0089 - Guckys große Stunde
haben, wo Cokaze und Thomas Cardif sich nach ihrer Notlandung auf der Venus aufhalten?"
„Weder, noch", erwiderte Bully mit auffälliger Gelassenheit. „Im Raum stecken sie nicht, das ist so gut wie sicher. Auf der Venus können sie nicht herumlaufen, sonst wären sie längst aufgespürt worden. Wir sollten uns schleunigst von der Vorstellung befreien, in Thomas nur den Deserteur zu sehen. Der verflixte Bengel ist dein Sohn, Perry, und ich glaube, daß man dir noch nie vorgeworfen hat, du seiest dumm. Also, dein Junge und Cokaze werden mit einem Walzenraumer unter Wasser gegangen sein und sich in einigen tausend Metern Tiefe auf dem Grund des Venusozeans aufhalten. Denn wo sollten sie sonst einigermaßen vor unseren Mutanten sicher sein?"
„Das erklärt aber immer noch nicht, warum über Mars und Venus die Springerflotte plötzlich ihren Start abgestoppt hat!"
„Den Grund dazu möchte ich auch gern wissen, Perry", erwiderte Bully unsicher.
*
Mit leichtem Funkeln in den Augen hatte Patriarch Cokaze das Fünf-Stunden-Ultimatum Rhodans vernommen. Er sah sich im Kreis um. Am längsten blieb sein Blick auf Thomas Cardif hängen. Er war der einzige, der unter Cokazes Blick etwas sagte.
„Besetzen Sie jetzt die Erde, Springer! Greifen Sie sofort an! Ich kenne Rhodans Taktik mit der Zeit zu gut. Mit seinem Ultimatum geht er nur auf Zeitgewinn aus. Springer, nach Ablauf dieses Ultimatums haben Sie keine Chance mehr! Das prophezeie ich Ihnen. Jetzt oder nie!"
Thomas Cardifs Art zu sprechen faszinierte und erschreckte. Ohne jede Gefühlsregung hatte er geredet. Sein Ton war nicht drängend, vielmehr gelassen, unnatürlich ruhig. Doch seine Stimme hatte geklirrt wie Eis. Dieser junge Mann kannte nur ein Ziel, den Menschen zu vernichten, der in seinen Augen der Mörder seiner Mutter war!
Alles andere interessierte ihn nicht. Ob er nach Rhodans Vernichtung selbst Administrator dieser neuen Arkonkolonie wurde oder nicht, war ihm völlig gleichgültig. Noch war sein politischer Ehrgeiz nicht geweckt. In dieser Hinsicht kannte er sich selbst nicht.
Den scharfen, forschenden Blick des Patriarchen hielt er gelassen aus. Nach seiner knappen Aufforderung hüllte er sich in Schweigen. Er ahnte nicht, was gerade jetzt die anderen Springer dachten: Sie sahen den jungen Perry Rhodan unter sich sitzen! Noch nie war der Sohn seinem großen Vater so ähnlich gewesen, wie in dieser Stunde.
„Springer, habt ihr vergessen, daß Rhodan den Galaktischen Händlern und auch den Aras bis heute eine Niederlage nach der anderen verpaßt hat? Ihr wart immer die Stärkeren gewesen, Rhodan war noch nie stark, und wie groß nun seine Raumflotte ist, wißt ihr ja selbst, doch er überlistet euch wieder und wieder. Und auch heute, Cokaze!"
Thomas Cardifs Arkonidenaugen blickten den Patriarchen mit dem Hochmut eines Arkoniden aus fürstlichem Geschlecht an.
„Gut", sagte Cokaze entschlossen. „Über die Sonde gebe ich den Startbefehl für meine Schiffe, aber du, Terraner ..." und in seinen Augen glomm ein drohendes Funkeln „... du wirst die Hölle bis zu deinem letzten Atemzug erleben, wenn sich herausstellen sollte, daß Rhodan dich als Spitzel zu mir geschickt hat!"
„Alter Narr!" erlaubte sich Thomas Cardif zu sagen und überhörte das erschreckte tiefe Luftholen der anderen Springer. Langsam stand er auf. Langsam legte er seine beiden Strahlwaffen ab. Es krachte, als er sie auf den Tisch warf. „Bist du jetzt wenigstens halbwegs zufrieden, Springer?" fragte er voll beißender Ironie. „Beratet ohne mich weiter. Ihr wißt ja doch alles besser. Ich dagegen will einmal die beiden gefangenen Terraner verhören, die sich aus ihrem abgeschossenen Zerstörer retten konnten!"
Mit weitausholenden Schritten ging er über das Hauptdeck. Ein Antigravlift brachte ihn drei Decks tiefer. Vor der Kabinentür, hinter der zwei Männer der Solaren Raumflotte gefangen saßen, stand ein Kampfroboter. Der Robot gab ihm den Eintritt zu dem Raum frei.
„Sir ..." Ein junger Mann, der auf seinem Bett gesessen hatte, war mit diesem überraschten Ausruf aufgesprungen. Dann erst erkannte er, daß nicht Perry Rhodan eingetreten war, sondern dessen Sohn.
Der zweite Terraner, ebenfalls in der schmucklosen Uniform der Raumflotte, stand hinter dem einfachen Tisch und hatte für Cardif nur ein verächtliches Lachen übrig.
„Meine Herren ..." begann Cardif und kam nicht weiter.
Der junge Mann, Val Douglas, der bei seinem Eintritt aufgesprungen war,
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