Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0084 - Er starb an meiner Stelle

0084 - Er starb an meiner Stelle

Titel: 0084 - Er starb an meiner Stelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Er starb an meiner Stelle
Vom Netzwerk:
kann sich das als Agent der Gegenspionage nicht leisten. Irgenwo steht man im Gästebuch eines Hotels als Sin Li Tang in chinesi- scher Maske, und dann schreibt man einen Brief an eine gewisse Mrs. Morris und fängt an mit: Liebe Schwester! — Das wäre so das richtige Fressen für die Kollegen von der Gegenseite…
    Die Wolkenkratzer von Manhattan wuchsen empor. Crack reckte den Kopf zur Seite. Da war es wieder, sein New York, sein Manhattan, mit den Straßenschluchten, mit dem ganzen lärmenden Trubel seiner Millionenstadt.
    Eine gute Stunde lang ließ er sich kreuz durch Manhattan fahren. Plötzlich fiel ihm ein Lokal ein, in dem er früher oft gewesen war, und er ließ sich daran vorbeifahren. Mein Gott, wie lange war das her? Eine Ewigkeit? Zwei?
    »Fahren Sie zur 25. Straße Ost«, sagte er, als er endlich genug hatte. »Nummer 1847. Da wohnt meine Schwester.«
    »Also doch Amerikaner!« stellte der Fahrer beruhigt fest.
    »Ja. Nur 23 Jahre draußen gewesen.«
    Der Fahrer nickte verständnisvoll.
    »Deshalb die Bundfahrt! Kann ich verstehen. Ich war auch sechs Jahre draußen. Iwo-Jima und ähnliche Drecknester. Saukrieg! Als ich nach Hause kam, habe ich’s genau wie Sie gemacht, Mister: Rundfahrt durch Manhattan.«
    Sie redeten ein bißchen über den Krieg. Knapp und mehr andeutungsweise, wie es alle Männer tun, die den Krieg aus nächster Nähe mitgemacht haben. Ohne Prahlerei und mit dem Wissen, daß es gar keine schlimmere Hölle geben kann als die, durch die man schon gegangen ist.
    Dann war er da. Er stieg aus. Er wollte bezahlen.
    Der Fahrer schüttelte den Kopf.
    »Die Tour geht auf meine Börse. Dafür rufen sie die Nummer an und verlangen Sie Jimmy, wenn sie mal ’n Taxi brauchen.«
    Crack steckte die Karte ein.
    »Danke«, sagte er.
    Der Fahrer tippte an die Mütze und fuhr an.
    Crack sah am Hause hinauf, als ob er im 20. Stock irgend etwas erkennen könnte.
    Ob ich ihnen ungelegen komme? dachte er. Ich hätte mich doch besser anmelden sollen. Ehepaare sind schließlich keine Nachtlokale, wo man kommen kann, wann man will…
    Alter Quatschkopf! dachte er gleich darauf. Die freuen sich, daß sie dir den Kopf abreißen werden! Ist doch logisch!
    Er fuhr mit dem Fahrstuhl hinauf.
    Er klingelte.
    Eine fremde Frau öffnete. Sie sah ihn mißmutig an.
    »Bitte?«
    Er stotterte vor Verwirrung: »V-Verzeihung, i-ich muß mich geirrt haben. Ich suchte Apartment 18-24. Muß mich geirrt haben. Bin wohl eine Etage zu tief ausgestiegen. Entschuldigung!«
    Die Frau schüttelte den Kopf.
    »Dies ist Apartment 18-24!« stellte sie mit Betonung fest.
    »Oh, dann ist es ja gut«, seufzte er. »Dann sind sie eine Freundin von meiner Schwester, was? Ich — ich bin nämlich Bob, Bob Crack, wissen Sie?«
    Der Name schien ihr überhaupt nichts zu sagen.
    »Von welcher Schwester reden Sie denn dauernd?«
    »Na, von meiner! Mrs. Morris! Das ist meine Schwester! Die wohnt doch hier?«
    »Mr. Morris! Junger Mann, drehen Sie sich um und suchen Sie anderswo! Hier wohne ich seit Jahren!«
    »Aber…«
    Die Tür flog ihm vor der Nase zu.
    Achselzuckend wandte er sich ab. Während er wieder hinabfuhr, überlegte er.
    Ganz einfach, sie werden umgezogen sein. Du meine Güte, täglich ziehen Tausende auf der Welt aus tausenderlei Gründen um. Ein ganz alltäglicher Vorgang. Nur dumm, daß ich ihre neue Adresse nicht weiß…
    In Deutschland wäre das ja einfach. Da gibt es extra ein Amt, das genau wissen muß, wo jeder wohnt. Die regeln ja alles genau. Aber hier?
    Er suchte das nächste Lokal auf, stellte sich an die Theke, schoß einen Zwanzigdollarschein über die Theke und murmelte ganz leise, damit es außer dem Wirt keiner hören konnte: »FBI. Stellen Sie mir das Telefon hierhin. Ich habe ’ne verfluchte Masse zu telefonieren.«
    Wie üblich wirkten die drei Buchstaben »FBI«.
    Er rief sämtliche -zig Polizeireviere in Manhatten an. Dazu brauchte er fast drei Stunden. Eine Mrs. Morris war nirgends bekannt, jedenfalls nicht die, die er meinte. Andere gab’s massenweise. Daß seine Schwester kein Telefon mehr haben konnte, hatte er schon zu seiner Verwunderung im Telefonbuch von Manhattan festgestellt, bevor er überhaupt anfing, die Reviere anzurufen.
    Der Finger tat ihm weh vom Nummernwählen, als er mit dem letzten Revier gesprochen hatte. Erschöpft ließ er den Hörer auf die Gabel sinken.
    »Noch einen Whiskey«, sagte er.
    Dann bezahlte er reichlich und rief Jimmy an.
    »Fahren Sie mich hinaus in die Bronx!« murmelte

Weitere Kostenlose Bücher