008 - Das Geisterhaus
noch andere, ebenso erfolgreiche Personen wie mich. Ich denke da an meinen Freund, den Oberinspektor John Sinclair von Scotland Yard. Oder an Professor Zamorra. Oder an Frank Connors. Oder an Damona King und Mike Hunter.«
»Ich will Sie !« sagte Paul Yates bestimmt.
»Okay.« Ich nickte. »Und wofür?«
»Ich habe Angst, Mr. Ballard.«
»Das ist mir sofort aufgefallen. Wovor fürchten Sie sich?«
»Vor meinem Bruder. Vor Abel Yates.« Er sagte das so, als ob ich diesen Namen kennen müßte. Ich schaute Roxane und Mr. Silver an. Die beiden schüttelten kaum merklich den Kopf. Auch ihnen sagte der Name nichts.
»Abel« fuhr Paul Yates fort, »ist vor einem Monat gestorben.«
Ich horchte auf. »Sie fürchten Ihren Bruder nach seinem Tod?«
»Er war zu Lebzeiten ein böser, schlechter Mensch, Mr. Ballard. Ich ging ihm aus dem Weg. Seinetwegen verließ ich sogar die Stadt und ließ mich auf dem Land nieder. Er wollte ein Höllendiener werden, das hat er mir einmal gesagt. Er versuchte, mich zu überreden, ebenfalls dieses Ziel anzustreben. Er sprach von ewigem Leben, von ungeheurer Macht, von dämonischen Kräften, die ihm eines Tages zur Verfügung stehen würden. Ich sagte, er wäre wahnsinnig. Ich beschwor ihn, sich nicht mit dem Bösen einzulassen, aber er hörte nicht auf mich. Wir gerieten vor vielen Jahren mal deswegen in Streit. Von diesem Tag an verfolgte er mich mit seinem Haß. Er behauptete, daß er mich über seinen Tod hinaus hassen würde.«
»Nun ist er tot, und Sie fürchten sich vor ihm«, sagte ich.
»Ich weiß, daß er Böses gegen mich im Schilde führt, Mr. Ballard. Und nicht nur gegen mich.«
»Gegen wen noch?« wollte ich wissen.
»Auch gegen Amanda Yates, unsere Schwester, gegen Marjorie Ball, seine Nichte, gegen Tommy Taylor, seinen Neffen, und Gott weiß, gegen wen noch alles. Abel ist zwar gestorben, und er wurde beerdigt, Mr. Ballard, aber ich bin davon überzeugt, daß er dennoch lebt. Er lebte äußerst genügsam, verließ sein unheimliches Haus nur selten. Auf seinem Bankkonto hat sich ein kleines Vermögen angehäuft, das nun auf die Erben aufgeteilt werden soll.«
Ich hörte nur noch mit halbem Ohr zu.
Paul Yates hatte von einem unheimlichen Haus gesprochen! Das machte mich stutzig! Wollte es ein gigantischer Zufall, daß dieser Mann von »unserem« Haus sprach?
»Wir sollen Abel beerben«, sagte Paul Yates. »Ich traue meinem toten Bruder nicht. Ich weiß, daß er für uns eine grausame Gemeinheit vorbereitet hat. Abel war nie ein wohltätiger Mensch. Er hätte uns niemals Freude gemacht. Weder mit Geld noch mit sonst etwas. Das Geld ist nur sein Köder. Er benützt es, um uns anzulocken. Wir sollen in sein verfluchtes Haus kommen, und dort werden wir seine tödliche Bosheit zu spüren kriegen.«
»Wenn Sie davon so überzeugt sind, würde ich an Ihrer Stelle nicht hingehen, Mr. Yates«, sagte ich.
Sein Blick wieselte über mein Gesicht. »Denken Sie, daß ich in diesem Fall vor ihm in Sicherheit wäre?« Er schüttelte den Kopf.
»Nein, Mr. Ballard. Er würde mich aufsuchen, egal, wo ich wäre, und würde das tun, was er sich vorgenommen hat. Er ist ein Teufel, Mr. Ballard. Er will unser Leben, und er kriegt es, wenn wir nicht rechtzeitig Vorkehrungen treffen. Ich brauche Sie zu meinem Schutz. Ich will den Stier bei den Hörnern packen. Heute nacht ist dazu die beste Gelegenheit.«
»Wieso?« fragte ich.
»Heute nacht ist Testamentseröffnung.«
»Wo findet sie statt?«
»Na, wo schon? In Abels Haus. Genau um Mitternacht soll Rechtsanwalt Terence Cusack mit der Testamentseröffnung beginnen, das ist Abels Wille.« Paul Yates kniff die Augen zusammen.
»Abel wird uns in seinem Haus alle umbringen, Mr. Ballard. Er lockt uns in eine tödliche Falle. Sie müssen uns helfen, sonst sind wir verloren.«
Ich nickte. »Sie brauchen keine Angst zu haben. Ich werde Sie unter meinen persönlichen Schutz stellen, Mr. Yates.«
Er atmete auf.
Doch dann wurde er schlagartig bleich. Seine Augen weiteten sich. »Mein Gott!« entfuhr es ihm.
»Was ist? Was haben Sie?« fragte ich erschrocken.
Er wies auf die Skizze, die Roxane angefertigt hatte. »Wer hat das gezeichnet?«
»Ich«, sagte die weiße Hexe.
»Das ist Abels Haus!« preßte Yates heiser hervor. »Woher kennen Sie es?«
»Ich habe davon geträumt«, antwortete die Hexe aus dem Jenseits.
Yates schaute sie entgeistert an. Er konnte sich nicht erklären, wieso dieses Mädchen ausgerechnet vom Haus seines Bruders
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