0092 - Einsatz der Todesrocker
kunstgerecht auf meinem Gesicht.
»Sie sind gut«, lobte ich sie.
»Ich bin früher als Sanitäterin ausgebildet worden«, erklärte sie mir.
»Sie haben nichts verlernt.«
»Danke!« Die Frau trat zurück und sagte: »So, der erste Teil der Behandlung ist erledigt.«
»Wie, kommt noch was?«
»Natürlich.« Der Wirt gab die Antwort. Er kam zurück, denn er hatte die Tür abgeschlossen. »Meine Frau kennt gewisse Rezepte, die Sie wieder auf die Beine bringen.«
»Da bin ich gespannt.«
»Wir werden Sie jetzt in die Badewanne stecken, danach geht es Ihnen viel besser.«
Ich schaute die beiden erstaunt an und fragte mich, ob sie Witze machten. Danach sahen sie mir allerdings nicht aus.
Ich stemmte mich hoch. Das heißt, ich versuchte es. Mit der rechten Hand stützte ich mich auf der Tischplatte ab. Als ich dann endlich stand, herrschte in meinem Schädel wieder ein völliges Durcheinander.
Ich wäre gefallen, hätten die beiden Wirtsleute mich nicht gestützt. Sie brachten mich in den kleinen Flur und damit in ihre Privatwohnung.
Immer wieder mußte ich an die beiden Mädchen denken, die sich in der Gewalt der Rocker befanden. Hoffentlich überstanden sie die Zeit, ohne an Leib und Seele Schaden zu nehmen. Ich hatte mir fest vorgenommen, sie zu befreien.
Das Bad war nachträglich eingebaut worden. Die hellblauen Kacheln gestalteten den quadratischen Raum freundlicher.
Ich zog mich aus, während die Wirtin das Wasser einlaufen ließ.
Ihr Mann schaute dabei auf mein Kreuz. »Was ist das eigentlich?« fragte er. »Und welche Bedeutung hat es?«
Ich untertrieb mit meiner Antwort. »Nur ein Talisman!«
An seinen Augen erkannte ich, daß mir der Wirt nicht glaubte. Er fragte auch nicht weiter.
Aus einem Spiegelglaswandschrank holte die Wirtin mehrere dunkelbraune Apothekerflaschen. Sie öffnete die Stöpsel und ließ die träge Flüssigkeit in das Wasser rinnen.
Es nahm eine violette Färbung an.
Ich war inzwischen ausgezogen. Der Wirt half mir dabei, in die Wanne zu steigen.
Zuerst stöhnte ich auf, da das Wasser sehr heiß war. Dann jedoch merkte ich, wie es auf meiner Haut prickelte, wie der Kreislauf angeregt wurde und die Schmerzen nachließen.
Ich erkundigte mich nach dem Mann, der blutüberströmt in das Gasthaus gewankt war.
»Wir haben ihn nach draußen geschafft«, erklärte mir die Wirtin. »Es kümmern sich andere um ihn.«
Mit der Antwort war ich zufrieden. Wohlig streckte ich mich in der Wanne aus. Siedendheiß fiel mir ein, daß ich noch telefonieren mußte.
Ich fragte die Wirtsleute danach.
»Ja, wir haben Telefon. Sollen wir es Ihnen an die Wanne bringen? Die Schnur reicht.«
»Das wäre nett.«
Die Wirtin verschwand und kam mit dem Apparat wieder. Sie stellte ihn auf einen kleinen Hocker.
Ich bedankte mich mit einem Lächeln und wählte eine Nummer in London. Sukos Anschluß.
Ich brauchte ihn dringend.
Er mußte sich augenblicklich auf seine Maschine schwingen.
Es hob auch jemand ab.
»Hallo, Shao«, sagte ich, »hoffentlich habe ich euch nicht gestört.«
»John, du bist es. Wie geht es dir?«
Die Antwort verkniff ich mir und fragte statt dessen nach Suko, meinem Freund.
»Er macht gerade seine Gymnastik.«
»Dann soll er sie unterbrechen, es ist wichtig.«
Zwei Sekunden später hatte ich Suko an der Strippe und erklärte ihm alles.
Mein chinesischer Partner stellte keine großen Fragen, sondern sagte nur: »Ich komme.«
»Du willst die Nacht durchfahren?«
»Natürlich.«
»Okay. Ich erwarte dich dann am Morgen. Und mach dich auf einen harten Fight gefaßt.«
»Keine Bange, John, ich werde die Rocker schon dort hinschicken, wo sie hingehören.«
Das hoffte ich auch und legte auf.
Der Wirt lächelte. »Alles okay?«
»Ja.«
»Sie holen Verstärkung?«
»Allein habe ich gegen die Rocker keine Chance, das müssen Sie verstehen.« Ich streckte mich wohlig aus. Das warme Wasser tat meinem geschundenen Körper gut. Der Kreislauf wurde angeregt, das Blut floß schneller durch die Adern, und ich fühlte mich wieder wohler. Langsam wurde ich schläfrig, auch der Schmerz in meinem Kopf ließ nach. Fast wäre ich eingenickt, doch da spürte ich die Hand auf der nackten Schulter und schreckte hoch.
Der Wirt lächelte mich an. »Sie müßten eigentlich ins Bett«, sagte er.
Damit war ich einverstanden.
Es hatte keinen Sinn, sich noch in der Nacht an eine Verfolgung der Rocker zu machen. Erstens hatten sie bereits einen zu großen Vorsprung, und zweitens fühlte ich
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