008 - Wasser für Shan
einem anderen Leben! So können wir nichts ändern!« Er zitterte vor Empörung. »Schlagt doch endlich zu, packt an und verkriecht euch nicht wie Ungeziefer in euren Löchern!«
Seinen Worten folgte betretene Stille.
Auf ihrem Weg hinab zu dem geheimen Versammlungsraum hatte Baton der ehemaligen Clanträgerin erklärt, wieso Garish so wild, aufbrausend und verletzt im Innern war; er war, wie der hasserfüllte Olmish, Führer der Wachstumsgeräte gewesen, ein Rang, der zu den niedrigsten innerhalb der Clanhierarchie zählte. Auch Garish war von den Strahlen ausgelaugt und zermürbt worden, doch er hatte sein Schicksal bis zu dem Zeitpunkt ertragen, da sein Clan aufgelöst, seine Frau und Kinder verschiedenen anderen Clans zugeteilt, er aber als zu alt und verbraucht abgelehnt wurde. Diesen Schlag hatte er nicht verkraftet; seither war er allen, die seine Vorstellungen nicht teilten oder ihnen nur zögernd nachkamen, unnachgiebig und feindselig gegenüber.
Schließlich unterbrach Trinon mit einem Räuspern das Schweigen. »Der Zeitpunkt ist noch zu früh«, sagte er, »zuerst müssen wir wissen, wie unsere künftige Gemeinschaft aussehen soll. Außerdem sind wir noch zu schwach. Sollen wir uns freiwillig den Quellherren ausliefern?«
»Nicht ausliefern. Doch wenn wir von dem baldigen Zerfall der Höhlenstadt sprechen, sollten wir uns auf diesen Zusammenbruch vorbereiten.«
»Und wie?«
»Wir sammeln die restlichen Männer aus den Grotten unter der Stadt um uns und zerstören die Augen Shans im Ganglion. Zur Versorgung unserer Gruppe legen wir zuvor Vorratsverstecke an.«
»Mit welchen Vorräten?«
»Wir plündern die Depots der Quellherren.«
»Damit können wir nichts erreichen«, protestierte Trinon. »Seitdem die Erntemaschinen immer mehr von den täglichen Ernten einbehalten und die Unruhe in den niedrigen Clansrängen steigt, bewachen die Quellherren ihre Depots wie kostbare Schätze. Sie werden durch solch einen Raub nur aufmerksam werden und uns jagen wie nie zuvor.«
Betroffen stellte Zeta fest, dass kaum jemand auf seinen Einwand achtete. Die Vorstellung, endlich zur Tat schreiten zu können, erschien so verlockend, dass sich die meisten Namenlosen einmütig hinter Garish stellten. »Ein Raubzug! Ein Raubzug! Ein Raubzug!«, brandete ihr Geschrei durch die Grotte.
»Wartet!«, rief Trinon. »Wir müssen den Plan überdenken …«
»Was gibt es da zu überdenken?«, hielt Garish dagegen. »Wir überfallen die Lager des benachbarten Molten-Clans! Morgen Abend noch!«
*
»Was nun?«, wiederholte Dr. Yörg Maister die Frage, die einen langen Augenblick im Raum geschwebt hatte.
Eine gute Frage. Nur … die Antwort darauf konnte keiner geben.
Blitzartig zogen die Ereignisse der letzten Tage vor Kens innerem Auge noch einmal vorbei. Von Phönix aus hatte es sie auf die Dschungelwelt Vetusta verschlagen; dort waren sie, nach zahlreichen Abenteuern, gelähmt in einen Transmitter geschoben worden. Auf einer anderen Welt sollte über ihr Schicksal entschieden werden.
Herausgekommen waren sie jedoch auf Shan. Tagelang waren sie in luxuriösen Gemächern gefangen gehalten worden, dann hatten die Roboter, die die Station seit Urzeiten betreuten, ihnen nacheinander die Szenen von der Verwüstung Shans vorgespielt.
Ein halbherziger Fluchtversuch, den er und Tanya hauptsächlich lanciert hatten, um dem eintönigen Warten ein Ende zu bereiten, war gescheitert.
»Wahrscheinlich werden die Roboter uns jetzt wieder abstrahlen«, sagte Tanya Genada und warf einen Blick auf Janni van Velt, die sich soweit beruhigt hatte, dass sie, leise vor sich hinschluchzend, auf einem der extrem breiten und langen Bodenpolster lag.
»Aber wohin?«, warf Maister ein.
»Um diese Frage zu beantworten«, spekulierte Dr. Dimitrij Wassilow, »müssten wir wissen, ob wir wirklich Gäste sind oder Gefangene. Ist Shan eine Welt, auf der den Gästen der Transmitter-Konstrukteure gezeigt werden soll, was mit Welten geschieht, die sich dem Transmitter-Joch nicht unterwerfen, oder werden hier Völker eindringlich darauf hingewiesen, dass der Weg, den sie eingeschlagen haben, nicht der richtige ist und in der Zerstörung ihrer Welt enden wird?«
»Sind wir also Gäste«, fasste Tanya zusammen, »oder Patienten in einem Rehabilitierungslager?«
»Vielleicht werden wir anschließend einer Gehirnwäsche unterzogen?«, sagte Juan de Costa.
»Fragen wir doch die Roboter selbst!«, schlug Wassilow vor.
Ken schüttelte den Kopf.
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