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0088 - Der Guru aus dem Totenreich

0088 - Der Guru aus dem Totenreich

Titel: 0088 - Der Guru aus dem Totenreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franc Helgath
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asphaltierten Straße befanden sich die Hütten der Armen, kleine Händlerbuden. Eine etwa zehnköpfige Familie bewohnte die Ladefläche eines ausrangierten, verrosteten Lastwagens ohne Räder. Es ging auf Mittag zu. Die Bettler waren hier nicht so dreist wie in Delhi. Zamorra und Nicole blieben weitgehend unbehelligt.
    Ein junger Mann bot ihnen in schauderhaftem Englisch an, ihr Gepäck zu tragen. Zamorra lehnte ab. Die Gefahr, daß der Inder blitzschnell zwischen den halbverfallenen Buden verschwinden würde, war zu groß. Sie kämpften sich weiter durch die horrende Mittagshitze. Im Hochland von Dekan waren die Temperaturen noch mörderischer als in der Hauptstadt, die Menschen noch kleiner.
    Die Hunderte von Blicken, die auf ihnen ruhten, waren kaum mehr auszuhalten. Es war wie ein Spießrutenlaufen. Zumindest hatte Zamorra dieses Gefühl. Nicole ging so nah neben ihm, daß ihre Schatten zu einem verschmolzen.
    Sie hatten etwa einen halben Kilometer zurückgelegt, als hinter ihnen ein melodisches Hupen ertönte. Da Zamorra und Nicole fast in der Mitte der Straße gelaufen waren, sprangen sie schnell zur Seite. Neben ihnen hielt ein goldfarbener Cadillac. Nicht mehr das neueste Modell, aber doch so fremdartig in dieser Gegend wie ein Wal in der Wüste.
    Hinter dem Steuer saß ein bärtiger Mann mit einem schneeweißen Turban. Das seidig glänzende Tuch wurde über der Stirn mit einer Diamantspange zusammengehalten.
    Es summte, als der Scheibenhebermotor das eine Seitenfenster öffnete. Es drang kühl heraus aus dem Wagen. Der Caddy war vollklimatisiert.
    Zamorra stellte die Taschen in den Staub.
    »Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?« fragte der Bärtige in lupenreinem, nasal klingendem Oxfordenglisch. »Sie würden mir einen großen Gefallen erweisen.«
    Dabei sah der Mann hauptsächlich Nicole an, deren Schönheit auch Hitze und Schweiß nichts anhaben konnten. Sie hatte die Khakibluse bis zum Ansatz der festen Brüste aufgeknöpft.
    »Oh sorry«, sagte der Bärtige schnell. »Ich habe mich noch nicht vorgestellt. Mein Name ist Modjir Brahmul Al Fujieb.«
    Dieses »Al Fujieb« wies den Träger des Namens als Moslem aus. Die Mogulkaiser früherer Jahrhunderte hatten ähnliche Namen geführt. Obwohl der Mann saß, bemerkte Zamorra, daß er sehr viel hochgewachsener als die anderen Einwohner dieses Landstrichs war. Er mußte ungefähr seine Größe haben, war schlank, und seine Augen waren von einem tiefen Blau. Seine breiten Schultern umspannte ein weißer Kaftan, die Hose war westlich geschnitten. Um seine Mitte lag ein golddurchwirkter Gürtel, gehalten von einer Schnalle, die einen Drachenkopf symbolisierte.
    All das nahm Zamorra innerhalb einiger Sekundenbruchteile auf.
    Der Mann duftete nach einem westlichen Rasierwasser, Note männlichherb. Es ging eine Faszination von ihm aus, der Zamorra sich nicht entziehen konnte, obwohl gleichzeitig sein innerer Sinn für Gefahren Alarm schlug.
    Modjir Brahmul wirkte auch auf Nicole. Sie setzte ein gewinnendes Lächeln auf und beugte sich zum offenen Fenster hinab, wohl wissend, daß sie dabei einen Einblick in ihre obere, sehr weibliche Anatomie bot. Aber sie war noch nie eine große Fußgängerin gewesen.
    »Nicole Duval« stellte sie sich vor. »Und das«, sie wies auf ihren Brötchengeber, »ist Professor Zamorra.«
    Zamorra war es, als ob der Inder kurz zusammenzuckte. Doch er konnte sich auch getäuscht haben. Das Gesicht des Caddyfahrers blieb gleichbleibend freundlich. Doch jetzt betrachtete er sich den Dämonenjäger aus Frankreich näher. Momente ruhten ihre Blicke ineinander. Hatte Modjir Brahmul diesen Namen schon einmal gehört? Kannte er Professor Zamorra und seinen Ruf?
    Seinem Gesicht war nichts anzumerken.
    Er riß den Wagenschlag auf. »Steigen Sie doch ein, bitte. Sicher kann ich Ihnen auf irgendeine Art und Weise behilflich sein. Sie sind doch fremd in Nagpur?«
    »Ja«, antwortete Nicole, obwohl der Inder Professor Zamorra angeschaut hatte. »Wir sind fremd hier. Eine gräßliche Stadt. Es gibt keine Taxis.«
    Die aufgeworfenen Lippen Modjir Brahmuls verzogen sich zu einem asiatischen Lächeln. Die tiefblauen, fast violetten Augen lächelten nicht mit.
    »Die Stadt ist nicht gräßlich«, sagte er. »Sie ist anders. Hier in Indien ist vieles anders. Sie sind noch nicht lange im Land?«
    »Erst fünf Tage«, antwortete Nicole und kletterte neben den Mann in den kostbaren Gewändern in den goldfarbenen Cadalliac. Professor Zamorra nahm im Fond

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