0080 - Augen des Grauens
mich herum, und vielleicht deshalb vernahm ich das leise Knirschen über mir.
Hastig hob ich den Kopf.
Da geschah es.
Aus dem Torbogen raste plötzlich ein Fallgitter. Armdicke Stäbe schossen der Erde entgegen, und alle waren vorn zugespitzt.
Ich hechtete vor, zog noch im Sprung die Beine an und hatte gut daran getan, denn dicht hinter meinen Hacken rammte das Gitter in den Boden.
Himmel, war das knapp gewesen.
Mit dem Handrücken wischte ich mir den Schweiß von der Stirn, schaute zurück und sah das Fallgitter zitternd im Boden stecken. Diese Dinger hätten mich sicherlich aufgespießt.
Langsam stand ich auf und klopfte mir den Staub aus der Kleidung. Mein Blick flog hinüber zum Haus. Vor mir breitete sich ein gepflasterter Hof aus, auf dem zwei Wagen parkten.
Ein Mercedes und ein Porsche.
Die Autos der Conollys.
Ich war also an der richtigen Adresse.
Hinter den Fenstern zeigte sich niemand. Ich war jedoch sicher, daß man meine Ankunft beobachtet hatte und sich nun ärgerte, daß der Anschlag nicht gelungen war.
Sie würden es bestimmt noch einmal versuchen. Doch nun war ich gewarnt und auch gespannt, in welch ein Wespennest ich stoßen würde.
Vorsichtig schritt ich auf das Haus zu. Es war gelb angestrichen und erinnerte mich von der Farbe her an manche historische Bauten in Wien. Dort hatte ich seinerzeit einen Werwolf gejagt. [3]
Hinter den Scheiben regte sich weiterhin nichts. Ein wenig Sonnenlicht fiel in den Hof und spiegelte sich in den Glasfenstern. Erkennen konnte ich nichts.
Dann stand ich vor dem breiten Eingangstor in der Mitte des Hofes. Es besaß zwei Flügel und erinnerte mich irgendwie an den Durchgang in eine alte Bauernscheune.
Ich blieb erst einmal wenige Schritte vor dem Tor stehen und überlegte, ob ich sofort hineingehen sollte. Ich sah eine Klingel und eine Luke mitten im Tor.
Sie klappte plötzlich hoch.
Der Teil eines Gesichts starrte mich an.
Normalerweise lächle ich, wenn ich zu fremden Leuten gehe, aber hier hatte man mir das Lebenslicht ausblasen wollen, und da war Freundlichkeit fehl am Platze.
»Wer sind Sie?« fragte mich eine barsche Frauenstimme.
»Mein Name ist John Sinclair. Ich bin Oberinspektor bei Scotland Yard.«
»Was wollen Sie?«
»Hinein.« Schon längst hatte ich die Stimme erkannt. Es war die Frau vom Telefon.
»Haben Sie einen Durchsuchungsbefehl?« fragte sie mich.
»Nein.«
»Dann verschwinden Sie.«
Ich schüttelte den Kopf. Meine Stimme klang scharf, als ich erwiderte: »Es besteht der begründete Verdacht, daß in diesem Gebäude zwei Menschen festgehalten werden, die nicht freiwillig zu Ihnen gestoßen sind. Außerdem wurde auf mich ein Mordanschlag verübt. Grund genug, Ihr Haus auch ohne Durchsuchungsbefehl zu betreten.«
Nach dieser Antwort war es einen Moment still. Dann sagte die Frau: »Okay, kommen Sie herein!«
Quietschend wurde das Tor aufgezogen. Gerade so weit, daß ich hindurchschlüpfen konnte.
Ich trat in eine breite Einfahrt, an deren Ende ich eine Mauer mit einer schmalen Tür sah. Eine Lampe verstreute trübes Licht. Immerhin soviel, daß ich die Frau vor mir erkennen konnte.
Sympathisch war sie mir nicht.
»Darf ich Ihren Namen erfahren?« fragte ich.
»Ada Adamic«, antwortete sie.
Damit konnte ich nichts anfangen. Den Namen hatte ich nie in meinem Leben, gehört.
Ich schaute mich um, sah zwei Türen und fragte: »Wo geht es ins Haus?«
Die Frau deutete nach links. »Dort.«
»Danke.« Sie wollte mich vorgehen lassen, doch ich sagte: »Nach Ihnen, Madam.«
Sie stieß ein kicherndes Lachen aus, was mich zu der Frage animierte, ob sie ihre Gäste immer auf diese gefährliche und heimtückische Art und Weise empfange.
Auf der ersten Treppenstufe blieb sie stehen. »Nur diejenigen die nicht willkommen sind.«
»Dann war ich also nicht willkommen?«
»Nein.«
Ich griff in meine Jackentasche und zog die Hand geschlossen wieder hervor. »Auch jetzt nicht?« fragte ich, wobei ich gleichzeitig die Hand öffnete und Ada Adamic, das Auge präsentierte.
Sie starrte auf meinen Handteller und zuckte dann zurück. »Woher haben Sie das?«
»Muß ich das sagen?«
Ihr Blick war flammend, mit dem sie mich anschaute. »Nein, Sinclair, das brauchen Sie nicht.« Hastig stieg sie die Stufen hoch. Es sah mir nach einer Flucht ins Haus aus.
Wir betraten den Raum, der die zahlreichen Fenster aufwies. Ich hatte sie bereits von außen gesehen. Jetzt sah ich den langen Tisch mit den zahlreichen Stühlen und auch den
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