0081 - Der Sensenmann als Hochzeitsgast
Körper jegliches Wasser entzogen.
Erich Gehrmann stöhnte auf.
Er wollte nicht glauben, was er mit eigenen Augen sah, und schlug die linke Hand vors Gesicht.
Doch der Auflösungsprozeß schritt weiter fort.
Jetzt war der Unterarm an der Reihe. Er nahm eine braune Farbe an, die Haut knisterte wie Papier, das man zusammenreibt, der Arm schrumpfte, und die Haut fiel plötzlich ab wie welkes Herbstlaub.
Gisela Gehrmann hatte mit schockgeweiteten Augen diesen unheimlichen Vorgang mit angesehen.
Dann hielt sie es nicht länger aus. Es brach förmlich aus ihr hervor.
»Erich!« gellte ihre Stimme. »Erich…«
Sie rannte auf ihren Mann zu, und ihr panischer Schreckensruf erreichte auch die Ohren des Personals.
Die Menschen im Innern des Gasthauses standen wie erstarrt. Dann aber kam Bewegung in sie.
Sie rannten nach draußen und blieben wie durch eine Wand gestoppt stehen.
Was sie sahen, war so grausam und schlimm, daß sie ihren eigenen Augen nicht trauten.
Erich Gehrmann verlor einen Arm.
Er faulte regelrecht ab. Zurück blieb ein Stumpf.
Gisela Gehrmann stand vor ihrem Mann und schrie. Ja, sie schrie ihre Angst hinaus, doch ihr Schreien wurde von einem dröhnenden Gelächter übertönt.
Auf einmal verdunkelte sich die Sonne. Ein Schatten flog über den Platz, und im nächsten Augenblick tauchte ein riesiges, pechschwarzes Skelett auf.
Der Schwarze Tod war gekommen. Er sah aus wie immer, doch etwas war anders.
Von der Sensenklinge tropfte diesmal Blut…
***
Urplötzlich stand dieses grauenhafte Wesen vor uns.
Der Schwarze Tod trug einen weiten, dunklen Umhang. Ich sah seine hellen Augen und glaubte, darin den Tod für uns alle zu sehen.
Ausgerechnet jetzt war ich waffenlos. Zeit, mein Kreuz hervorzuholen, hatte ich nicht mehr, denn der Schwarze Tod und ich handelten gleichzeitig.
Während ich hinter mir die Schreie hörte, stieß ich Jane Collins heftig zur Seite. Sie taumelte zwischen zwei Pfeilern hindurch und fiel auf dem kleinen Kirchplatz zu Boden.
Dann warf ich mich vor.
Ich wollte Karin Mallmann von der Seite ihres Mannes wegreißen, doch Will versperrte mir unabsichtlich den Weg, so daß ich gegen ihn prallte.
In diesem Augenblick fuhr die Sense nach unten.
Ich sah den Vorgang wie in Zeitlupe, obwohl alles blitzschnell über die Bühne lief.
Karin Mallmann stand wie erstarrt auf dem Fleck.
Sie begriff nichts, und als sie es erfaßte, war es zu spät.
Die blitzende Klinge traf sie voll, und Karin Mallmann brach zusammen.
Ich hatte das Gefühl, mein Herz würde stehenbleiben.
Für Bruchteile von Sekunden verschwamm alles vor meinen Augen. Ich packte das Grauen nicht, der Verstand weigerte sich, und es rastete wohl eine Sperre in meinem Hirn ein.
Als ich die Augen wieder öffnete, lag Karin am Boden. Das weiße Brautkleid war blutüberströmt.
Dann hörte ich den Schrei.
Will Mallmann hatte ihn ausgestoßen.
Er war so schlimm und grauenhaft, daß es mir kalt den Rücken hinablief. All der Schmerz, all die Verzweiflung dieses Mannes waren darin vereint – und auch seine Hilflosigkeit. Will Mallmann warf sich über seine Frau, als wollte er sie jetzt noch mit seinem Körper schützen.
Ich stemmte mich hoch.
Ein Schatten wischte an mir vorbei.
Suko!
Der Chinese war schnell wie ein Torpedo. Obwohl er keine Waffen bei sich trug, warf er sich dem Schwarzen Tod entgegen. Auch er stieß einen Schrei aus.
Einen Kampfschrei!
Wieder schlug der Dämon zu. Diesmal sollte Suko das Ziel sein, doch der Chinese besaß meisterhafte Reflexe. Bevor die Klinge auch ihn durchbohren konnte, warf er sich zur Seite. Anschließend schnellte er hoch und hämmerte mit voller Wucht seine Handkante gegen den Schädel des Schwarzen Tods.
Ein normaler Mensch hätte diesen Schlag nicht überstanden. Doch der Schwarze Tod war ein Dämon. Er wurde zwar zurückgeworfen, aber er steckte den Hieb kurzerhand weg.
Zu einem nächsten Schlag kam Suko nicht mehr, denn der Schwarze Tod drehte sich um die eigene Achse und verschwand. Er löste sich auf, war plötzlich weg. Die Kenntnisse einer uralten Magie gestatteten ihm dies.
Genau in dem Augenblick hielt ich mein Kreuz in der Hand. Es war jedoch zu spät, diese Waffe einzusetzen.
Aus den Augenwinkeln sah ich, wie Jane Collins aufstand. Ich hörte Sheila weinen, und plötzlich war Bill Conolly neben mir, während sich Suko noch immer wild umschaute.
Sekundenlang trat eine grauenvolle, bedrückende Stille ein. Niemand wußte ein Wort zu sagen, die schrecklichen
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