0093 - Mord in der Mumiengruft
traf man auch auf die Legende der grausamen Priester. Einheimische erzählten die alte Geschichte. Oft standen die Menschen unter Alkoholeinfluß, dann wurden sie redselig, und sie erzählten von den unermeßlichen Goldschätzen.
Die Weißen reagierten. Eine Expedition nach der anderen drang in den feuchtheißen Dschungel ein. Man entdeckte zahlreiche Pyramiden, die der Urwald im Laufe der Jahrhunderte überwuchert hatte. Aber man fand nicht die Pyramide der grausamen Priester.
Bis Sam Kettering kam.
Jahrelang hatte er geforscht, herumgehört und wie bei einem Puzzle Stückchen für Stückchen zusammengebaut, bis ein ganzes Bild erschien.
Sam Kettering wagte es.
Er hatte Erfolg.
Doch um welchen Preis.
Sam Kettering war tot, die Pyramide stand immer noch. Und der Fluch der grausamen Priester war wirksam, das hatte Sam zu spüren bekommen. Aus den Aufzeichnungen entnahm ich, daß man die Gruft der grausamen Priester nur vom Wasser aus erreichen konnte. Von einem alten Tümpel im Dschungel, da die Pyramide im Laufe der Zeit eingestürzt war. Nur noch die Grundmauern standen. Kettering hatte Fotos gemacht, aber die Bilder waren seltsam verschwommen. Wußte der Teufel, worauf dies zurückzuführen war.
Ich legte die Akte zur Seite und nahm mir statt dessen die Zeichnung vor.
Die Himmelsrichtungen waren eingezeichnet. Ein großer Vorteil, denn das erleichterte die Orientierung. Ein prägnanter Punkt fiel mir ins Auge.
Das war die Stadt Xcan. Ketterings Ausgangsbasis, die auch die unsere sein würde.
Von Xcan aus führte der Weg direkt in den Dschungel. Ortschaften waren keine mehr eingezeichnet, nur eine kleine Siedlung. Sie lag an einem Flußlauf.
Die Stelle, an der ich die Pyramide finden konnte, war mit einem Kreuz markiert. Ich steckte die Karte in meine Brieftasche. Wir würden uns überraschen lassen.
»Kommst du klar?« fragte mich Bill.
Ich nickte. »Immer.«
Die Stewardeß, ein braunhäutiges Wesen mit großen Glutaugen, brachte Getränke. Ich entschied mich für einen Orangensaft, den ich mit einem Schuß Cognac anreicherte. Sozusagen zur Geschmacksveredlung. Bill nahm einen Whisky, während sich Suko mit Mineralwasser begnügte, wie ich beim Umdrehen feststellen konnte.
Langsam und genußvoll trank ich meinen Saft. Irgendwann kam die Müdigkeit. Fast von selbst fielen mir die Augen zu.
Ich schlief ein.
***
Als ich wach wurde, befanden wir uns bereits weit auf dem Atlantik. Ich verspürte Hunger, vertilgte ein Abendessen und schlief abermals ein. Die Augen öffnete ich wieder, als Bill Conolly mich wachrüttelte.
»Willst du die Landung auch noch verschlafen?« fragte er.
»Auf keinen Fall!« Ich fuhr aus meiner ruhenden Stellung hoch und schaute in das lächelnde Gesicht der glutäugigen Stewardeß.
»Wenn Sie sich bitte anschnallen wollen, Sir?«
»Natürlich.« Ich legte den Gurt um. Die Maschine befand sich bereits im Sinkflug. Es war Nacht. Ich schaute aus dem Fenster und sah einen Himmel, der auf mich wie ein dunkelblaues, straff gespanntes Samttuch wirkte, auf das jemand zahlreiche Brillanten verstreut hatte.
Ein wunderschönes Bild.
Doch wir waren nicht nach Mexiko geflogen, um Urlaub zu machen und uns die Sterne zu beschauen. Es ging um einen knallharten Fall, den wir lösen mußten.
Mexiko City, die Hauptstadt, liegt sehr hoch. Die Luft ist hier dünn, das merkten wir nach der Landung, als wir die Maschine verließen.
Es war angenehm kühl. Ein frischer Wind blies über die weite Hochebene.
Die Riesenstadt lag praktisch zu unseren Füßen. Sie war erfüllt von einem strahlenden Lichterglanz, doch es gab auch dunkle Ecken, wo nur vereinzelt Licht leuchtete.
Wieder stiegen wir in einen Zubringerbus, der uns zur Ankunftshalle brachte.
Dort wurden wir bereits erwartet. Ein Capitan Mendozza grüßte zackig und stellte sich dabei vor.
»Wenn mir die Señores bitte folgen würden«, sagte er in seinem harten Englisch.
Wir betraten einen Extraraum, der büromäßig eingerichtet worden war. An der Wand hing ein Bild des mexikanischen Präsidenten.
Man behandelte uns mit großer Höflichkeit, die Pässe wurden abgestempelt, und als wir nach einer halben Stunde gehen konnten, wurde uns gesagt, daß das Gepäck bereits verladen wäre.
Ein guter Service.
Zum Schluß rückte der Capitan, der mich ein wenig an Clark Gable erinnerte, mit seinem Anliegen heraus.
»Sie werden verstehen, Señores, daß wir um Ihre Sicherheit besorgt sind. Sie sind Gäste in unserem Land und sollen sich
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