0086 - Kreuzfahrt der Skelette
ist?«
»Niemand zwingt Sinclair, gegen Diabello zu kämpfen«, behauptete Cary Walters.
Morris Eggar blickte ihm ärgerlich in die wasserhellen Augen. »Mann, du bist vielleicht eine Träne. Sinclair setzt für dich sein Leben aufs Spiel, und du behauptest, daß ihn dazu niemand zwingt. Willst du es nicht für ihn tun?«
Walters erschrak. Er zuckte zusammen. »Ich? Warum ausgerechnet ich? Ich lebe nicht allein in Harwich.«
»Was wirst du machen, wenn Mort Diabello Harwich stürmt?«
»Er wird rennen, daß die Absätze von seinen Schuhen davonfliegen«, sagte Tovath Davis grinsend.
Davis war Eggars bester Freund. Er trug einen dunkelblauen Rollkragenpullover und wirkte genauso kräftig wie sein Freund.
Die Männer lachten. Walters schüttelte wütend den Kopf. »Es wird nicht dazu kommen. Diabello wird Harwich nicht angreifen.«
»Es heißt, daß er eines Tages an Land kommen wird«, sagte Tom Hillerman, ein zäher Bursche, der oft mit Eggar und Davis zusammen war.
»Eines Tages. Vielleicht«, sagte Cary Walters. »Aber bis dahin tut uns allen schon kein Knochen mehr weh.«
Eggar sah einen nach dem andern an. Schließlich sagte er: »Was haltet ihr davon, John Sinclair unsere Hilfe anzubieten?«
Cary Walters hob beide Hände, als wollte er etwas Schreckliches abwehren. »Ohne mich. Mit mir dürft ihr nicht rechnen, Jungs. Das ist mir zu gefährlich.«
»An dich habe ich bei meinem Vorschlag auch gar nicht gedacht«, sagte Morris Eggar kalt. »Du wärst für uns ohnedies nur ein Klotz am Bein.«
»Du machst dir doch schon die Hosen naß, wenn du deinen eigenen Schatten siehst«, sagte Tovath Davis lachend.
Cary Walters ergriff sein halb volles Bierglas und erhob sich. Er hatte die Absicht, die Runde zu verlassen und sich an einen anderen Tisch zu setzen, an dem nicht so gefährliche Reden geführt wurden. Bevor er ging, sagte er: »Überlegt euch gut, was ihr tut, Jungs. Es ist besser, fünf Minuten lang feige zu sein – als ein Leben lang tot.«
Morris Eggar bedachte Walters mit einem verächtlichen Blick. »Wenn alle so denken würden wie du, würde Harwich bereits Mort Diabello gehören.«
Cary Walters verdrückte sich.
Eggar wandte sich an seine Freunde. »Wie steht ihr zu meinem Vorschlag?«
Tovath Davis kratzte sich nachdenklich hinter dem Ohr. »Wir müssten mit dem höchsten Einsatz spielen«, gab er zu bedenken.
»Das ist klar«, sagte Eggar. »Harwich ist unser Zuhause. Ist es diesen Einsatz nicht wert? Möchtest du dich von Diabello verjagen lassen? Ich finde es nicht fair, den Geisterjäger aus London unsere Arbeit allein machen zu lassen. Wir sollten ihm wenigstens unsere Hilfe anbieten, damit er sieht, daß wir es wert sind, daß er für uns kämpft.«
Tom Hillerman nickte bedächtig. »Okay, Morris. Bieten wir Sinclair unsere Hilfe an.«
»In Neumondnächten soll es leichter sein, das Totenschiff zu finden«, sagte Morris Eggar. »Wir haben Neumond. Ob uns Patrick Austin sein Schnellboot leiht?«
»Bestimmt«, sagte Tovath Davis. »Solange wir von ihm nicht verlangen, die Fahrt mitzumachen, können wir von ihm alles haben.«
»Wie viele Feiglinge gibt es in Harwich eigentlich?« fragte Morris Eggar.
»Mehr als Ingenieure«, gab Tovath Davis zurück. Er und Tom Hillerman tranken aus. Dann verließen sie die Kneipe, um Patrick Austin aufzusuchen.
***
Breit und bedrohlich hockte das Geisterschiff auf den schwarzen Fluten des Meeres. Suko konnte nicht so schnell etwas aus der Fassung bringen, aber beim Anblick des Totenschiffes klopfte sein Herz doch merklich schneller.
Das Motorboot legte steuerbord an. Ray Thornton und Ron Woodland packten den schweren Suko und hoben ihn hoch.
Knochenarme streckten sich dem Chinesen entgegen.
Er wurde an Bord des Piratenschiffes gehievt. Unheimliche Gesellen, mit Säbeln und Dolchen bewaffnet, umringten Suko.
Bleiche Totenschädel grinsten ihn triumphierend an.
Thornton, Woodland und Neeson kletterten an Bord. Suko wurde vorwärtsgestoßen. Die Knochenpiraten bildeten eine schmale Gasse.
Mit Tritten und Stößen beförderten sie Suko weiter, bis er den Kreuzmast erreichte. Dort nahmen ihn zwei Skelette in Empfang und banden ihn am Mast fest. Suko starrte die Skelettpiraten wütend an. Er hätte sich am liebsten auf sie alle geworfen, um mit seinen Karatefäusten auf sie einzuschlagen. Doch er hing am Kreuzmast. Das Tau war ihm mehrmals um die voluminöse Brust geschlungen. Er hatte seine Lungen aufgepumpt, damit man ihn nicht zu fest an
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