0080 - Ich und die Zeitungshyänen
waren an einen Mann gerichtet, den sie mit Hendrik anredete. Es waren ziemlich hitzige Liebesbriefe.
Nach der Lektüre schob ich die Schreiben zurück.
»Und weiter?«, fragte ich.
»Der Mann heißt mit vollem Namen Hendrik Berger. Er war ebenfalls Beamter in einem State Department. Er wurde vor vierzehn Tagen verhaftet, weil er Informationen an eine fremde Macht weitergegeben hatte, genauer gesagt, an einen Mittelsmann, der ihn dazu zwang, weil der Mittelsmann Beweise dafür besaß, dass Hendrik es mit der ehelichen Treue nicht so genau nahm, einige Fotos und einige Briefe. Mit Geld konnte Berger als Beamter nicht zahlen, also musste er es mit Informationen tun. Jetzt wurde er gefasst, diese Quelle ist verschüttet, aber nun können wir die andere anbohren.«
Er legte die Hand auf die Briefe. »Das Mädchen, das diese Briefe schrieb, heißt Joan Merrit. Sie arbeitet als Sekretärin im Staatssekretariat für Außenhandel. Denke nicht, das sei ein unbedeutender Posten, Jack. Es gibt immer noch eine Embargoliste für bestimmte Güter. Der Versand solcher Güter in neutrale Länder wird von einer Genehmigung des Außenhandelssekretariats abhängig gemacht. Das Mädchen wird uns solche Genehmigungen besorgen,«
Er gab mir ein Blatt, auf dem mit Schreibmaschine die Namen von Firmen und Angaben über Maschinen aufgeschrieben waren.
»Verstehst du?«, fragte er. Ich schüttelte den Kopf.
Er lächelte dünn.
»Die Hersteller dieser Maschinen möchten die Dinger gern an einen neutralen Ort verschicken, in die Schweiz, zum Beispiel. Dagegen wäre nichts einzuwenden. Leider ist der Auftraggeber nicht die Schweiz, sondern ein anderes Land. Bei einer Nachprüfung durch das Staatssekretariat würde es herauskommen, die Ausfuhrgenehmigung würde nicht erteilt werden. Liegt die Genehmigung aber vor, so kann der Versand ohne Weiteres erfolgten und niemand interessiert sich dafür, wo die Dinger tatsächlich hingehen. -Klar, dass die Hersteller der Maschinen bereit sind, für eine Ausfuhrgenehmigung viel Geld zu zahlen. Nachdem Hendrik Berger ausgefallen ist, muss Joan Merrit fürchten, als Geliebte eines Spions ebenfalls verhaftet zu werden, wenn diese Briefe in die richtigen Hände gelangen. Mache ihr das klar.«
»Sie gehen nicht mit?«
»Früher hat mein Bruder diese Dinge erledigt. Jetzt kannst du beweisen, ob du ihn ersetzen kannst.«
Ich blickte auf die Armbanduhr.
»Mache mich gleich auf die Socken, Chef«, sagte ich. »Ich denke, das Girl wird gegen ein Uhr seine Mittagspause haben. Dann kann ich gleich mit ihr reden. Einverstanden?«
»In Ordnung, mein Junge. Ich erwarte dich im Hotel.«
Ich nahm mir ein Taxi und sagte dem Chauffeur, er solle mich zum Außenhandelsministerium fahren, aber auf der halben Strecke und als ich sicher war, dass Coon mir nicht folgte, sagte ich ihm: »Fahren Sie zur FBI-Zentrale.«
Fünf Minuten später bremste er vor dem Gebäude.
»Warten Sie!«, befahl ich und sprang in großen Sätzen die Stufen hoch.
Ich griff mir den ersten Washingtoner Kollegen, der mir in die Quere lief.
»Ich bin Cotton vom FBI New York«, sagte ich. »Hören Sie, ich brauche im Handumdrehen sämtliche Fingerabdrücke, die sich auf diesen Briefen befinden.«
»Kommen Sie mit ins Technikum«, sagte er nur.
Die weiß bekittelten in der technischen Hexenküche der Zentrale machten sich sofort über die beiden Briefe her. Obwohl ich die Schreiben sehr behutsam angefasst hatte, kamen im Grafitstaub eine Menge Fingerabdrücke zum Vorschein und auf den ersten Blick war nicht zu klären, welche wem gehörten. Sie fotografierten das Ganze und entfernten dann den Grafitstaub sorgfältig. Ich steckte die Wische wieder ein.
»Schicken Sie die Aufnahmen sofort an den District New York«, bat ich und sauste zu meinem Taxi zurück.
»Jetzt können Sie zum Außenhandelssekretariat fahren«, sagte ich dem Chauffeur und drückte ihm eine Fünfdollar-Note als Vorschuss in die Hand.
Ich fragte mich beim Portier nach Miss Joan Merrit durch. Er nannte mir die Zimmernummer.
Das Mädchen, das ich in dem besagten Zimmer traf, war nicht besonders hübsch, aber sie war gepflegt und machte einen guten Eindruck.
»Ich muss Sie sprechen«, sagte ich.
»Bitte, Sir.«
»Nein, nicht dienstlich, sondern privat. Ich nehme an, Sie haben gleich Pause. Ich erwarte Sie vor dem Haupteingang.«
Sie sah mich unsicher an.
»Ich kenne Sie nicht, Sir. Wollen Sie mir nicht sagen, worum es sich handelt?«
»Später. Ich rate Ihnen zu
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