Kreuz wieder an mich. Hinter dem Friedhof startete ein Automotor, und dann jagte ein Wagen mit aufheulendem Motor auf einem Feldweg davon.
Zwei Reservemagazine des Tätowierten steckten in meiner Jackentasche. Ich feuerte den Rest des Magazins in die Luft. Der Wind wehte zur Stadt hin, dort mußte man die Schüsse hören. Nachdem ich das Magazin gewechselt hatte, setzte ich mich so auf eine Grabumrandung, daß ich von den Grabsteinen Deckung hatte und nicht von einem möglicherweise noch in der Nähe befindlichen Feind von der Mauer her eine Kugel ins Genick erhalten konnte.
Ich behielt meine Umgebung genau im Auge, spitzte die Ohren, um verdächtige Geräusche zu vernehmen, und hielt Paolo und den Tätowierten mit der Maschinenpistole in Schach.
Der Tätowierte hockte am Boden. Ich befahl Paolo, sich neben ihn zu setzen. Der Tätowierte stöhnte jämmerlich.
Er spuckte auf den Boden.
»Verfluchter Engländer!« stieß er hervor und fügte ein paar üble Schimpfworte hinzu.
Ich zog mein grimmigstes Gesicht und richtete die MPi auf seine Brust.
»Jetzt reicht es mir«, sagte ich. Und da er diesen Ton offenbar kannte und schätzte, fügte ich hinzu: »Dich pumpe ich voll Blei!«
Er streckte mir die Hände entgegen.
»Das können Sie nicht, Sinclair! Das dürfen Sie nicht! Sie sind Oberinspektor bei New Scotland Yard! Ich bin wehrlos! Sie haben einen Eid geschworen, das Gesetz zu achten!«
Natürlich bluffte ich ihn. Ich hatte nicht vor, ihm auch nur ein Haar zu krümmen. Aber während ich auf die Carabinieri wartete, wollte ich versuchen, aus ihm etwas herauszuholen.
»Wer will mir etwas nachweisen?« fragte ich. »Meiner Aussage wird doch immer mehr geglaubt als der deines Kumpans. Oder ich verpasse ihm auch noch was. Deine letzte Stunde hat geschlagen, Gangster!«
»Nein, nein, bitte, nicht schießen!«
»Vielleicht überlege ich es mir, wenn du aussagst. Also, wer hat euch den Auftrag gegeben?«
»Don Anselmo, das Mafia-Oberhaupt der Region«, sprudelte er hervor. »Er erhielt den Auftrag aus Rom.«
»Von wem?«
»Das weiß ich nicht. Ich schwöre es. Aber ich hörte, wie er zu seinem engsten Mitarbeiter etwas von einer Comtessa sagte.«
Comtessa gab es viele. Aber mir fiel ein Name ein, den ich heute schon einmal gehört hatte: Comtessa Lucrezia di Morro.
»Das ist noch nicht
Weitere Kostenlose Bücher