0092 - Das Testament des Detektivs
nacht Anhaltspunkte. Ganz offensichtlich gibt es Leute hier, die die Anwesenheit Candlers nicht wünschen, oder ihn für sich erobern wollen.«
»Wie dem auch sei, wir kommen wieder mal nicht weiter«, versuchte ich das Gespräch auf das zu lenken, was nun unsere Aufgabe war.
»Dieser verdammte Henker«, warf Phil ein. »Ich kann solche Geschichten nicht leiden. Mythos unter Gangstern. Das hat uns noch gefehlt.«
»Ob Candler mit dem Henker identisch ist?« überlegte Mr. High.
»Gleich wer der Henker ist, wir brauchen Candler. Wo wollt ihr jetzt ansetzen?«
»Wir könnten auf jedenfall noch nach dieser Mrs. Smith weitersuchen«, sagte ich.
Das geschah dann auch. Das Haus wurde unauffällig überwacht und Mrs. Edwards noch einmal verhört. Es wurde jede Einzelheit beachtet. Wir waren wirklich nicht ungeduldig und hörten Mrs. Edwards unförmige Personenbeschreibungen mit großem Gleichmut an. Wir gingen ihre Bekanntschaften und die Personen, die im Hause verkehrten genau und unermüdlich durch. Wir suchten im Archiv und zeigten der Frau Bilder der Leute, die halbwegs auf ihre Beschreibung passen würden. Am Ende waren wir erschöpft und hatten die Gewißheit, daß mindestens 20 000 Frauen unserer Stadt in den Verdacht geraten könnten Mrs. Smith zu sein. Und soviele wollten wir gar nicht.
Was blieb uns anderes übrig, als zunächst einmal alles, was wir an Material über Candler und den Henker besaßen gründlich durchzuarbeiten? Wir taten es, und als wir uns durch die Aktenberge durchgefressen hatten, wat es neun Uhr abends. .
»Eineswissen wir jetzt sicher«, meinte Phil.
»Und das wäre?«
»Daß niemand weiß, wer der Henker ist.«
»Fragt sich noch, ob das wirklich niemand weiß. Aber sicher ist etwas anderes«, antwortete ich, »nämlich daß ich mächtigen Hunger habe. Laß uns die Akten mit einer kräftigen Mahlzeit vertauschen.«
Niemand, der freudiger eingewilligt hätte, als Phil! Wir verließen das Distriktsbüro und suchten uns ein anständiges, unserem Gehalt entsprechendes Restaurant.
Phil suchte lange und sorgfältig in der Speisekarte wie in einem Fahndungsblatt. Schließlich entschied er sich für ein simples Filetsteak. Der Appetit leuchtete aus seinen Augen. Ich bestellte gegrillte Lende.
Ein Zeitungsboy strich durch den Speiseraum und schrie seine Schlagzeilen. Ich warf einen Blick auf die Nummer, die er in der Hand hatte, und erschrak. Phil bemerkte es.
»Was ist Jerry?«
»Da ließ«, sagte ich tonlos.
Phil starrte auf die Zeitung. Der Boy kam auf uns zu, er schien unser Interesse bemerkt zu haben.
Wir kauften ihm zwei Nummern ab.
»Mein armes Filetsteak«, murmelte Phil. Er hatte begriffen, daß wir sofort aufbrechen mußten.
DETEKTIV KENNT HENKER stand da als Überschrift, Dann kam ein Bericht, der von A bis Z erlogen sein mußte »Der Detektiv Ralf Sattleboock, seinerzeit einer der bekanntesten und erfolgreichsten Privatdetektive New Yorks bekam einst von einem geheimnisvollen Auftraggeber . den Auftrag, die Person des Henkers zu entlarven. Monate war der Detektiv in diesem Auftrag unterwegs, da hörte plötzlich jedes Lebens-Zeichen von ihm auf. Niemand mehr wußte etwas von ihm, ob er noch lebte, ob er um,gekommen war, was er bei seinen Nachforschungen erfahren hatte. Als der Fall des Henkers durch die Flucht seines Kumpanen Candler erneut das Interesse der Öffentlichkeit in Anspruch nahm, machte sich unser Gewährsmann auf die Suche nach Mr. Sattleboock, und ihm gelang innerhalb eines Tages das, was New Yorker Polizisten nicht gelungen ist. Er entdeckte Mr. Sattlebock, der lebt und sich guter Gesundheit erfreut. Mr. Sattleboock gab unserem Gewährsmann ein langes Interview und unterrichtete ihn vor allem auch über seine Nachforschungen nach der Person des Henkers. Wir werden morgen in unserer Abendausgabe ausführlich über dieses Interview berichten und dabei auch das Geheimnis der Person des Henkers lüften.«
Dann folgte noch eine blumige Beschreibung der Wohnung Sattleboocks, der Straße und ihrer Bewohner. Phil kochte vor Wut.
»Alles erlogen«, fauchte er.
»Aber die Straße hat er uns wenigstens verraten.«
»Nicht nur uns. Komm, wir fahren sofort.«
Als wir bereits im Wagen saßen, kam ich auf die glorreiche Idee, zu fragen, wer denn diesen Journalisten wohl auf Sattleboock aufmerksam gemacht haben könnte.
»Kein anderer als du!« erwiderte Phil.
»Ich«, sagte ich empört, brach aber sofort ab. Ich hatte beigriffen. Ich war es gewesen, der die
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