009 - Die Bestien
Grauen gepackt hatte. Hopkins schien ihnen äußerst verdächtig, vor allem, weil er verschwunden war. Sie wollten deshalb den Wald noch einmal durchsuchen, in der Annahme, dass er sich dort versteckt hielt. Außerdem wollten sie auch Hurlo vernehmen.
Auf der unheimlichen Lichtung hielten sich die Polizisten nicht lange auf. Sie lag jetzt ruhig und verlassen da. Nur die beiden toten Hunde und ein paar Stofffetzen zeugten von der Tragödie, die sich hier abgespielt hatte.
Der Wachtmeister verlangte einige Auskünfte, die Robert ihm mit gepresster Stimme gab. Dann marschierten die Polizisten, der Diener und der Jagdaufseher weiter zur Hütte von Hurlo. Robert begleitete sie nicht. Er irrte zwischen den Ruinen des Hexendorfes umher, denn in ihm wuchs immer mehr die Gewissheit, dass es das Zentrum war, von dem all die seltsamen und tragischen Ereignisse ausgegangen waren. Unwillkürlich lenkte er seine Schritte zum Hexenschloss. Er war überzeugt, dass die übersinnlichen Kräfte plötzlich nach jahrhundertelangem Schlaf neu erwacht waren. Doch wer hatte sie geweckt? Und warum?
Er teilte mit dem Lauf seines Gewehres das Gestrüpp und stieß dann einen Schrei aus.
Am Fuß eines eingefallenen Turmes befand sich eine Höhle, in der sich Schutt angesammelt hatte, aus dem ein menschlicher Arm herausragte.
Er trat näher. In der erstarrten Faust der Leiche steckte etwas, ein Stück Leder oder ein dickes vergilbtes Papier. Mit einiger Schwierigkeit gelang es Robert, den Gegenstand aus den erstarrten Fingern zu zerren. Es war ein Stück Pergament, auf das mit verblasster Tinte eine Art Grundriss oder Karte und unverständliche Zeichen gemalt waren.
Robert steckte das Pergament in die Tasche und rannte zu
Hurlos Hütte, um die Polizisten zu verständigen. Er zweifelte nicht daran, dass es sich bei der Leiche, die unter dem Geröll verborgen war, um Hopkins handelte. Wahrscheinlich hatte der Engländer dort nach dem Schatz gegraben, und die morschen Mauern waren über ihm zusammengestürzt.
Die Polizisten standen gerade vor der Hütte und verhörten Hurlo. Dieser wiederholte zum fünften Mal, dass er am Tag zuvor, als Catherine den Tod gefunden hatte, in Saint-Genest gewesen war, also vierzig Kilometer weit entfernt. In Saint-Genest hatte er den ganzen Tag verbracht, weil dort zurzeit Jahrmarkt abgehalten wurde. Er sei erst gegen elf Uhr abends mit dem letzten Omnibus zurückgekommen, schwor er.
Die Polizisten nahmen Hurlo mit zum Hexendorf, denn sie wollten sein Alibi überprüfen – jetzt erst recht, wo man in der Nähe seiner Behausung eine weitere Leiche gefunden hatte.
Der Tote unter dem Geröll war tatsächlich Hopkins. Sie mussten sehr vorsichtig zu Werke gehen, denn der ganze Turm drohte einzustürzen. Hopkins’ Kleidung war zerfetzt und sein Leib mit geronnenem Blut bedeckt. Unter dem Geröll fand man übrigens auch eine Hacke und eine Schaufel. Hurlo betrachtete den Toten ohne sichtbare Zeichen von Bestürzung. Georges Sirven war tief erschüttert über diese neue Tragödie. Offensichtlich hatte John Hopkins tatsächlich in den Ruinen des Hexendorfes einen Schatz gesucht und dabei den Tod gefunden. Obwohl Hopkins ihn hintergangen hatte, trauerte der Hausherr doch aufrichtig um den alten Freund. Außerdem war nun anzunehmen, dass Hopkins doch keine Schuld an den unheimlichen Vorgängen im Schloss trug.
Auch Dr. Vigour war erschüttert, als er kam, um den Toten zu untersuchen. Er kannte John Hopkins schon seit vielen Jahren. Nach der Untersuchung wandte er sich an Robert.
»Sie haben doch gesagt, er wäre durch das Geröll erschlagen worden«, bemerkte er. »Der Körper ist aber von Bisswunden bedeckt.«
Robert fuhr zusammen. »Das ist ja seltsam!«
»So seltsam auch wieder nicht«, erwiderte der Arzt. »Wahrscheinlich sind die Hunde auch über ihn hergefallen. Vielleicht hat er sich in die Kellergewölbe retten wollen, als er schon schwer verletzt war, und dann sind die Mauern über ihm eingestürzt.«
Diese Erklärung erschien glaubhaft.
Die Polizisten hatten inzwischen im Arbeitszimmer von Georges Sirven mehrere Telefongespräche geführt, um das Alibi des Wilderers zu überprüfen. Es stellte sich heraus, dass Hurlo die Wahrheit gesagt hatte. Er war auch am Hotel zum Blauen Fasan abends um einundzwanzig Uhr gesehen worden, als er in den Omnibus stieg.
Robert sah aus dem Fenster, als der alte Hurlo, den die Polizisten nun heimkehren ließen, durch den Park davon schritt. Am Waldrand warteten seine
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