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0079 - Der Tyrann von Venedig

0079 - Der Tyrann von Venedig

Titel: 0079 - Der Tyrann von Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wunderer
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erzitterte.
    Hätte ich nur gewußt, was sie bedeuteten!
    Weder die Skelette noch die Tauben konnten mich in meiner Position überwältigen. Der Schwarze Doge mußte das einsehen. Er mußte auch erkennen, daß er stärkere Waffen gegen mich brauchte!
    Er hatte es längst erkannt! Im nächsten Moment begriff ich es, und das blanke Entsetzen packte mich!
    Die Tür im Hintergrund, durch die Antonio Gianelli geflohen war, flog auf. Etwa vierzig oder fünfzig Menschen drängten in den Saal, Männer und Frauen! Das mußten die Vermißten sein!
    In ihren Gesichtern las ich, daß sie den bedingungslosen Befehl erhalten hatten, mich zu töten.
    Gegen diese Menschen durfte ich nicht kämpfen. Sie waren irregeleitet, nicht Herr über ihren Willen. Sie gehorchten nur dem Schwarzen Dogen!
    Brüllend stürzten sie sich auf mich.
    Ich hatte nur die Wahl, sie zu töten oder mich umbringen zu lassen!
    Ich konnte keinen dieser Unschuldigen töten…
    Die Würfel waren gefallen!
    ***
    Jane Collins schwamm um ihr Leben.
    Die Explosion hatte eine Welle aufgetürmt, die durch den engen Canale noch weiter hochgepeitscht wurde. Das Wasser schlug mindestens bis zum ersten Stock empor und überflutete die Wohnungen.
    Suko erging es auch nicht viel besser. Durch kraftvolle Schwimmstöße konnte er sich lediglich an der Oberfläche der Springflut halten. Es gab nirgendwo eine Gelegenheit, um sich festzuhalten.
    Da sah Jane die Brücke auf sich zurasen. Es war eine der typischen venezianischen Steinbrücken, die sich in einem eleganten Bogen über den Seitenkanal spannte. Entsetzt schrie Jane auf, bis sie ihre Chance erkannte. Die Welle überflutete auch die Brücke.
    Jane streckte die Arme aus. Sie bekam das eiserne Geländer zu fassen und krallte sich daran fest. Mit aller Kraft klammerte sie sich an die Stange.
    Das Wasser zerrte machtvoll an ihr. Sie glaubte, es würde ihr die Finger abreißen. Die Welle überholte sie. Jane war völlig mit Wasser bedeckt, hielt den Atem an und dachte an nichts anderes als daran, daß sie nicht loslassen durfte.
    Es schien Ewigkeiten zu dauern, doch dann hatte sie es geschafft. Plötzlich lag sie nach Luft schnappend auf dem Pflaster der Brücke. Das Wasser floß aus ihren Kleidern, aber der Druck war weg, und Jane konnte ihre Umgebung wieder erkennen.
    »Suko!« Sie wollte laut nach ihrem Begleiter rufen, doch mehr als ein heiseres Krächzen kam nicht aus ihrer Kehle. Sie stemmte sich mühsam hoch. Ihre Glieder fühlten sich an, als wäre sie unter eine Straßenwalze geraten.
    »Hier, Jane«, antwortete eine leise Stimme.
    Sie drehte den Kopf. Suko hing an dem Geländer, an dem sie sich ebenfalls festgeklammert hatte. Allerdings hatte er es nicht geschafft, sich auf der Brücke zu halten. Er hing über dem Canale und konnte jeden Moment abstürzen.
    Ein Blick in sein verzerrtes Gesicht genügte Jane Collins. Suko war mit seinen Kräften am Ende. Er hatte vor der Flutwelle den mörderischen Kampf gegen den Dämon ausgefochten. Es war zu viel, selbst für einen so durchtrainierten Mann wie den Chinesen.
    Sie torkelte zu ihm und half ihm auf die Brücke. Suko ließ sich über das Geländer kippen und fiel auf die Steinplatten. Keuchend blieb er liegen und brauchte einige Minuten, bis er sich erholte.
    »Wieso zeigt sich niemand?« fragte Jane, der es ebenfalls besser ging. »Warum hilft uns denn niemand?«
    Suko warf ihr einen müden Blick zu. »Weißt du, wo wir sind? In der Nähe des Arsenals. Hier wohnt auch die Familie Sina. Hier haben wir während der Gondelfahrt dieses unheimliche Ziehen und Prickeln gespürt.«
    »Du meinst, daß der Schwarze Doge in diesem Viertel untergekrochen ist?« fragte Jane atemlos. »Dann müßten wir ihn doch finden können!«
    Suko stemmte sich hoch und sah sich mutlos um. »Bei diesem Gewirr von Gassen und ineinander verschachtelten Gebäuden? Ich habe mir den Stadtplan angesehen. Das wäre fast so, wie wenn du sagen würdest, irgendwo in London hält sich ein Dämon versteckt. Wir brauchen ihn nur zu suchen.«
    »Venedig ist nicht so groß wie London, außerdem wissen wir ungefähr, wo wir suchen müssen!«
    »Trotzdem«, beharrte Suko auf seinem Standpunkt. »Wir haben nicht die geringste Chance! Los, wir suchen!«
    »Wir müssen John finden«, murmelte Jane. »Wo er ist, da ist auch der Schwarze Doge nicht weit.«
    Sie machten sich auf den Weg. Da sie keine Ahnung hatten, wo sie ansetzen sollten, gingen sie zuerst zu der Explosionsstelle. Schon nach wenigen Schritten

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