0086 - Kreuzfahrt der Skelette
ausgestorben. Die Boote verlassen. Keine Menschenseele zeigte sich.
Aus einer nahe gelegenen Kneipe drang Musik. Ich hörte Männer lachen. Und wo waren Suko und Inspektor Mae?
Es zog mich zum Leuchtturm. Ich begab mich dorthin, kam am finsteren Dockgelände vorüber, warf einen Blick zum tintigen Nachthimmel hinauf und stellte fest, daß wir Neumond hatten.
Weit und breit war nichts von Suko und Mae zu entdecken. War das bereits ein Grund, sich zu beunruhigen?
Suko war ein guter Kämpfer. So leicht konnte man ihn nicht unterkriegen. Aber auch er hatte irgendwo seine Grenzen. Schließlich war er kein Übermensch.
Ich erreichte den Leuchtturm. Vorsichtig näherte ich mich dem Eingang. Links davon hing eine Tafel, die verkündete, daß der Turm einsturzgefährdet sei und das Betreten daher jedermann untersagt wäre. Ich begab mich trotzdem in den Turm.
Schutt türmte sich vor mir auf. Meine Schuhspitze stieß gegen einen Gegenstand aus Metall.
Es handelte sich um eine Beretta.
Um Sukos Beretta!
Nie im Leben hätte er sich davon freiwillig getrennt. Was hatte sich in diesem Leuchtturm abgespielt?
Ich verließ das altersschwache Bauwerk.
»Pst!« machte plötzlich jemand. Ich zuckte herum und hob Sukos Silberkugel-Beretta. »John!« flüsterte jemand.
Meine Augen versuchten die Dunkelheit zu durchdringen. Ich hörte Schritte. Und dann sah ich Inspektor Jeffrey Mae.
Er winkte mich aufgeregt zu sich, sah sich immer wieder beunruhigt um, als befürchtete er, entdeckt zu werden.
»Kommen Sie her, John! Schnell!«
Ich ließ die Pistole sinken und entspannte mich. Auf Jeffrey Mae brauchte ich nicht zu schießen. Er stand auf meiner Seite.
Ich eilte auf den Inspektor zu. »Habt ihr Woodland erwischt?«
»Nein.«
»Ist etwas schiefgelaufen?«
»Leider ja.«
»Was? Wo ist Suko?« fragte ich hastig.
»Es tut mir leid, John…«
»Was tut Ihnen leid? Was ist Suko zugestoßen? Mann, so reden Sie doch!«
»Wir entdeckten Woodland auf dem Dockgelände«, berichtete Inspektor Mae. »Wir wollten ihn in die Zange nehmen. Es war Sukos Vorschlag. Aber die Sache hat nicht geklappt, weil Ron Woodland nicht allein auf dem Gelände war. Ray Thornton und Bob Neeson waren bei ihm. Wir hatten davon keine Ahnung.«
»Was ging daneben?« fragte ich den Inspektor drängend.
»Ich geriet an Thornton und Neeson. Sie verwandelten sich, wurden zu Skeletten…«
»Genau wie Keith Kalley«, warf ich ein.
»Was ist mit Kalley?«
»Er existiert nicht mehr. Er gehörte zu Mort Diabellos Mannschaft. Ebenso wie die drei Fischer. Er ließ mir keine andere Wahl, ich mußte ihn mit einer geweihten Silberkugel vernichten.« Ich berichtete in Schlagworten.
»Gab es wirklich keine andere Möglichkeit mehr…«
»Glauben Sie mir, Jeffrey, ich hätte ihm die Chance gegeben, wenn es möglich gewesen wäre. Ich bin kein schießwütiger Teufel. Thornton und Neeson machten Sie also fertig.«
»Ja. Ich setzte mich zwar verzweifelt zur Wehr, aber ich war ihnen nicht gewachsen. Sie schlugen mich bewußtlos.«
»Und Suko?«
Jeffrey Mae hob die Schultern. »Das letzte, was ich mitbekam, war, daß Ihr Freund in Richtung Leuchtturm davonstürmte. Er war hinter Ron Woodland her, glaube ich.«
»Konnte er Woodland stellen?«
»Nein.«
»Wieso wissen Sie das? Sie waren doch ohnmächtig.«
»Ich war es nicht lange. Als ich wieder zu mir kam, war ich allein. Und nicht einmal gefesselt. Thornton und Neeson dachten wohl, daß meine Bewußtlosigkeit länger anhalten würde. Ich beobachtete sie. Sie suchten Suko.«
»Haben sie ihn gefunden?« fragte ich. Meine Nerven vibrierten.
»Sie stöberten ihn im Leuchtturm auf. Als Neeson und Thornton den Turm betraten, kletterte Suko durch das Fenster ins Freie. Dort erwartete ihn Ron Woodland. Er fiel sofort über Ihren Freund her. Suko versuchte ihn auszuschalten. Ich wollte in den Kampf eingreifen, hatte die Absicht, Suko beizustehen, doch Neeson und Thornton waren schneller zur Stelle. Ich mußte erkennen, daß es keinen Sinn gehabt hätte, gleichfalls gegen diese verfluchten Skelette anzutreten. Also blieb ich, wo ich war, und beschränkte mich aufs Beobachten.«
Mir gefiel Maes Geschichte nicht. Die Feigheit des Inspektors hatte es den Knochenmännern leicht gemacht, Soku zu überwältigen und fortzuschaffen.
Jeffrey Mae stellte sein Stillhalten nun als eine taktische Maßnahme dar, doch das war sie nicht. Vielleicht wäre Sukos Abtransport noch zu verhindern gewesen, wenn Mae mutig eingegriffen
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