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0082 - Die Falle im Todesschloß

0082 - Die Falle im Todesschloß

Titel: 0082 - Die Falle im Todesschloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hrdinka
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die Tür zum Zimmer auf.
    Im nächsten Augenblick vermeinte sie, ihr Herz müßte zu schlagen aufhören!
    Ihr starrer Blick war auf Jean-Paul gerichtet, der inmitten des Zimmers auf einem zerfledderten Schaffell lag, neben ihm den riesigen, dunkelgrauen Wolfshund, der ihm übers Gesicht leckte und mit ihm spielte.
    Louis Creux saß, die Pfeife im Mund, in einem wurmstichigen Lehnstuhl und beobachtete lächelnd das Kind und den Hund.
    »Jean-Paul! Wenn du nicht sofort…« Sie nahm sich erst gar nicht die Zeit den Satz zu beenden, sondern machte einen raschen Schritt auf ihren Sohn zu.
    Der Hund fuhr herum. Knurrend riß er das hechelnde, zähnestarrende Maul auf. Er wollte sich auf die Frau stürzen, aber ein peitschender Befehl seines Herrn riß ihn zurück.
    »Entschuldigen Sie, Madame!« Creux erhob sich aus dem Lehnstuhl.
    Sein Erscheinungsbild wurde nicht nur durch die zerschlissene Kleidung, die er trug, geprägt, sondern auch durch seine breiten Schultern und sein etwas derbes, markantes Gesicht. Schlohweißes, beinahe schulterlanges Haar und der Vollbart ließen Creux noch wilder erscheinen, als er vielleicht war. Über den blauen, stechenden Augen wölbten sich dichte Brauen, die zu einem dicken Strich zusammenwuchsen. Die breitgedrückte Nase erinnerte an die eines Negers, die wulstigen Lippen standen etwas vor.
    Als er den Mund auftat, konnte Françoise deutlich die Lücken zwischen den gelben Zahnstumpen sehen.
    »Ich bitte Sie nochmals um Verzeihung, Madame…«
    »Schluß mit dem Gequatsche!« unterbrach Françoise Derray den alten Mann schneidend. »Ich dulde nicht, daß sich mein Sohn hier aufhält! Ich werde dafür sorgen, daß er nie wieder zu Ihnen kommt! Außerdem gebe ich Ihnen den guten Rat, das Angebot der Grundstücksmakler anzunehmen, und schleunigst von hier zu verschwinden!« ergoß die wütende Frau ihren Redeschwall auf Louis Creux, der jetzt wieder die Schultern hängen ließ und müde den Kopf schüttelte.
    »Verstehen Sie doch«, versuchte er beinahe resignierend zu kontern. »Jean-Paul ist der einzige hier, der noch mit mir spricht. Bevor ihr mit euren neuen Häusern gekommen seid, war das anders. Viele Kinder kamen zu mir und zu den Hunden, um mit ihnen zu spielen…« Der Alte unterbrach sich selbst. »Aber ich weiß, das ist alles vorbei. Ihr habt die Stadt gegen mich aufgehetzt. Ich bin ja mit meiner alten Hütte ein Schandfleck.«
    »Sie können einem aber mächtig auf die Tränendrüsen drücken!« sagte die Frau ungerührt. Sie hatte Jean-Paul bei beiden Händen gepackt und zog ihn mit sich zur Tür hinaus. Der Wolfshund strich winselnd um seine Füße.
    »Was hast du denn da, komm schon, zeig her!« Françoise Derray merkte, daß Jean-Paul etwas in der Hand hielt, und sie zerrte daran, bis eine kleine, selbstgenähte, schmutzige Stoffpuppe zum Vorschein kam.
    »Pfui Teufel, die ist aber schmutzig!« Mit einer wütenden Handbewegung riß sie den Kopf der Puppe ab und schleuderte beides in eine Ecke des Vorraumes.
    »Mamie, was hast du nur getan!« schluchzte Jean-Paul los, »sie ist…«
    Der Rest des Satzes ging in einem schrillen Aufschrei der Frau unter, denn der Wolfshund hatte sie plötzlich angesprungen und seine spitzen Zähne in ihren rechten Unterarm gebohrt. Er ließ erst los, als Creux im Türrahmen erschien und einen schneidenden Befehl brüllte.
    »Jetzt geht es Ihnen an den Kragen, Creux!« kreischte Françoise Derray.
    ***
    Die Sitzung war für zehn Uhr Vormittag einberufen worden.
    Professor Zamorra stoppte seinen Wagen vor dem Rathaus, das im wuchtigen, gotischen Stil errichtet, der dominierende Anblick des Hauptplatzes war. Hastig versperrte er die Wagentür und betrat durch die weit geöffnete Tür das Rathaus, stieg, zwei Stufen auf einmal nehmend, in den ersten Stock hinauf, wo sich der Sitzungssaal befand, trat ein und setzte sich auf einen der noch freien Plätze.
    Obwohl die dicken, schweren Samtvorhänge die Fenster freigaben, fiel kaum Licht in den Saal. Vor den Fenstern waren kreuzförmige Holzverkleidungen angebracht, die sich zwar sehr gut von außen her in den Baustil einfügten, im Inneren aber recht deutlich an ein Gefängnis erinnerten.
    Der Bleikristallüster, von diversen Lampen an den Längsseiten verstärkt, sorgte für ein warmes, angenehmes Licht. Die Sitzbänke waren aus dunkel gebeiztem Hartholz, reichlich mit Schnitzereien verziert. Ein Podest zog sich über die gesamte Saalbreite, dahinter hochlehnige, gewaltige Stühle, prunkvoll

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