Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
008 - Hexenbalg

008 - Hexenbalg

Titel: 008 - Hexenbalg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gimone Hall
Vom Netzwerk:
auf die Nerven.
    Dabei wusste sie, dass Karen es gut meinte und auch recht hatte. Aber sie selbst hatte keine Sehnsucht nach Gesellschaft und Verabredungen. Denn das bedeutete Zusammensein mit Männern. Sie hatte zweimal geliebt – zuerst Marq, dann Peter. Beide Male war es schief gegangen.
    Für Karen war das Leben sehr viel einfacher. Ein nachmittäglicher Einkaufsbummel machte sie überglücklich, und dann kam der Abend in Marqs Gesellschaft. Karen, mit ihrer viel unkomplizierteren Natur, passte viel besser zu Marq als Beth, die ihn wirklich geliebt hatte. Das war eben die Ironie des Schicksals.
    Mit solchen Gedanken und Überlegungen befasste sich Beth stets nur mehr oder weniger unbewusst, da sie sich zu sehr in ihre Arbeit vergraben hatte – und dabei noch von dem Verlangen geplagt wurde, jene Nummer im Telefonbuch zu wählen, die sich seinerzeit nicht gemeldet hatte. Aber was wäre erreicht, wenn sie Effie tatsächlich ausfindig machte? Sie würde der Frau nur die beste Gelegenheit liefern, auf der Stelle zu den Behörden zu laufen und zu melden, dass Beth die Auflagen verletzt hatte, an die ihre Freilassung geknüpft war.
    Beth hatte sogar die Seite aus dem Telefonbuch gerissen und sie verbrannt. Eine sinnlose Geste, weil sie sofort entdecken musste, dass Nummer und Adresse sich fest in ihre Gedächtnis eingegraben hatten. In der Nacht träumte sie davon, dass sie den Anruf gewagt hatte, und war nach dem Erwachen richtig erleichtert, dass es nicht stimmte.
    Manchmal wurde ihr Traumanruf beantwortet – und das ergab dann einen wahren Alptraum. Es war immer dasselbe. Gelächter, grässliches Gelächter und die krächzende Stimme, die in einer unverständlichen Sprache redete. Das schreckliche Lachen hörte erst auf, wenn sie schweißgebadet erwachte.
    Am liebsten hätte sie Dr. Bollard um einen Termin gebeten, damit sie ihm von diesen Träumen berichten konnte. Aber sie hatte Angst. Alpträume konnte zwar jeder Mensch haben, aber bei ihr bedeuteten sie vielleicht, dass sie sich im Leben nicht zurechtfand … Das war auch eine der Sorgen, die sie im Entwerfen von Linda Hillburtons Brautstaat zu ersticken versuchte.
    Als Beth die Wohnung verließ und sich auf den Weg machte, freute sie sich auf die Suche nach den Perlen. In der Straße nahe der Hafenanlagen trieben sich am Samstagnachmittag neben den üblichen Trunkenbolden, Seeleuten und schrägen Typen normale Schaulustige herum. Diese Atmosphäre voller Betriebsamkeit, dazu das Sprachen- und Nationalitätengewirr, wirkten sehr anregend.
    Beth, die ihre Handtasche fest an sich drückte, spähte in alle Schaufenster und sie betrat jeden Laden, in dem sie das Gewünschte vermutete.
    Allmählich wurde sie müde und wollte schon entmutigt den Rückweg antreten. Da blieb sie bei einem Kellerladen stehen, dessen Fenster vom Straßenniveau aus nur halb sichtbar waren. Ein Stück Keramik – möglicherweise südamerikanischen Ursprungs – bewog sie zum Eintreten. Aber zum letzten Mal, sagte sie sich entschlossen.
    Im dämmerigen Licht des Ladens roch sie Räucherkerzen, die verbrannt wurden, um den muffigen Geruch zu töten. Von der Decke hingen Mobiles herab und bewegten sich im Luftzug, als sie die Tür öffnete. In einer Ecke brannten Kerzen in hohen roten Gläsern. Mehr konnte sie zunächst nicht ausmachen. Als sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, kam die erhobene Hand aus dem Nichts auf sie zu.
    Beth schnappte nach Luft. Das tiefe Atemholen ließ den Rauch tief in ihre Lungen dringen, und sie wurde von dem durchdringenden Geruch benommen. War auch das nur ein Traum, wie das Gelächter am Telefon? Sie erstarrte und blickte gebannt auf die Hand. Auf diese böse, ihr nur zu gut bekannte Hand.
    Eine ägyptische Hand aus Bronze mit gekrümmtem Zeigefinger, unter dem sich eine Schlange mit einem Hahnenkamm ringelte. Auf dem Daumen ein bronzener Kiefernzapfen. Die ganze Hand war mit okkulten Lettern und Symbolen bedeckt: dem geflügelten Caduceus, dem Frosch, der doppelschwänzigen Eidechse. Effies Hand. Diese Hand hier sah genauso aus.
    »Sie soll den bösen Blick abwenden.« Eine Männerstimme unterbrach ihre Gedanken.
    »Die Hand ist so grotesk, dass sie alles mögliche abwenden könnte, möchte man meinen«, antwortete Beth.
    »Ziemlich unheimlich«, meinte er. »Natürlich nur eine Kopie. Soviel ich weiß, befindet sich das Original im Britischen Museum.« Der Sprecher war ein schlanker junger Mann in einem ausgebeulten Cordanzug. »Sie

Weitere Kostenlose Bücher