0090 - Jagd auf die Dämonenwölfe
Projektor startbereit.
Es wurde ruhig.
Captain Miller trat etwas zur Seite, damit er mit seinem Körper nicht die Leinwand verdeckte.
»Bitte fangen Sie an, Harry!«
Der Angesprochene schaltete den Apparat ein. Das leise Summen übertönte das Atmen der Menschen.
Das erste Bild erschien.
Es zeigte einen etwa dreißigjährigen Mann mit hagerem Gesicht und einem dunklen Oberlippenbart. Die Nase stand wie ein gekrümmter Geierschnabel hervor, die Lippen waren kaum zu sehen.
»Das ist Mel Djaffir, meine Herren«, erklärte der Captain. »Jeder von Ihnen sollte sich dieses Bild genau einprägen, denn um diesen Mann geht es.«
Das Foto blieb zehn Sekunden auf der Leinwand. Dann erschien ein anderes Bild.
Das Bild einer leicht bekleideten Frau.
»Hier sehen Sie Suleika Namine. Ehemalige Stripteasetänzerin in einem Londoner Privatclub. Sie ist Djaffirs Freundin, stammt wie er aus Beirut und arbeitet gern mit Giftnadeln.«
Suleika trug auf dem Foto einen roten durchsichtigen Schleier. Ihr Gesicht lag frei.
Das Bild wechselte.
Bei dem folgenden Foto begannen einige Polizisten trocken zu schlucken, denn der Typ sah aus wie ein persischer Schwertkämpfer.
»Hassan Le Duc«, sagte Miller. »Er stammt aus Marokko. Hat in der Legion gekämpft und sich dort durch besonders eifrigen Einsatz ausgezeichnet. Es ist Djaffirs Leibwächter, trägt nie Schußwaffen bei sich, sondern verläßt sich auf seinen Krummsäbel, den er meistens unter dem Jackett verborgen hält.«
Das Bild verschwand.
Es wurde wieder hell im Raum, und Miller trat vor die Leinwand. Er stützte seine Hände auf einen Tisch und schaute die vor ihm sitzenden Männer ernst an.
Niemand sagte etwas.
Miller übernahm das Wort. »Sie wissen nun, mit wem Sie es zu tun haben, Gentlemen. Diese Leute werden sich bestimmt in Djaffirs Nähe befinden. Wie viele Personen er sonst noch um sich herum versammelt hat, weiß ich nicht.«
Aus der ersten Reihe meldete sich ein schwarzhaariger Mann mit Vollbart. »Wo können wir diesen Halunken erwischen?«
Miller nickte. »Auf diese Frage habe ich gewartet, und deshalb habe ich Sie hierhergerufen. Durch einen Tip haben wir herausbekommen, daß sich Mel Djaffir in dieser Nacht eine neue Heroinladung abholen will. Und zwar an der Themse. Der Großdealer wird kommen, und wir werden ihn erwarten. Das ist alles.«
Die Männer schwiegen. Sie kannten ihren Chef. Miller war ein Mann, der nie viele Worte machte und nur soviel erklärte, wie eben nötig war. Wichtig waren die Bilder gewesen. Und die wurden auch noch einmal vorgeführt.
Danach kam Miller noch zu den Einzelheiten. An der Wand hing eine Spezialkarte, die den Flußlauf der Themse zeigte: Und zwar die Region nördlich der Riesenstadt London, wo die Themse sich durch eine flache, auenähnliche Landschaft schlängelte.
An den Ufern gab es noch alte Bunker aus dem zweiten Weltkrieg. Und einer dieser Bunker sollte das Heroin enthalten, welches von Djaffir und seinen Männern abgeholt wurde. Die genaue Lage des Bunkers war der Polizei zwar bekannt, aber sie wollten nicht nur das Heroin, sondern auch den Dealer. Er sollte auf frischer Tat ertappt werden.
Der Kapitän des libanesischen Frachters, der das Rauschgift an Bord hatte, stand bereits unter Beobachtung und sollte ebenfalls verhaftet werden. »Ein großer Schlag gegen die Rauschgiftszene in London«, verkündete Captain Miller zum Schluß. »Ich hoffe, daß es uns in einem Handstreich und vor allen Dingen unblutig gelingen wird, Djaffir zu überwältigen.«
Damit waren auch die Leute der Rauschgifttruppe einverstanden. Natürlich rechnete jeder mit Schwierigkeiten, allerdings nicht mit einem Schiff voller Werwölfe, das sich langsam der bezeichneten Stelle näherte…
***
»Wenn wir es nicht schaffen sollten, das Boot noch vor London einzuholen, werden wir eine Polizeiaktion einleiten«, sagte ich zu Bill, der neben mir stand.
Der Reporter nickte. Dann meinte er »Willst du Suko Bescheid geben?«
»Kommt auf die Situation an. Im Moment brauchen wir ihn nicht.« Ich grinste. »Er hat seinen Schlaf verdient.«
»Fragt sich nur, ob Shao damit einverstanden ist. Wenn sie Suko schon mal in der Nacht bei sich hat, wird sie sicherlich nicht schlafen wollen.«
»Du hast mal wieder Nachtischgedanken.«
»Nein, Nachtgedanken.«
Ich lachte. »Meinetwegen auch das.«
Die Frotzelei tat gut, nach all den überstandenen Abenteuern. Wir hatten uns auch wieder einigermaßen erholt, und mit dem Boot kam ich
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