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0079 - Der Tyrann von Venedig

0079 - Der Tyrann von Venedig

Titel: 0079 - Der Tyrann von Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Wunderer
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Hauptquartier aufgeschlagen hatte, meine Freunde holen und den Fuchsbau ausräuchern. Doch es kam anders, als ich mir das dachte.
    Ehe ich mich an einigen markanten Punkten in der Umgebung orientieren konnte, fiel schlagartig so dichter Nebel ein, daß ich die Hand nicht vor den Augen sehen konnte.
    Der Schwarze Doge hatte meine Absicht durchschaut und schützte sich und seinen Unterschlupf. Außerdem merkte ich plötzlich eine starke Strömung, die mich wie ein Wildbach mit sich riß.
    Ich schlug um mich und versuchte, mich irgendwo festzuhalten, um nicht zu weit abgetrieben zu werden. Vergebens! Ich fand nirgends Halt, und als ich endlich gegen einen vertäuten Lastkahn stieß und an Bord kletterte, hatte ich keine Chance mehr, den Palazzo des Schwarzen Dogen wiederzufinden.
    Dafür tat ich etwas anderes. Ich mußte herausfinden, was da in die Luft geflogen war. Die Explosion hatte mir das Leben gerettet. Aber nicht nur deshalb wollte ich den Grund wissen. So oft knallte es nicht in Venedig, und solange der Schwarze Doge sein Unwesen trieb, interessierte mich alles, was in dieser Stadt vor sich ging.
    Ich brauchte nicht lange zu suchen. Aufgeregte Stimmen wiesen mir den Weg, und als ich die Trümmer eines Taxibootes und ein zur Hälfte gesunkenes Lastenboot entdeckte, schrie jemand auf der anderen Seite des Hauptkanals meinen Namen.
    Jane und Suko!
    Aber wie sahen die beiden aus!
    Zwei Minuten später hatten wir eine Brücke gefunden, die die beiden Ufer des Canale miteinander verband, und berichteten unsere Erlebnisse.
    Wir waren alle klatschnaß und in einem Punkt einig: In dieser Nacht hatte es keinen Sinn mehr, weiter nach dem Schwarzen Dogen zu suchen. Er hatte sich viel zu gut abgesichert.
    Wir riefen ein Taxiboot und überzeugten uns, daß der Fahrer ein gewöhnlicher Mensch war. Eine halbe Stunde später standen wir unter der heißen Dusche, jeder unter seiner eigenen, und wieder zehn Minuten später lag zumindest ich in meinem Bett. Was Jane und Suko taten, wußte ich nicht, aber ich war sicher, daß sie genau so bleiern müde waren wie ich.
    Unser erster Tag in Venedig war alles andere als erholsam gewesen.
    ***
    »Es könnte so schön sein«, stellte Suko mißtrauisch fest.
    »Das habe ich doch schon einmal gehört«, antwortete ich mit einem knappen Lächeln.
    Wir saßen am folgenden Morgen in der herrlichen Sonne auf der Hotelterrasse. Sie war direkt zum Canal Grande gebaut. Kein Fußweg behinderte unsere Sicht auf den Canale mit seinen Palästen und den verschiedenartigsten Booten, angefangen vom schnittigen Privatboot über die plumpen Lastkähne und die eleganten Gondeln bis zu den behäbigen Linienschiffen. Es war ein farbenprächtiges Bild, und über allem spannte sich ein tiefblauer, wolkenloser Himmel.
    »Man kann sich gar nicht vorstellen, daß in einer so herrlichen Umgebung ein solches Scheusal lauert«, bemerkte Shao und nippte an ihrem Kaffee. »Bei Sonnenschein fällt es mir überhaupt schwer, an so etwas zu glauben. Etwas anderes ist es bei Regen, Nebel oder nachts.«
    »Wir haben schon oft genug erlebt, daß sich Geister und Dämonen nicht an das Wetter halten«, meinte Suko grinsend und biß herzhaft in ein Brötchen.
    »Was machen wir heute?« erkundigte sich Jane Collins. Ihr blondes Haar sah im prallen Sonnenschein besonders schön aus. »Da wir noch keine Anhaltspunkte haben, hat es wohl keinen Sinn.«
    In diesem Moment stand Joe Tarrant auf. Er wußte nichts von unseren nächtlichen Abenteuern. Wir wollten und mußten diese Sache allein austragen.
    »Ladies und Gentlemen!« Joe Tarrant strahlte vor Selbstbewußtsein. »Heute vormittag steht eine Besichtigung des Dogenpalastes auf unserem Programm! Wir brechen in einer halben Stunde auf!«
    »Dogenpalast«, murmelte ich. »Da schließe ich mich an. In diesem Palast gibt es das übermalte Bild des Schwarzen Dogen, des Verräters. Vielleicht entdecken wir dabei etwas.«
    Suko und Shao und auch Jane wollten ebenfalls mitkommen. Es gab im Moment sonst nichts zu tun.
    »Eine Frage habe ich noch«, sagte Jane, als wir aufbrachen. »Wieso hat Antonio Gianelli seinen Hilferuf in Englisch geschrieben?«
    »Seine Mutter hat die Handschrift erkannt«, erwiderte ich. »Ich bin also sicher, daß dieser Zettel wirklich von ihm kommt. Diese Nachricht, daß er gefangengehalten wird und daß Geister im Spiel sind. Und warum in Englisch? Ich denke, daß er damit rechnete, ein Tourist könnte die Nachricht finden. Und damit der Hilferuf nicht in einem

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