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0084 - Er starb an meiner Stelle

0084 - Er starb an meiner Stelle

Titel: 0084 - Er starb an meiner Stelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Er starb an meiner Stelle
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eine Zigarette aus dem Päckchen und zündete sie an. Mit einer knappen Handbewegung lehnte er die Hilfe des Arztes dabei ab.
    Dann sprach er weiter, monoton und langsam: »Sie werden sich wundern, warum ich Ihnen das erzähle, was? Ich will es Ihnen sagen, Doc. Schon an dem Tage hätte ich abkratzen müssen, weil es 14 Stunden dauerte, bis sich die erste Schwester um mich kümmern konnte…«
    »Was hatten Sie?« erkundigte sich der Arzt interessiert.
    »Granatsplitter im Oberschenkel und einen Bauchschuß…«
    »Oh«, sagte der Arzt nur.
    »Das Schlimmste war das Blut, das aus der Beinwunde lief. Irgendeine Ader war zerfetzt. Das Blut kam schneller, als es gerinnen konnte.«
    »Dann ist es aber ein Wunder, daß Sie damals nicht verblutet sind.«
    Crack lachte kurz auf. Es war ein hartes Lachen, das wie aufeinanderschlagendes Metall klang.
    »Ein Wunder? No, Doc, nicht ganz. Ich habe mir selber das Bein abgebunden.«
    »Mit einem Bauchschuß?« rief der Arzt und wurde blaß.
    Crack machte eine wegwerfende Geste.
    »Ich weiß, ich weiß. Es hört sich an wie ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht. Aber was sollte ich denn machen? Ich fühlte, wie das Blut lief und lief. Ich war ja nicht bewußtlos!«
    »Bei Bauchschüssen findet man das oft«, murmelte der Arzt.
    »Sie verstehen auch was von solchen Sachen, was?« Crack grinste knapp. »Na ja, wie gesagt, ich tat’s und hatte Glück. Und jetzt will ich Ihnen sagen, warum ich Ihnen meine Heldengeschichte unter die Nase halte, Doc: Ich muß hier raus. Und zwar noch heute abend!«
    Der Arzt öffnete den Mund, aber er bekam keinen Laut heraus.
    Crack nickte und wiederholte eindringlich: »Ich muß hier raus und zwar noch heute abend!«
    Der Arzt fand endlich seine Sprache wieder.
    »Das ist ganz und gar unmöglich!« erklärte er.
    Crack stimmte ironisch zu.
    »Das ist mir klar. Von zehn Dingen, die ich während des Krieges tun mußte, waren jeweils acht unmöglich — für friedliche Zeiten. Trotzdem wurden sie getan, weil sie getan werden mußten.«
    »Aber Sie sind erst vor fünf Tagen operiert worden! In der Schulter haben Sie noch die Fäden!«
    »Na und?«
    »No, Mr. Crack. Sie geben sich Illusionen hin! Es ist unmöglich!«
    »Für Sie!« erwiderte Crack trocken. »Und trotzdem sage ich Ihnen, daß ich heute nacht, so zwischen zwei und vier Uhr früh, dieses gastliche Haus hier verlassen werde. Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder Sie sind so freundlich und machen mir vorher noch ein paar Verbände, in denen man sich besser bewegen kann als in diesen augenblicklichen Verschnürungen, oder ich werde mir draußen die Verbände selber abreißen und mir selber neue anlegen oder von einem Freund, der allerdings nicht Arzt ist, anlegen lassen.«
    »Aber Mr. Crack! Die Ärztekammer würde mich zu Recht ausschließen, wenn sie erfährt, wenn sie erfährt, daß ich Ihnen geholfen habe hinauszukommen!«
    »Wenn sie es erfährt, sehr richtig! Aber sie wird es nicht erfahren! Denn ich werde eben morgen früh einfach nicht mehr dasein! Verstehen Sie? Natürlich verdufte ich, ohne es irgendeinem auf die Nase zu binden!«
    »Aber mir…« murmelte der Arzt verständnislos.
    »Ihnen? Ausgerechnet Ihnen sollte ich etwas gesagt haben? Ein Mann, der die Absicht hat, aus dem Krankenhaus auszureißen, wird es doch nicht gerade dem behandelnden Arzt auf die Nase binden! Verstehen Sie denn nicht, Mann?«
    »No!« sagte der Arzt treuherzig.
    Crack atmete tief. Dann versuchte er es noch einmal.
    »Also passen Sie auf: Ich bitte Sie hiermit in aller Form, mir leichtere Verbände zu machen, weil ich in diesen nicht mehr liegen kann. Verstanden? Sie aber haben den Verdacht, ich könnte so verrückt sein und auszureißen versuchen. Diesen Verdacht haben Sie! Deswegen machen Sie mir zwar die leichteren Verbände, aber Sie sagen den beiden Polizisten vor meiner Tür, daß Sie mich notfalls mit Gewalt daran hindern sollen, dieses Zimmer zu verlassen. Mehr Sicherheitsmaßnahmen können Sie ja schlechterdings nicht treffen, nicht?«
    Der Arzt lachte.
    »Nein, da haben Sie recht. Ich verstehe zwar nicht, worauf dieses Theater hinauslaufen soll, aber okay, damit bin ich einverstanden. Ich mache die erbetenen Verbände und sage den Cops Bescheid…«
    Er ging zur Tür, um einer Schwester zu klingeln, damit diese ihm beim Wechseln der Verbände behilflich sein konnte.
    Aber bevor er den Daumen auf den Klingelknopf legen konnte, drehte er sich noch einmal um und sagte leise: »Sie glauben doch wohl

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