0095 - Himmel ohne Sterne
sternenlosen Loches stand ein weißliches Nebelfleckchen. Rhodan kannte es. Der Andromedanebel!
Sie waren jetzt am Rande der eigenen Galaxis und näherten sich mit unvorstellbarer Geschwindigkeit dem riesigen Abgrund, der die beiden benachbarten Milchstraßen voneinander trennte.
„Wir fahren nicht Karussell, Gucky", klärte Rhodan den Mausbiber auf. „Wir fliegen im Gegenteil genau geradeaus, etwa wie ein Lichtstrahl, nur viel schneller. Sehr viel schneller sogar. Ein Lichtstrahl würde nur langsam hinter uns herkriechen. Wir bewegten uns durch einen Raum der Irrealität."
„Der Linearantrieb muß so ähnlich funktionieren."
„Nur so ähnlich, das stimmt. Beim Linearflug tauchen wir nicht in den Hyperraum ein. Aber ich weiß nicht, ob wir mit dem Linearantrieb so schnell wie jetzt fliegen werden. Wir werden es wissen, wenn das erste Versuchsschiff fertig ist - aber das kann noch Jahrzehnte dauern."
Gucky hatte Couch und Mohrrüben im Stich gelassen. Klein und vom direkten Anblick der Ewigkeit erschüttert, stand er neben Rhodans Sessel und betrachtete das einmalige Schauspiel der vorbeiziehenden Sterne.
„Als ich Barkon das erstemal besuchte", sagte Rhodan, „war es fast genauso, aber damals hatte ich ein richtiges, kleines Schiff. Dies hier aber... es ist wohl eine Art Energieblase."
„Jetzt sind kaum noch Sterne zu sehen", murmelte Gucky kläglich. „Es werden immer weniger. Was ist, wenn die letzten da vorn hinter uns liegen?"
„Dann sind wir im intergalaktischen Raum, Kleiner. Ein Staubkorn in der Unendlichkeit zwischen den Milchstraßen, ein winziger Tropfen im Ozean. Es gibt nichts, womit man es vergleichen könnte."
„Ein Universum ohne Sterne - welcher Anblick!" Wuriu Sengu verbarg seine innere Angst nicht. „Wir werden einen Himmel sehen, der ohne Sterne ist. Einen völlig schwarzen Himmel ohne Licht."
Rhodan sah geradeaus, aber er lächelte ein wenig.
„O doch, Sengu, wir werden Licht sehen. Das Licht von Milliarden von Sternen, zusammengeballt zu einem winzigen Stäubchen, das wie ein verwaschener Fleck aussieht - eine fremde Milchstraße. Und wir werden nicht nur eine sehen, sondern viele Hunderte. Ihr Licht benötigt Jahrmillionen, uns zu erreichen, manchmal sogar Jahrmilliarden. Es sind unvorstellbare Entfernungen, die uns von ihnen trennen, und doch sind es Sternansammlungen wie unsere eigene Milchstraße. Auch dort werden intelligente Lebewesen existieren, die vielleicht ihre Instrumente auf unsere Galaxis richten und doch nicht mehr als ein winziges Lichtfleckchen erkennen - bestehend aus Milliarden Sonnen, die Tausende von bewohnten Planeten bescheinen."
„Das Universum ist groß", murmelte Sengu ergriffen.
„Es ist schade", nickte Rhodan zustimmend, „daß wir nur dieses eine Wort besitzen. Es drückt bei weitem nicht das aus, was wir zu sagen beabsichtigen. Groß ist auch ein Planet, eine Sonne. Und das Universum ist auch nur groß. Was aber ist es wirklich?"
Sie schwiegen und starrten hinaus. Die letzten Sterne begannen nun schon schneller zu wandern und zogen dann seitlich vorbei. Sie versanken hinter dem Schiff im milchigen Meer der weißen Lichtwolke.
Nur der ferne Andromedanebel war geblieben. Er stand unbeweglich und unverändert in der Mitte des schwarzen Loches, das mehr als drei Viertel des gesamten Blickfeldes einnahm. Wenn man genauer hinsah, konnte man ein elliptisches Gebilde erkennen, das im Zentrum etwas verdickt war. Trotz der unvorstellbaren Geschwindigkeit des Schiffes vergrößerte sich diese Linse aber nicht.
„Unsere Milchstraße!" flüsterte Sengu plötzlich, der sich umgedreht hatte und nach hinten schaute.
„Mein Gott - das ist unsere Milchstraße...!"
Rhodan wandte sich ebenfalls um. Die riesige, weiße Sternenwolke schrumpfte schnell zusammen. Es war, als fiele die Ballung der Milliarden Sonnen in einen bodenlosen Abgrund hinein. Man konnte zusehen, wie sie kleiner wurde.
„Unvorstellbar", murmelte Rhodan. Seine Stimme zitterte unmerklich. Seine rechte Hand ruhte auf der Schulter des Mausbibers, der sich selten ruhig verhielt und von dem Anblick so erschüttert war, daß er kein Wort mehr hervorbringen konnte. So hatte Rhodan seinen kleinen Freund noch nie gesehen.
„Ich glaube, wir träumen", meinte Sengu genauso leise wie zuvor. „Das kann doch keine Wirklichkeit sein!"
„Unser Erlebnis bewegt sich an der Grenze zwischen Traum und Wirklichkeit", erwiderte Rhodan gepreßt. „Wir werden später nicht mehr sagen können, was
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