007a - Amoklauf
Schamane machte einige Handbewegungen, und die Eingeborenen standen auf und wichen langsam zurück. Nur drei Frauen blieben beim Feuer stehen.
Die Eingeborenen kamen bedrohlich näher, und ich zog mich einige Meter zurück und preßte mich gegen einen Baumstamm.
Ein Polizeiwagen kam den schmalen Feldweg herunter. Die starken Scheinwerfer überfluteten die Eingeborenen, und ich drückte den Kopf gegen den Boden. Der Wagen fuhr ziemlich knapp an mir vorbei und blieb schließlich vor dem Haus stehen. Ich hob rasch den Kopf. Ein Polizist und der Polizeiarzt, der schon gestern hier gewesen war, stiegen aus. Sie unterhielten sich ziemlich laut und verschwanden im Haus.
Doch auch ich war nicht unbemerkt geblieben. Zwei Eingeborene hatten mich entdeckt, und mir blieb nichts anderes übrig, als aufzustehen. Die klein gewachsenen braunen Gestalten schnatterten aufgeregt durcheinander und nahmen mich in ihre Mitte. Die meisten sahen mich nur gleichgültig an, doch ich spürte auch feindselige Blicke.
»Was geht hier vor?« fragte ich.
Sie antworteten nicht, sondern kamen nur näher.
»Bleibt stehen!« sagte ich, ballte die Fäuste und duckte mich.
Ich erkannte Tuanku, den ich gestern vor dem wahnsinnig gewordenen Tony Richardson, dessen Leiche dann verschwunden war, gerettet hatte.
»Was macht ihr mit dem Mädchen, Tuanku?« fragte ich und blieb vor ihm stehen.
»Sie ist von bösen Geistern verhext«, sagte Tuanku. »Sie benimmt sich schon seit Tagen seltsam.«
Ich straffte die Schultern und ging einfach zum Feuer. Keiner der Eingeborenen hielt mich zurück. Einige Meter neben dem Mädchen blieb ich stehen. Der Schamane und die drei Frauen waren eben dabei, es zu tätowieren. Der Schamane hob den Kopf, und ich sah seine dunklen Augen, die mich böse anblickten. Er zischte etwas für mich völlig Unverständliches, und Tuanku antwortete im selben Dialekt. Die Stimme des Schamanen wurde schärfer.
Das Mädchen wand sich hin und her. Immer wieder preßte es die Hände auf den Bauch. Das Gesicht der jungen Eingeborenen war bleich, und die Augen waren trübe.
Ich griff in die Rocktasche, umspannte mein Amulett, nahm es in die Hand, holte es unauffällig hervor und hielt es in Richtung des Eingeborenenmädchens. Es bäumte sich auf. Also war es tatsächlich von bösen Geistern befallen. Aber sicherlich steckte auch dahinter Hewitt.
Für mich war es eine gute Möglichkeit, die Eingeborenen zu beeindrucken. »Sie ist tatsächlich von bösen Geistern befallen«, sagte ich und kam noch näher.
Dem Schamanen war das gar nicht recht. Er wollte mich zurückhalten, doch ich schüttelte seine Hand ab und ging unbeirrt weiter. Vor dem Mädchen blieb ich stehen. Ich faßte das Amulett an der Kette und ließ es vor dem Gesicht des Mädchens herumbaumeln. Dieses stieß einen spitzen Schrei aus, und die Augen weiteten sich. Ich bückte mich und berührte mit dem Amulett den Bauch der jungen Eingeborenen. Schmerzerfüllt heulte sie auf. Ich grinste zufrieden. Sie befand sich in Hewitts Gewalt, doch es war nur ein leichter Zauber, den mein Amulett ohne Schwierigkeiten durchbrechen konnte. Ich strich mit dem Amulett über ihren Körper. Sie bekam Schweißausbrüche, bäumte sich auf und brach dann zusammen. Zufrieden richtete ich mich auf.
»Sie ist wieder normal«, sagte ich. »Ich habe die bösen Geister vertrieben, die sie beherrscht haben.«
Der Schamane kam wütend auf mich zu und zischte mich an. Die Eingeborenen näherten sich und betrachteten schweigend das ohnmächtige Mädchen. Es dauerte nur Sekunden, da schlug es die Augen auf und richtete sich auf. Verwundert blickte es sich um.
Die Eingeborenen schrien durcheinander.
Das Mädchen stand auf, trat zu seinem Vater und unterhielt sich mit ihm. Es war wieder völlig normal. Alle glaubten, daß ein Wunder geschehen sei, und starrten mich respektvoll an. Und plötzlich hatte ich eine Idee. »Sie ist noch nicht völlig geheilt«, sagte ich. »Sie muß noch mit verschiedenen Zeichen tätowiert werden, dann ist sie vor den bösen Geistern für alle Zeiten sicher.«
Sie hatten mir interessiert zugehört. Ich kniete nieder, zeichnete einige Zeichen in den Sand und erklärte ihnen, wo sie an ihrem Körper anzubringen waren.
Der Schamane wehrte sich gegen meine Vorschläge, doch der Vater bestand darauf, daß seine Tochter nach meinen Angaben tätowiert wurde. Ich verfolgte, wie die Frauen mit der Tätowierung begannen. Doch lange konnte ich nicht zusehen. Ein entsetzlicher Schrei
Weitere Kostenlose Bücher