008 - Das Geisterhaus
wollte davon eilen.
Plötzlich gellte mir Marjories Warnschrei in den Ohren. »Tony!«
Ich kreiselte herum, und da stürzte sich Amanda Yates mit haßverzerrtem Gesicht und blutbesudeltem Dolch auf mich!
***
Für einen Sekundenbruchteil war ich fassungslos. Einen Angriff von Amanda Yates hatte ich nicht erwartet. Die grauhaarige Frau wollte mir den Dolch, durch den schon Paul Yates sein Leben verloren hatte, zwischen die Schulterblätter stoßen. Jetzt glaubte ich ihre Geschichte nicht mehr. Sie hatte uns bestimmt belogen. Paul Yates ging nicht auf Abels Konto, sondern auf ihres. Sie hatte den eigenen Bruder ermordet. Aus Habgier. Und mich wollte sie umbringen, damit ich Abels Pläne nicht mehr durchkreuzen konnte.
Die scharfe Klinge zuckte mir entgegen.
Ich riß den linken Arm hoch, nicht schnell genug. Die Dolchspitze stach in meinem Ärmel. Ich spürte ein heißes Brennen. Die Klinge hatte mich geschnitten. Trotzdem nahm ich den Arm nicht zurück. Mit der rechten Hand packte ich zu. Meine Finger umschlossen das Handgelenk der Frau.
An und für sich widerstrebt es mir, einer Frau wehzutun, aber diese trachtete mir nach dem Leben. Wenn ich ihr keinen Schmerz zufügte, erreichte sie ihr Ziel. Ich mußte erzwingen, daß sie den Dolch fallenließ.
Kraftvoll drückte ich Amandas Arm nach hinten. Sie war stark.
Sie kämpfte verbissen. Ihr Fußtritt traf mein Schienbein. Mit der linken Hand versuchte sie mir das Gesicht zu zerkratzen.
Ich verstärkte den Druck. Sie schrie vor Wut und Schmerz auf.
Der Dolch entglitt ihren Fingern und landete auf dem Boden. Sie schlug mich ins Gesicht. Ich fing ihre Hand ab.
»Warum?« schrie ich sie an. »Warum tun Sie das, Mrs. Yates?«
»Weil ich nicht auf eurer Seite stehe!« kreischte die Frau. »Ich gehöre zu Abel!«
»Sie haben Paul ermordet!«
»Ja, und ich bin stolz darauf! Denn Abel und ich gehören zusammen!«
»Irrtum, Amanda!« donnerte in diesem Moment Abel Yates’ Stimme durch die Halle.
Ich suchte ihn gespannt. Gott, wenn ich ihn nur entdeckt hätte.
Ich hätte Amanda sofort losgelassen und ihn angegriffen. Aber er ließ sich nicht blicken. Nur seine Stimme war präsent. Er war eine feige Kreatur, die mir fernblieb, damit ich ihm nichts anhaben konnte.
»Wir gehören nicht zusammen!« rief Abel Yates seiner Schwester zu.
»Aber…«, stammelte sie verstört.
»Ich will auch dein Leben!«
»Aber du hast mir doch eine Chance gegeben!«
»Richtig. Doch du konntest sie nicht nützen. Vielleicht hätte ich dich verschont, wenn du Tony Ballard getötet hättest, aber das hast du nicht geschafft. Du hast versagt. Soll ich dir zeigen, was nach dem Gesetz der Hölle mit Versagern geschieht?«
»Neiiin!« kreischte Amanda auf. Sie riß sich von mir los, ich konnte sie nicht halten.
Schreiend rannte sie durch die Halle, auf die Tür zu, die aus dem Haus führte. Abel Yates ließ ihre Flucht nicht zu. Er demonstrierte seine Macht. Der Dolch, der mir zum Verhängnis werden sollte, schwebte vom Boden hoch, ohne daß ihn jemand berührte. Die Waffe sauste hinter Amanda Yates her. Es war mir nicht möglich, das zu verhindern.
Getroffen schrie die Frau ein letztesmal auf. Dann fiel sie nach vorn. Sie war tot.
***
Der Schock traf Terence Cusack mit der Wucht eines Keulenschlages. John Jarman hatte sie auf diese billige Weise nach oben gelockt, und nun griff das Ghoul-Opfer brutal an. Jarman wuchtete sich dem Rechtsanwalt entgegen. Terence Cusack konnte nicht schnell genug ausweichen.
Der Anwalt stieß die Arme des Angreifers zur Seite.
Jarmans Körper prallte gegen Cusacks Brust. Der Tote packte Terence Cusacks Hals. Dem Anwalt traten die Augen weit aus den Höhlen. Ein schrecklicher Schmerz tobte in seiner Kehle.
Verzweifelt versuchte er, sich vom Würgegriff des Toten zu befreien. »T-a-y-l-o-r…!« röchelte er. »Helfen Sie …!«
Das hatte Tommy Taylor vor. Er sprang hinzu. Wild hieb er mit seinen Fäusten auf John Jarman an, doch der Tote spürte keinen Schmerz. Nichts konnte ihn davon abhalten, den Anwalt weiter zu würgen.
Unten donnerte Abel Yates’ Stimme.
Davor glaubte Tommy Taylor auch Tony Ballards Stimme gehört zu haben.
Jetzt kreischte Amanda Yates.
Taylor begriff, daß er und Terence Cusack zu schwach für diesen Gegner waren. Sie verfügten nicht über die Waffen, mit denen das unselige Leben des Ghoul-Opfers zu vernichten war.
Da mußte Tony Ballard ran!
Cusack ging röchelnd in die Knie. John Jarman beugte sich über ihn.
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