0084 - Er starb an meiner Stelle
sehr, sehr fleißig gearbeitet haben. Würden Sie so freundlich sein, mit hinab in die Diele zu kommen?«
»Sicher —ja — natürlich. Aber was soll ich da?«
»Ich möchte Sie mit einem Kollegen von mir bekannt machen.«
»Das ehrt mich natürlich sehr. Aber würden Sie mir nicht verraten, was eigentlich der Grund Ihres Besuches ist? Sie sprachen von einem Verbrechen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß ich oder mein Onkel ,in ein Verbrechen verwickelt sein könnten…«
»Sie werden alle notwendigen Aufklärungen noch erhalten. Im Augenblick kann ich nicht mehr sagen. Würden Sie so freundlich sein mitzukommen?«
Er nickte verwirrt.
Vor der Tür blieb ich stehen, öffnete sie, machte eine kleine Verbeugung und sagte: »Nach Ihnen!«
Er fiel darauf herein und ging vor mir hinaus. Ich klinkte die Tür ein und ging mit ihm hinunter. Der Butler und Phil hielten sich noch immer in der Diele auf. Ich machte Phil mit Steve Lorrence bekannt. Wir setzten uns alle in die supermodernen Sitzmöbel in der Diele.
Der Butler hatte sich anscheinend inzwischen sehr reichlich Whisky einverleibt, denn seine Nase und seine Ohrläppchen zeigten die verdächtige Rötung, die entweder große Kälte oder viel Alkohol hervorrufen. Er gab sich krampfhaft Mühe, nicht betrunken zu erscheinen. Der Neffe hingegen rutschte unruhig in seinem Sessel hin und her.
Nachdem ich mir die beiden ungleichen Männer eine Weile betrachtet hatte, fragte ich den Butler: »Wieviel Paar weiße Handschuhe besitzen Sie eigentlich?«
Er sah mich völlig verdattert an. »Weiße Ha-Handschuhe?« stammelte er.
»Ja. Wieviel haben Sie?«
»Fünf oder sechs Paar.«
»Und wo verwahren Sie sie?«
Er stand auf und ging betont langsam, um seine Unsicherheit zu verbergen, zu einem Wandschrank, der in die Wand so geschickt eingebaut war, daß ich ihn bisher für Holztäfelung gehalten hatte. Er zog eine Schublade heraus und sagte: »Hier drin. Ich muß sie gleich bei der Hand haben, wenn es nötig ist, sie zu wechseln.«
»Vermissen Sie ein Paar?«
Ich fragte es ganz nebenbei. Der Butler sah mich an, als zweifle er an meinem Verstand.
»Sehen Sie nach!« befahl ich.
Er kramte in der Schublade und besah sich jedes Handschuhpaar sehr gründlich.
»Ja, in der Tat«, murmelte er nach einer Weile. »Ein Paar fehlt! Ich weiß es ganz genau. Ich habe nur ein Paar von Woolworth, alle anderen habe ich bei Brockson gekauft. Das Woolworth-Paar fehlt!«
Ich hätte ihm sagen können, wo es war. Die blutbefleckten Handschuhe, die ich aus seinem Abfalleimer herausgeholt hatte, trugen auf der Innenseite ein kleines Woolworth-Etikett. Aber ich hütete mich, meine Trümpfe zu früh auszuspielen.
Wir hatten keine Zeit, weiter über die verlorenen Handschuhe zu diskutieren, denn draußen ertönte das ungeduldige Hupen mehrerer Wagen.
»Lassen Sie die Wagen herein!« befahl ich dem Butler. »Die Mordkommission ist da!«
»Mordkommission?« stotterte der Neffe entsetzt.
Ich gab ihm keine Antwort. Phil öffnete die Haustür, während der Butler auf den Knopf für den elektrischen Türöffner drückte. Die Wagen unserer Mordkommission rollten den Kiesweg herauf und hielten. Laut knallten die Wagentüren, als die Mitarbeiter ausgestiegen waren. Voran kam Allan Boyd die Treppe heraufgestürmt.
»Hallo, Phil!« begrüßte er meinen Freund, und als er in die Diele gekommen war, mich: »Hallo, Jerry!«
Ich ging ihm entgegen.
»Phil«, raunte ich leise, »laß den Neffen nicht aus den Augen! — Allan, schnell, ich muß dir einen Tip geben, der vielleicht etwas wert ist.«
Allan sah sich kurz um, nickte dem Butler und dem jungen Lorrence zu und ging dann mit mir noch einmal hinaus auf die Freitreppe.
»Der junge Mann ist der Neffe von Chester Lorrence«, erklärte ich ihm. »Du hast den Namen Chester Lorrence sicher schon gehört — Ja, der Millionär und Börsenrubber. Der ist ermordet worden. Ich weiß nicht, ob der Butler oder der Neffe mit dem Mord etwas zu tun haben, aber einer von beiden ist bestimmt in die Geschichte verwickelt. Du solltest sofort den Neffen im Einsatzwagen verhören lassen.«
Allan hatte genau zugehört.
»Schön, gut, will ich gern machen lassen, aber woher sollen unsere Vernehmungsbeamten Überhaupt wissen, in welche Richtung sie vor allem ihre Fragen zu lenken haben?«
Ich grinste.
»Jetzt beim ersten Verhör spielt das überhaupt keine Rolle. Die Hauptsache ist nur, daß der Neffe für ein paar Minuten draußen im Einsatzwagen festgehalten
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