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0093 - Vlado - der Schreckliche

0093 - Vlado - der Schreckliche

Titel: 0093 - Vlado - der Schreckliche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franc Helgath
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beiden Frauen lagen frisch auf roten Samtkissen, als wären sie erst vor wenigen Stunden beigesetzt worden.
    Die Überreste einer rotblonden und einer zierlichen, Dunkelhaarigen. Die Rote hatte die Augen geöffnet. Die Augäpfel waren unversehrt. Zamorra war es, als würden die Pupillen ihm nachfolgen, als er sich am mittleren Sarg zu schaffen machte.
    Auch ihn wollte Professor Zamorra mit einer leichten Geste öffnen. Er schlug sich die Hände empfindlich an. Der Deckel gab nicht nach. Nur das Strahlen seines Amuletts wurde noch heller. Die Gruft lag fast in Tageslicht.
    Zamorra stemmte sich mit aller Kraft gegen den von einem Bildhauer bearbeiteten Stein.
    Vergeblich.
    Erst als er das zauberkräftige Amulett aus der Hand gab und auf den Deckel des Sarkophags legte, ließ der Widerstand geringfügig nach. Immerhin ließ die Abdeckung sich jetzt bewegen. Wenn auch nur Millimeterweise.
    »Fass mal mit an«, ächzte Zamorra, und Nicole half ihm.
    Sekunden verrannen. Professor Zamorra tropfte Schweiß von der Stirn und fiel auf den Stein des Sarges. Doch mit vereinten Kräften schafften sie es, den Sarkophag zu öffnen.
    Sie hielten mit ihren Anstrengungen inne, als das Grab halb offen war. Zamorra brauchte nicht mit der Taschenlampe hineinzuleuchten. Sein Medaillon strahlte wie eine Kerosinlampe.
    Der Anblick, der sich ihm bot, ließ sogar Zamorras Atem stocken…
    ***
    Karel Capek schaffte es nicht, sich zurückzuwerfen. Seine Beine versagten ihm den Dienst.
    Sein gellender Schrei hatte kaum mehr etwas Menschliches an sich. Leutnant Karel Capek war für immer bekehrt. Was man ihm während Schulungen und Kursen eingetrichtert hatte, war weg, als wäre er nie in Marxismus und Leninismus unterwiesen worden.
    Er glaubte!
    Plötzlich glaubte er an Geister und Dämonen. Zu ungeheuerlich war, was er an Eindrücken aufnehmen hatte müssen.
    Vor ihm breitete sich ein Meer an vermoderten Gerippen aus. Der Scheinwerfer zitterte in seinen Händen. Das Bild, das er ihm zeigte, blieb.
    Das ganze, domartige Gewölbe war von Knochen übersät. Soweit Scheinwerfer und Augen reichten. An den Längswänden Nischen, die in den Stein geschlagen worden waren. Säuberlich geordnet lagen in ihnen Schädel, Beine, Becken und andere Skeletteile aufbewahrt. Eine größere Grotte war mit Rippen bis zum Rand gefüllt.
    Karel Capek saß auf den unteren Treppenstufen. Seine freie Hand nestelte den Hemdkragen auf. Er brauchte Luft. Viel Luft.
    »Nascok! Dudas!«
    »Genosse…«
    »Was ist das?«
    »Aberglauben«, antwortete Dudas Nascok mit einem gehässigen Unterton in der Stimme. »Unsere Sagen wissen von einem unterirdischen Dom der Gebeine. Es sind die Gebeine jener, die zu Lebzeiten Opfer von Vlado wurden…«
    »Vlado?«
    »Des Leichenfürsten, ja. Ihm gehörte einst die Burg. Man erzählt sich, er hätte viele tausend Männer, Frauen und Kinder umgebracht. Vlado war ein Kannibale. Ein Ghul. Ich habe es auch nie richtig geglaubt. Jetzt muss ich daran glauben. Jetzt glaube ich auch, was die Alten sagen - Vlado lebt immer noch.«
    Karel Capek rappelte sich auf.
    Er dachte nicht mehr an Spione. Er dachte an das eigene Überleben. Seine Bildung reichte aus, um zu erkennen, dass dieses Depot an menschlichen Überresten keineswegs aus der Kriegszeit beispielsweise stammen konnte. Die Knochen wurden zu Staub, sobald man mit ihnen in Berührung kam. Diese Gebeine mussten schon lange hier lagern. Unsagbar lange. Mindestens ein paar Jahrhunderte.
    »Wir kehren um«, entschloss sich Karel Capek und duldete es, dass Dudas Nascok ihm auf die Beine half und ihm den schweren Scheinwerfer abnahm. »Wir gehen zurück nach draußen. Verdammt! Was steht ihr noch hier herum?«
    Er schaute die Reihen seiner Leute ab, die den Grund des Gewölbes noch nicht betreten, aber trotzdem alles mitbekommen hatten. Sie hielten sich alle in einem gigantischen Massengrab auf, und an einem derartigen Platz mag niemand bleiben. Sie nahmen den Entschluss ihres Leutnants mit Erleichterung auf. Die ersten machten schon kehrt.
    Karel Capek lehnte eine weitere Hilfe Dudas Nascoks brüsk ab.
    »Ich kann auch allein laufen.«
    »Wie Sie wollen, Genosse Leutnant.«
    Capek vermied es, noch einen Blick zurückzuwerfen. Er dachte an den angeblichen Franzosen mit seiner Französin, die sich auch irgendwo in diesem Labyrinth befinden mussten.
    Er würde die Suche nach ihnen abblasen. Sollten die allein sehen, wie sie sich zurechtfanden.
    Karel Capek hielt es nicht mehr aus in diesen

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