0079 - Wir hetzten den Kobalt-Boß
darüber nicht erzählen.«
Tom the Mex gab dem Teewagen einen Schubs. »Schenk dir Tee ein, eine reine Tasse kommt gleich! Nimm auch ’ne Zigarette!«
Er klatschte in die Hände. Eine Negerin erschien.
»Rebecca, bring eine Tasse«, sagte Tom the Mex.
Innerlich atmete ich auf. Das Spiel war gewonnen. Was ich vermutet hatte, geschah: Tom the Mex nahm die sich ihm scheinbar bietende Chance wahr — ich blieb in Buffalo und wurde beauftragt, den Flirt mit Fluffy weiterzubetreiben und sie dabei auszuhorchen. Vor allem sollte ich zu erfahren versuchen, wann und wo die Elihu-Leute ihre erste Kobalt-Ladung über die Grenze bringen wollten.
Tom the Mex griff nach der Morgenzeitung, die Rebecca auf einem Silbertablett servierte, und nickte mir wohlwollend zu. Ich war entlassen. Bill und Tobby grinsten, als wir einstiegen. »Das ist ja noch mal gutgegangen«, meinte der muntere l'obby und schlug mir auf die Schulter.
»Ich dachte, es gäbe schon am frühen Morgen ’ne Leiche.«
***
Der Mord an dem Buchmacher und vorbestraften Gauner Wop Healy kam zwar in die Zeitungen, aber nennenswerte Aufregung bei der Bevölkerung löste er nicht aus. Man war inzwischen an »kräftigere Kost« gewöhnt, an regelrechte Schlachten rivalisierender Gangs am hellen Tage, wie zum Beispiel während der Beerdigung von Big Boß Red O’Leary.
Daß es hieß, von dem Mörder fehle bis jetzt jede Spur, aber die Polizei setze alles daran, ihn zu ermitteln, rief nur unwilliges Murren hervor. Einige Blätter machten sich zum Sprachrohr der Unzufriedenen und wetterten in allen Registern gegen die Unfähigkeit der Polizeiorgane.
So hieß es zum Beispiel, jedes Kind kenne die Namen der Gangstergrößen, warum man sie denn nicht endlich verhaften würde? Ob Buffalo in den zweifelhaften Ruf kommen solle, ein Eldorado lichtscheuer Elemente zu werden? In diesem Stil ging es weiter.
Etwas übersahen die Nörgler: Zum Verhaften gehören Beweise. Da jeder Einvernommene laut Gesetz nur vierundzwanzig Stunden in Haft bleiben durfte, es sei denn, dem Untersuchungsrichter konnten handfeste Beweise einer Schuld vorgelegt werden, hätten die meisten Gangster wegen Fehlens eines wirklichen Beweises wieder auf freien Fuß gesetzt werden müssen. Ein Verdacht genügt nicht.
Aber der Polizeichef von Buffalo ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Er wartete auf seine Stunde. Wußte er doch, daß zwei FBI-Agenten aus New York und ein Kontaktmann dabei waren, die bis dahin fehlenden Beweise zusammenzutragen. Nicht nur er wartete auf seine Stunde, sondern auch die Chefs des Zollfahndungsdienstes beiderseits der Grenze. Wohl hatte man einige Schmuggelboote nebst Besatzung geschnappt, aber das war von den Gangsterbossen mit einkalkuliert.
Phil und ich hatten uns gemäß dem Auftrag unseres Chefs mit dem Polizeichef von Buffalo getroffen und alles besprochen. Mac Elihu und seine angebliche Schwester waren der Meinung, den als Pete Waites getarnten G-man aus der Welt geschafft zu haben. Des weiteren glaubten sie, die Polizei hätte nichts herausbekommen in bezug auf die Mordtat auf der Sunflower Farm.
Es war nicht so. Wop Healy war der Schädel mit einem Beil zertrümmert worden, und dieses Beil hatte man unweit der Farm gefunden. Noch mehr: An dem Griff fanden sich genau die gleichen Fingerabdrücke, wie sie uns Mr. High geschickt hatte. Ergo war Helen Baran, die Geliebte Camille Croughs, die Mörderin.
Noch mehr war uns bekannt. Ich hatte eifrig auf die mir von Fluffy vorgeschriebene Weise teils erfundene, teils wahre Neuigkeiten über Tom the Mex in den »Briefkasten« in der rückseitigen Mauer eines Stapelschuppens deponiert und auch Zettel mit Anweisungen erhalten, die zweifellos von Frauenhand geschrieben waren. Und einige dieser Zettel wiesen genau die gleichen Fingerabdrücke auf.
Womit der Beweis erbracht war, daß Fluffy Elihu und Helen Baran ein und dieselbe Person waren. Gewiß, es konnte somit als unumstößliches Faktum angesehen werden, daß Mac Elihu der so lange gesuchte »Kobalt-Boß« war. Aber wir wollten ganz sichergehen. Genauer gesagt: Ich wollte sichergehen. Ich mußte den Halunken persönlich sehen. Mochte er sich noch so raffinierter Tarnoperationen unterzogen haben, aber Augenfarbe, die Stimme, Ausdrucksweise und noch andere Dinge ließen sich nicht wegoperieren. Camille Croughs war noch außerordentlich plastisch in meiner Erinnerung haftengeblieben.
Andererseits hatte ich auch Tom the Mex mit teils erfundenen, teils wahren Berichten
Weitere Kostenlose Bücher