0090 - Satans Doppelgänger
Whiskyglas, das er gerade in der Hand hielt, auf den Couchtisch. Für eine Sekunde verschwand seine Hand hinter der Seitenlehne des Sessels. Als sie wieder zum Vorschein kam, hielt sie eine kleine, seltsam geformte Waffe umklammert.
Bevor der Eindringling anlegen konnte, schoß Bill bereits.
Seine Beretta war etwas ganz anderes als der Colt Moyos. Mit der Pistole traf er aus dieser Entfernung eine Fliege an der Wand.
Und er hatte auch jetzt getroffen. Die Hand des Mannes im Sessel. Der Erfolg war dennoch gleich null.
Mit Entsetzen sah Bill, daß an der Stelle, an der jetzt eigentlich rotes Blut hervorsprudeln müßte, für Sekundenbruchteile eine klaffende Wunde entstand, die sich jedoch sofort wieder schloß.
Der Mann lachte immer noch. Langsam hob er seine eigene Waffe, legte auf Bill an.
Der Kulturhistoriker verlor etwas die Nerven. Er feuerte auf den Mann, was das Magazin der Beretta hergab, schoß auf den Kopf des Eindringlings, auf die Brust, auf den Bauch.
Der Mann verdaute die tödlichen Kugeln, als handele es sich lediglich um Platzpatronen.
Dann schoß er selbst. Es knallte nicht, sondern zischte nur. Etwas silbern Glänzendes raste auf den Kulturhistoriker zu.
Bill Fleming spürte einen stechenden Schmerz in der Brust.
Und dann nichts mehr…
***
Mit dem schnellsten Passagierflugzeug der Welt, einer Concorde der Air-France, flogen Professor Zamorra und Nicole nach Amerika. Sie landeten auf dem John F. Kennedy International Airport in New York.
Die Zeit, die sie Bill Fleming zunächst widmen konnten, war knapp bemessen. Am anderen Tag mußten sie in Philadelphia sein. Ob sie nach der Entgegennahme des Doktorhuts durch den Professor dann weitere Zeit in New York verbringen würden, hatte Zamorra noch nicht entschieden.
»Ob er uns abholt«, spekulierte Nicole, während sie gemeinsam mit dem Professor darauf wartete, daß ihre Koffer auf dem Rollband erschienen.
Zamorra zuckte die Achseln. »Wenn er auch unser zweites Telegramm erhalten hat, müßte er eigentlich«, meinte er. »Aber lassen wir uns überraschen.«
Als sie dann alle Paß- und Zollformalitäten hinter sich und ihr Gepäck in der Hand hatten, merkte der Professor, daß er voller Spannung war. Die Frage, ob der Freund auf sie wartete, stand unmittelbar vor ihrer Beantwortung. Und dieser Beantwortung sah er mit einem gewissen Bangen entgegen.
JFK International war ein gewaltiger Komplex. Terminals, Hallen aller Art, Shops und Restaurants, Treppen, Rollbänder, Straßen und so weiter, und so fort bildeten eine richtige Stadt. Es war nahezu aussichtslos, hier jemanden zu treffen, ohne vorher ziemlich genau festzulegen, wo das Treffen denn stattfinden sollte. Aus diesem Grunde hatte Zamorra mit Bill Fleming einen ständigen Treffpunkt festgelegt — den Haupteingang des Mac Donald’s. Dort pflegte Bill immer auf sie zu warten.
Auch heute?
Ja!
Sie sahen ihn schon, als sie noch ein ganzes Stück entfernt waren.
»Er ist wirklich gekommen, der Flegel«, sagte Nicole mit einem gewissen Zischen in der Stimme. Die Sache mit dem albernen Getue lag ihr noch schwer im Magen.
Bill sah aus wie immer. Ein hochgewachsener, breitschultriger junger Mann mit blonden Haaren und einem ausgesprochen sympathischen Gesicht. Niemand sah ihm auf den ersten Blick an, daß er auf seinem beruflichen Gebiet eine Kapazität war. Er wirkte eher wie der nette Junge von nebenan.
Jetzt sah Bill sie auch. Er schnippte einen Zigarettenstummel weg und kam ihnen entgegen. Lächelnd.
»Hallo, da seid ihr ja!«
Wie in alten Zeiten breitete er die Arme aus, um Zamorra und Nicole willkommen zu heißen.
»Hallo, Bill.« Nicole machte gute Miene zu dem Spiel, das sie nach wie vor als böse ansah, und ließ sich sogar einen brüderlichen Kuß auf die Wange drücken. Dann konnte sie es sich aber doch nicht verkneifen, ihm ein unterdrücktes ›Schuft!‹ zuzuraunen.
Bill überging es und wandte sich dem Professor zu.
Zamorra ließ sich umarmen und umarmte ihn gleichfalls. Bei der Berührung mit dem Freund zuckte er jedoch unwillkürlich zusammen.
Er hatte es geahnt!
Seine Befürchtungen, daß mit Bill etwas nicht in Ordnung war, bestätigte sich schon jetzt.
Sein Amulett hatte angesprochen. Er spürte, wie es sich blitzartig erwärmte und auf seiner Brust brannte.
Das Amulett war ein magischer Talisman, den er von seinem Vorfahren Leonardo de Montagne geerbt hatte. In dem zauberträchtigen Gegenstand schlummerten die Kräfte des Lichts, die sich sofort
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