0090 - Jagd auf die Dämonenwölfe
hier ihr Getreide oder Kartoffeln anpflanzten, konnten mit ihrem Einkommen sehr zufrieden sein.
Doch das alles interessierte Djaffir nicht. Er hatte sich noch nie um die Infrastruktur eines Landes gekümmert, es sei denn, jemand baute Mohn an.
Im Augenblick ließ der Libanese das Nachtglas nicht von den Augen. Sorgfältig suchte er die Umgebung ab, nichts war da, was sein Mißtrauen erregte.
»Langsamer«, sagte er.
Le Duc nahm die Geschwindigkeit zurück.
Obwohl Djaffir sich nicht zum erstenmal in dieser Gegend herumtrieb, hatte er doch immer Mühe, das Objekt zu finden. Hier sah immer alles gleich aus.
»Stopp!«
Der Marokkaner kam dem Befehl sofort nach. Automatisch fuhr er nach steuerbord und näherte sich dem Schlammigen Ufer. Einige Bäume wüchsen bis dicht an das Wasser heran. Sie waren zum Teil verkrüppelt und wirkten aus der Ferne wie die Figuren eines modernen Bildhauers.
Djaffir übernahm nun das Steuer, während sich der Marokkaner um den unangenehmen Teil der Aufgabe kümmerte.
Er sprang von Bord.
Hoch spritzte das Wasser auf, als er landete. Die Wellen schwappten ihm bis über die Hüften. Ein feiner Dunstschleier lag auf dem Wasser, der auch das Land berührte und sich erst später dort verlor.
Durch das Wasser stapfte Le Duc aufs Trockene. Dort angekommen, drehte er sich und fing die Leine auf, die der Libanese ihm zuwarf. Anschließend wickelte Le Duc die Leine um einen Baumstamm. So hatten sie das Boot immer vertäut.
Djaffir wartete noch, bis Le Duc die Umgebung erkundet hatte. Dabei hielt der ehemalige Legionär sein Krummschwert in der Hand, doch Gefahr drohte ihm nicht.
Er ging wieder zum Ufer zurück und winkte.
Jetzt erst sprang der Libanese. Auch ihm schwappte das Wasser bis in die hohen Stiefel, aber für zwei Kilo reinstes Heroin konnte man das schon in Kauf nehmen.
Trotzdem fluchte er, als er an Land ging.
Neben Le Duc, der seine Nase wie ein witternder Hund gegen den Himmel streckte, blieb er stehen.
»Was ist los?«
Le Duc hob die Schultern. »Ich weiß auch nicht. Irgendwie riecht es nicht gut.«
»Wie meinst du das?«
»Es riecht nach Gefahr.«
Dem Libanesen sträubten sich die Schnurrbarthaare. Er dachte sofort wieder an seinen Traum.
Sollte er doch etwas zu bedeuten haben?
»Kannst du nicht deutlicher werden?« fuhr er den Marokkaner an.
»Weiß nicht…«
Djaffir lief eine Gänsehaut über den Rücken. Die ganze Gegend gefiel ihm auf einmal nicht. Die knorrigen Bäume, der leichte Nebel dazwischen, das feuchte Gras, dahinter der alte Damm mit den Bunkerlöchern eine Umgebung zum Fürchten.
Unwillkürlich fuhren seine Hände über die Jacke und fühlten nach den Kolben der beiden Revolver. Die Waffen steckten in weichen Halftern unterhalb der Schultern.
Der Libanese war ein blendender Zweihandschütze, das hatte er bereits mehr als einmal bewiesen.
»Aber wir geben nicht auf«, sagte Hassan Le Duc.
»Auf keinen Fall«, erwiderte Djaffir sofort. »Los, geh.«
Hassan schritt voran. Hinter seinem breiten Kreuz konnte sich Mel Djaffir verstecken.
Irgendwo in der Nähe schrie laut und klagend ein Käuzchen. Der Libanese zuckte zusammen. Er wußte, daß man dieses Tier als den Totenvogel bezeichnete.
Als sie den Damm erreichten, wandte sich Hassan Le Duc nach links. Parallel zum Damm schritt er weiter. Bis zum Stollen war es nicht mehr weit.
Unter ihren Füßen war der Boden weich. Hin und wieder schmatzte Wasser. Vom Fluß her hörten sie das Plätschern und Gurgeln des strömenden Wassers. Hin und wieder leuchtete der Mond hinter gewaltigen Wolkenbergen hervor.
Der Libanese fror. Nie würde er sich an das englische Klima gewöhnen können. Aber im Orient könnte er nicht so viel Geld verdienen. Das war der Unterschied.
Nach fünfzig Schritten blieb der Marokkaner stehen. Obwohl er sich dicht vor dem Eingang befand, war nichts davon zu sehen. Gestrüpp und Büsche hatten ihm verdeckt.
Die Männer schauten sich noch einmal um.
Wieder schrie das Käuzchen.
»Wenn du den Vogel siehst, hack ihm den Kopf ab!« zischte Mel Djaffir.
Le Duc grinste nur. Er bückte sich dabei und drückte mit seinen gewaltigen Händen die sperrigen Zweige und Äste zur Seite, um den Eingang freizumachen.
Dunkel gähnte er ihnen entgegen.
Djaffir schüttelte sich und dachte wieder an seinen Traum. Dafür dachte Le Duc praktischer und holte eine Stablampe hervor. Sie hatte an seinem Gürtel gehangen.
Er knipste die Lampe an und ließ den Strahl in den dunklen Tunnel
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