0095 - Die Höllenkutsche
Einsamkeit nicht mehr ertragen. Zuvor habe ich ihm ein Festmahl servieren müssen, denn ich war der einzige Angestellte in dem Schloß des Grafen. Nun, ich zog aus und in dieses Haus. Sprechen will kaum jemand mit mir, denn wer für den Count of Montano gearbeitet hat, ist den Leuten nicht ganz geheuer. Und das kommt nicht von ungefähr. Die Vorfahren des Grafen waren schlimme Leute. Vor allen Dingen der Ur-Urgroßvater. Er soll es am schlimmsten getrieben haben. Man spricht davon, daß er einen Pakt mit den Mächten der Finsternis geschlossen hatte, um auch im Jenseits eine gute Stellung zu bekommen. Ob das eingetroffen ist, weiß ich nicht. Nur soviel ist mir aus den Überlieferungen bekannt. Der alte Count of Montano wurde auch der Höllengraf genannt, und wenn er unterwegs war, ließ er sich von einer schwarzen Kutsche fahren, die schon bald den Namen Höllenkutsche bekam. Mit dieser Kutsche fuhr er über Land, besuchte die Dörfer und kleinen Orte und hielt Ausschau nach jungen, hübschen Mädchen. Wenn er welche gefunden hatte, ließ er sie in die Kutsche schleppen und fuhr mit ihnen auf sein Schloß. Man hat von den Mädchen nie mehr etwas gehört und gesehen. Als er dann starb, soll der Teufel an sein Sterbebett getreten sein und ihm die Seele entrissen haben. Der Höllengraf aber spukte fortan immer in den Gemäuern des Schlosses herum, und oft genug sah man die Kutsche, wie sie durch die Luft fuhr, als würde der Teufel persönlich sie ziehen. Sie war eine Geisterscheinung, aber wie vor vielen Jahren, so fährt der Graf auch jetzt durch die Dörfer und Orte, um Ausschau zu halten nach jungen hübschen Mädchen.«
»Und?« fragte ich, »hat er welche gefunden und zu sich genommen?«
Der Alte hob die Schultern. »Ich weiß es nicht genau, aber in letzter Zeit ist alles anders.«
»Wieso?«
»Da fährt die Kutsche nicht mehr durch die Luft. Sie ist keine Erscheinung mehr, sondern hat sich manifestiert, was Sie ja am eigenen Leibe zu spüren bekommen haben. Sie kommt immer vom Schloß, rast hier vorbei und verschwindet. Jedesmal stehen zwei Särge auf dem Dach. Nur der Satan selbst mag wissen, wer oder was sich in den Totenkisten befindet.«
»Zumindest ein Werwolf«, sagte Bill trocken.
Ich wollte auf die Mädchen zu sprechen kommen. »Sind denn Girls entführt worden?«
»Das kann ich Ihnen wirklich nicht sagen, Mr. Sinclair. Die Leute sprechen kaum mit mir. Ich habe schließlich für den Grafen gearbeitet.«
»Und der hat nie etwas über seinen Urahn verlauten lassen?« forschte ich.
»Doch, er hat mir von der Geschichte berichtet, die ich Ihnen auch erzählt habe.«
Das war allerdings seltsam. Ich überlegte. Dreh- und Angelpunkt war für uns das Schloß. Dort mußten wir hin. Vielleicht spukte es da wirklich.
»Haben Sie denn den Höllengrafen mal gesehen?« erkundigte ich mich.
»Nein, nie direkt.«
»Wieso?« fragte Bill.
»Ich habe wohl mal Stöhnen gehört und auch schauriges Gelächter. Sonst nichts. Wenn ich meinen Herrn darauf ansprach, gab er mir den Rat, die Ohren zu schließen.«
»Kann ich durchaus verstehen«, erwiderte ich lächelnd.
Bill Conolly schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Wir müssen hoch zum Schloß«, sagte er.
Dafür war ich auch.
Nur der alte Bannister hatte Angst. »Um Himmels willen. Nicht, bitte nicht! Wollen Sie in Ihr eigenes Unglück rennen?«
Ich lächelte. »Das haben wir allerdings nicht vor.«
»Dann bleiben Sie Hier, bitte!«
Mein Kopfschütteln war Antwort genug. »Können wir dort mit dem Wagen hochfahren?« erkundigte ich mich bei dem Alten.
»Kaum.«
Bill hatte ein Gegenargument. »Wenn die Kutsche es schafft, bringt das der Bentley auch.«
Der Meinung war ich ebenfalls. Ich erhob mich, und Bill Conolly stand ebenfalls auf. Wir bedankten uns bei Buck Bannister für seine Hilfe. Der alte Mann segnete uns.
»Der Herrgott möge Ihnen beistehen, ich kann es nicht mehr. Ich habe Sie gewarnt.«
Während ich in den Mantel schlüpfte, lächelte ich zuversichtlich. Bill stand schon draußen.
»He, John, komm doch mal her.«
Rasch war ich bei ihm, und auch der Alte folgte mir. Bill stand neben dem Bentley. Er zeigte zum Schloß. »Seht ihr auch, was ich sehe?« fragte er.
Wir schauten hoch.
Tatsächlich, dort oben brannte Licht!
***
»Verdammte Hacke!« fluchte Harry Salem, als er auf einen Stein trat und ausrutschte. »Hätten wir nicht den normalen Weg nehmen können, als uns hier hochzuquälen?«
Sein um fünf Jahre älterer
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