008 - Die Pest frass alle
Betrachten Sie sich unsere zwölf Mädchen.«
»Zwölf?« Anne
Brighton, ein gertenschlankes Persönchen, das in Phoenix studierte und sich als
Fotomodell sein Stipendium verdiente, schlug die Augen nieder und ließ die
schlanken, braunen Arme hängen wie ein Huhn die Flügel schleifen ließ, wenn man
es abstach. »Wir sind zu sechst hier drin, und das reicht gerade.«
»Wenn die
Kutsche überquellen soll - dann müssen eben zwölf Girls Platz haben.«
Der blonde
Produzent nickte. »Die Idee ist nicht mal so schlecht«, murmelte er. »Das
unterstreicht am besten, wozu Andersons Deo-Programm gut sein kann. Ich glaube,
so was drehen wir. Aber lassen wir uns erst mal von Little Stonefield
überraschen. Ich bin überzeugt, daß uns in der Umgebung noch viel mehr Einfälle
kommen werden.«
●
Larry Brent
hielt den Atem an.
Er sah den
unförmigen Schleimberg, der sich dunkel und drohend, wie eine riesige Blase,
vom Boden abhob.
»Dorsay?«
fragte der Agent halblaut.
Ein Höcker
auf dem Berg bewegte sich. Es war das, was von Dorsays Sinnesorganen
übriggeblieben war.
Sie waren
ineinander verschmolzen. Auf dem unförmigen Höcker klebten noch ein paar Haare,
so daß man eigentlich den Sitz des Schädels nur noch vermuten konnte.
Dorsay lief
und kroch nicht mehr - er rollte praktisch über den nackten, kalten Fußboden.
Durch das
winzige Fenster in der Tür fiel schwacher Lichtschein und ergoß sich über die
gespenstische Szene.
»Wer sind
Sie... was wollen Sie hier?« Die Stimme, die aus dem Körper kam, schien erst
einen endlosen Weg zurückgelegt zu haben, ehe man sie überhaupt wahrnehmen
konnte.
»Mein Name
ist Brent... «
»Hat es Sie
auch schon - erwischt... - weil Stowe Sie hier reingesteckt hat?«
Larry sah
einen Armstumpf, der aus der aufgequollenen Masse ragte.
»Möglich -
das steht noch nicht fest«, entgegnete Larry mit dumpfer Stimme.
»Stowe ist
ein Schwein«, kam es gepreßt aus dem Schleimberg. »Er betrügt uns...«
»Wie kommen
Sie darauf?« Larry ließ das pulsierende Etwas zu seinen Füßen nicht aus den
Augen. Und er achtete auch darauf, daß dieser pochenden, blasenwerfende
Schleimberg ihm keinen Zentimeter zu nahe kam.
»...er hat
versprochen, mir zu helfen. Wahrscheinlich hat er auch Ihnen das versprochen,
nicht wahr?« Dorsay wartete die Antwort nicht ab. »...aber er hat
wahrscheinlich nur mein Geld gesehen.« Der Schleimberg rollte sich herum.
X-RAY-3 nahm die formlosen Hände und Arme wahr und das, was man einmal als
Beine bezeichnet hatte. Jetzt schienen die breiigen Füße in den Körper
gewachsen zu sein. Dorsay sah aus wie ein unförmiger See-Elefant, der sich nur
schwerfällig an Land bewegen konnte.
Die Kleider
auf dem verformten Körper hatten weder Sitz noch Zweck. Sie schienen Dorsay
eher in seinen Bewegungen einzuengen und zu hemmen. Der kleine Höcker auf dem
pulsierenden Körper ruckte herum. Im Dämmerlicht glaubte X-RAY-3 das Glitzern
der dunklen Augen zu sehen, die wie große Knöpfe in der formlosen Masse saßen.
»Durch Sie
wurde die Seuche verbreitet, Dorsay«, sagte Larry Brent mit klarer Stimme.
Seine Muskeln und Sehen waren zum Zerreißen gespannt. Er war aufs Äußerste
konzentriert. »Sie haben Cabott umgebracht - und seine Frau... «
»Nanu?« Die
dumpfe, ferne Stimme wurde mit einem Mal um eine Nuance deutlicher. »Sie sind
von der Konkurrenz? Spielt Stowe doch mit falschen Karten?«
»Er kann
keine Karten mehr spielen.«
»Sie haben
ihn...?« Dorsay sprach nicht zu Ende. Seine Stimme ging in leises Wimmern über,
als ginge ihm die Luft aus.
»Er hat es
selbst getan... Und dabei hat er mir kurz zuvor noch eine ganze Menge verraten.
Sie kann man wahrscheinlich nicht mehr für das Verbrechen verantwortlich
machen, Dorsay.
Dazu ist es
zu spät. Sie können aber mithelfen, daß weiteres Unheil vermieden wird. Wem
haben Sie den Mondstein gegeben?«
»Also damit
hängt es doch zusammen...« flüsterte die ferne, piepsende Stimme. »Stowe
vermutete es schon. Ich weiß nicht, wem ich den Stein gebracht habe. Ich kenne
die Leute nicht.«
Der
Schleimberg rutschte näher. Wie eine überdimensionale grauweiße Raupe schob
Dorsay sich über den Boden. Die Armstümpfe in dem brodelnden Fleisch zuckten.
X-RAY-3 ging
vorsichtig um den lebenden Berg herum. Er näherte sich der gegenüberliegenden
Wand, wo eine Liege stand, die Dorsay offensichtlich als Bett diente, als er
noch über einigermaßen menschliche Formen verfügte. Doch jetzt dürfte es
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