0081 - Der Sensenmann als Hochzeitsgast
schmückten den Altar, und der Geruch von Weihrauch kitzelte meine Nase.
Es war eine katholische Trauung, und die beiden Brautleute mußten bis zum Altar vorschreiten, wo extra für sie eine Bank bereitstand. Zwei Meßdiener assistierten dem Priester. Der Organist hatte sein Spiel eingestellt.
Es wurde ruhig.
Noch ein letztes Hüsteln, ein Räuspern, dann Stille.
Wir standen in der ersten Reihe. Jane, Sheila, Shao, Suko, Bill und ich. Arm an Arm standen wir dort und erinnerten in unserer Bewegungslosigkeit an Denkmäler. Es war selten, daß wir alle beieinander sein konnten.
An diesem Tag war solch ein Augenblick, und ich spürte förmlich das unsichtbare Band, das uns zusammenhielt. Diese Menschen waren meine Freunde, auf die ich mich hundertprozentig verlassen konnte, wenn Not am Mann war.
So etwas fand man wirklich nicht oft.
Und ein weiterer Freund heiratete. In der Tat hatte sich Will Mallmann im Laufe der Zeit zu einem wahren Freund entwickelt. Er stand auf unserer Seite, und auch er wußte, welche Gefahren der Menschheit aus einer anderen Welt drohten. Trotzdem hatte Will Mallmann seine Menschlichkeit bewahrt, und das schätzte ich so sehr an ihm. Er war kein Sprücheklopfer, eher ein in sich gekehrter Mensch, doch was er sagte, das hatte Hand und Fuß.
Ich hoffte für ihn, daß er die richtige Frau gefunden hatte, und nicht nur ich drückte ihm beide Daumen, sondern wir alle. Der Priester hielt eine kurze Ansprache. Er redete über das Sakrament der Ehe, über die Treue in guten und schlechten Zeiten. Er sprach über Werte, die für viele Menschen null und nichtig waren, die jedoch die Zeiten überdauert hatten.
Ich spürte, wie Jane Collins meinen Arm drückte, und konnte mir vorstellen, was sie dachte.
Natürlich hatten auch wir beide schon über eine Heirat gesprochen, aber wir wollten uns nicht gegenseitig die Selbständigkeit nehmen. Jane war durch ihren Beruf viel unterwegs – ich ebenfalls. Und eine Feierabendehe ist für die Dauer nichts. Um so mehr freuten wir uns, wenn wir uns trafen. Oft auch beruflich.
Hinter uns in der Reihe standen Wills Kollegen. Ich warf einen raschen Blick über die Schulter und schaute nach, ob die Kinder vielleicht nicht doch noch kamen.
Mein Blick traf nur das verschlossene Portal.
Innerhalb der Kapelle brannten nur Kerzen. Die Ecken und Winkel verschwammen im Dämmerlicht. Der Steinboden glänzte wie frisch poliert.
Der Priester nahm jetzt die Trauung vor.
Karin Becker und Will Mallmann wechselten die Ringe. Sheila Conolly holte ein Taschentuch hervor und putzte sich die Nase.
Auch Janes Augen waren feucht.
Will Mallmann stand leicht gebeugt, Karin Becker rechts neben ihm. Er schob seiner Frau den Ring über den Finger.
Jetzt war Karin an der Reihe.
Danach legten sie die Hände zusammen, und der Pfarrer segnete den heiligen Bund der Ehe.
Von diesem Augenblick an war Kommissar Will Mallmann verheiratet!
Von meinem Platz aus sah ich, wie Will tief durchatmete. Mit einer fahrigen Bewegung wischte er sich über die Augen. Auch ihn hatte diese Trauung mitgenommen.
Der Priester lächelte. Er wünschte den beiden noch recht viel Glück und Gottes Segen für ihre Ehe und schüttelte ihnen die Hände.
Die Formalitäten sollten später erledigt werden.
Die Orgelmusik setzte wieder ein. Fröhliche Klänge, der Hochzeitsmarsch aus. »Ein Sommernachtstraum.«
Wir warteten, bis die beiden Mallmanns sich gedreht hatten, um an den Bänken vorbei wieder zurückzugehen. Karin hielt dabei den Kopf etwas gesenkt. Vielleicht sollte niemand ihre Tränen sehen.
Will ging aufrecht. Er war stolz auf seine Frau und zeigte dies auch. Das Lächeln lag wie festgefroren auf seinem Gesicht. Als sich unsere Blicke trafen, kniff er mir ein Auge zu.
Ich blinzelte zurück.
Alles klar, wir verstanden uns.
Die beiden Mallmanns schritten als erste, dann folgten Jane Collins und ich. Die anderen hatten sich ebenso aufgeteilt wie auch schon beim Einmarsch in die Kirche.
Der Organist hatte wohl besonders viel Trinkgeld erhalten, denn er spielte, daß es ein Genuß war, der Musik zuzuhören. Gemessen schritten wir dem Ausgang entgegen. Lächelnd die Gesichter. Manche Frauen hatten verweinte Augen, aber das gehörte eben dazu.
Die beiden Meßdiener hielten das Portal auf.
Karin und Will nickten ihnen zu, als sie an den Jungen vorbeischritten.
Ich dachte darüber nach, wie schnell doch alles ging.
Vor kurzem erst hatte Will Mallmann die Frau kennengelernt, jetzt war er schon mit
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