Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
008 - Hexenbalg

008 - Hexenbalg

Titel: 008 - Hexenbalg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gimone Hall
Vom Netzwerk:
Überglücklich rief Beth ein Taxi und fuhr nach Hause. Die unangenehme Erinnerung an Jim Sanders und den Kräuterladen schwand, und sie vertiefte sich wieder in die Pläne für Lindas Brautkleid.
    Der alte Eigentümer des Spezialitätenladens hatte ihr noch lange nachgesehen. Was hatte diese elegante junge Frau im Sinn? Was wollte sie mit den aus Südamerika stammenden Omulu-Perlen, die in den Zeremonien der dunklen Macumba Verwendung fanden? Die Körner bargen ein tödliches Gift in sich.
     
     
    6
     
     
    Während der folgenden zwei Wochen verschwendete Beth keinen einzigen Gedanken an Effie Saxton. Anstelle der Alpträume trat der erholsamste Schlaf seit Jahren. Oft hörte sie gar nicht, wenn Karen auf den Zehenspitzen von ihren mit Marq verbrachten
    Abenden heimkehrte.
    Starla füllte ihre Gedanken noch aus, doch spürte sie nicht mehr das starke Verlangen nach ihr. Sie musste nicht mehr ununterbrochen daran denken, dass ihre Tochter ohne sie aufwuchs und sie vergaß und von einem fremden Menschen erzogen wurde, den Beth nicht leiden konnte. Statt dessen dachte sie an jene Wintertage, als das Feuer in dem alten gemauerten Küchenherd lustig flackerte und Starlas Gesicht voll weißer Tupfen von mehligen Fingerspuren war, weil die quicklebendige Dreijährige ihrer Mutter beim Backen geholfen hatte.
    Beth verdrängte alles andere: die unheimliche Stille im Haus, den seltsam feindseligen Blick, der manchmal in den schimmernden schwarzen Augen des Kindes aufgeflackert war, die bizarre Angst, die sie zunächst vor dieser unmöglichen Effie Saxton empfunden hatte und schließlich auch die Furcht vor ihrem eigenen Kind, das sie mehr als das Leben liebte.
    Das Kind, welches Beth nun immer vor Augen hatte, war das wirkliche Kind, und ihre Erinnerungen waren glücklich und ungetrübt. Jenes andere Kind, sowie die furchteinflößenden Ereignisse waren bloß Einbildungen ihrer kranken Seele. Ja, sie war krank gewesen, so krank, dass sie getötet hatte, dass ihre ganze Welt aus den Fugen geraten war.
    Beth trug Starlas Bild in sich wie ein fernes Versprechen, wie eine Belohnung, wenn sie sich in der Welt der Wirklichkeit bewährt haben würde. Beth nährte diese Hoffnung und unterdrückte dabei die alten nagenden Zweifel an ihrer Schuld. Sie akzeptierte den Gedanken, dass sie einen Mord begangen hatte, weil es die einzige gesunde und normale Erklärung war. Und nur als völlig Gesunde konnte sie ihr Kind zurückbekommen.
    Sie verwendete jetzt ihre ganze Energie auf Lindas Brautkleid. Die Arbeit machte sie glücklich und nahm sie völlig in Anspruch. Außerdem bedeutete es für sie eine Herausforderung. Linda, die behauptet hatte, ihr könne nichts einfallen, ein Kleid zu präsentieren, das ihr entsprach. Dutzende von Entwürfen wanderten in den Papierkorb.
    Nessel wurde an Mannequins abgesteckt, wieder abgenommen und von neuem drapiert. Beth wurde bis in ihre Träume von seidenen weißen Brautkleidern verfolgt.
    Karen fand das alles sehr betrüblich. Die neue Beth, die nichts anderes kannte außer Schlafen und Arbeiten, war so ganz anders als die alte Freundin, die oft im Abendkleid gefrühstückt hatte.
    »Ich begreife nicht, wie du das durchhältst«, sagte sie. »Dabei müsste es nicht so sein. Jede Wette, dass ich dir zehn fabelhafte Männer präsentieren könnte, die liebend gern mit dir ausgehen würden.«
    Beth lachte. »Zehn fabelhafte Männer! Man stelle sich vor, jemand kennt zehn fabelhafte Männer …«
    »Na schön. Das war übertrieben. Höchstens fünf sind fabelhaft.«
    »Fünf? Ich möchte nicht mal einen«, neckte Beth sie.
    Als Beth einmal ihre Tasche auf der Suche nach einem Stoffmuster aufs Bett entleerte, glaubte Karen die Antwort gefunden zu haben. Sie stürzte sich auf ein zerknülltes Stückchen Papier.
    »Aha! Du wolltest mich also hinters Licht führen! Da, der Name eines Mannes und dazu die Telefonnummer! Wie ist er denn, dieser Jim Sanders?«
    »Eine äußerst unangenehme Person, das kann ich dir versichern«, sagte Beth. Sie riss Karen das Papier aus der Hand und stopfte es schleunigst in ihre Tasche.
    »Warum hast du es nicht weggeworfen, wenn er so übel ist?« fragte Karen. »Da drüben ist der Papierkorb.«
    Beth ließ die Frage unbeantwortet, obwohl sie sehr berechtigt war. Sie konnte sich kaum noch erinnern, wie der alberne Mr. Sanders aussah, obwohl bei Nennung des Namens sofort die Erinnerung an den kleinen Laden und die kuriosen Waren aufgetaucht war – an den Räucherkerzengeruch und

Weitere Kostenlose Bücher