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0095 - Yama, der Totengott

0095 - Yama, der Totengott

Titel: 0095 - Yama, der Totengott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Wolf Sommer
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antwortete, konzentrierte er sich auf sein Amulett. Es meldete sich nicht. Er spürte kein Prickeln auf der Brust, keine Wärmeentwicklung. Bisher war der Junge eine ziemliche Enttäuschung für ihn. Aber er besaß Erfahrung genug, um sehr genau zu wissen, dass erste Eindrücke oft gewaltig täuschten. Stille Wasser waren tief. Und sein Wunsch, auf den Grund dieses stillen Wassers zu blicken, das da Edgar Birch hieß, war stärker denn je.
    »Also, Mister Zamorra?«, drängte der Vater des Jungen ungeduldig.
    Der Professor blickte Edgar Birch an. »Wie haben Sie es gemacht, Mister Birch?«, fragte er. »Ich meine, woher haben Sie gewusst, dass die Tragfläche abbrechen würde? War es wie eine… Vision?«
    Unsicher blickte der junge Mann zurück. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, setzte dann zu einer Antwort an. »Ja, wissen Sie, Mister Za…«
    Sein Vater unterbrach ihn mit einer unwirschen Handbewegung. Ein misstrauischer Blick flog zu Zamorra herüber.
    »Eine seltsame Frage für einen Versicherungsmann, Mister«, stellte er nicht ganz unrichtig fest. »Bevor wir weiterreden… Zeigen Sie mir doch mal Ihre Legitimation!«
    Unangenehm berührt erkannte Zamorra, dass seine schöne Story nicht länger aufrechtzuerhalten war. Dieser clevere Geschäftsmann hörte offenbar die Flöhe husten. Er konnte jetzt gar nichts anderes mehr tun, als mit der Wahrheit herauszurücken und seine tatsächliche Identität zu enthüllen.
    Er griff in die Innentasche, nahm die Brieftasche zur Hand, öffnete sie und holte eine seiner Visitenkarten hervor. In der Hoffnung, dass die zahlreichen akademischen Titel den Millionär ein bisschen entgegenkommend stimmen würden, reichte er die Karte Henry Birch hinüber.
    »Ich glaube, es ist an der Zeit, zuzugeben, dass ich ein wenig geflunkert habe«, sagte er mit einem möglichst gewinnenden Lächeln. »Ich hoffe, Sie können mir verzeihen.«
    Der Industrielle musterte die Visitenkarte und reichte sie anschließend wortlos an den Professor zurück.
    Dann beugte er sich ein Stück zur Seite und drückte auf einen kleinen braunen Knopf in der Wand. Keine zehn Sekunden später öffnete sich die Tür des Zimmers und zwei Männer kamen herein. Zamorra kannte ihren Typ, breitschultrig und gleichzeitig von sehniger Gewandtheit: professionelle Leibwächter.
    Henry Birch stand aus seinem Sessel auf. Er deutete auf den Professor.
    »Setzt diesen Hochstapler da an die Luft«, sagte er beinahe lakonisch.
    Danach winkte er seinem Sohn. »Komm, Edgar.«
    Auch Edgar Birch erhob sich. Zusammen mit seinem Vater verließ er das Zimmer.
    Zamorra musste zugeben, dass ihn die kompromisslose Zügigkeit der Abwimmelungsaktion überrascht hatte. Er saß noch, als die beiden Rausschmeißer auf ihn zutraten. Der eine legte ihm eine tellergroße Pranke auf die Schulter.
    »Hoch, Buster!«, knurrte er bösartig und zerrte am Stoff des Jacketts.
    Das konnte er mit Zamorra nicht machen. Blitzschnell griff er nach der zudringlichen Hand des Mannes und verdrehte sie leicht. Nicht mit echter Verletzungsabsicht, aber doch so, dass der Bursche eine kleine Lehre bezog, wie man Gäste nicht behandeln sollte. Als er die Hand des Leibwächters freigab, wich dieser zurück und stöhnte auf.
    Zamorra stand federnd auf. Der zweite Mann, der die Behandlung seines Kollegen mit verblüfftem Gesichtsausdruck beobachtet hatte, stürmte mit geballten Fäusten auf den Parapsychologen los. Der wurde ärgerlich. Er sah ein, dass er objektiv im Unrecht war, sah ein, dass er sich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen Zutritt in dieses Haus verschafft hatte. Aber das gab noch lange niemandem das Recht, mit ihm umzuspringen wie mit einem ertappten Einbrecher. Und diese amerikanischen Schlägermethoden waren ihm schon immer zuwider gewesen. Schließlich war er Europäer.
    Diesen Überlegungen folgend, wich er dem ungestüm Anrennenden geschmeidig aus - und ließ seine eigene rechte Faust herausfliegen. Er erwischte den Mann seitlich am Kinnwinkel. Sein Schlag war trocken und hart, riss den Angreifer augenblicklich von den Beinen.
    Zamorra gab den beiden Schlägern keine Gelegenheit, Rachegelüste zu entwickeln. Bevor sie sich gesammelt hatten, war er aus dem Zimmer gegangen. Und nicht viel später auch aus dem Haus.
    Das Kapitel Edgar Birch war damit aber für ihn nicht abgeschlossen. Sein berufliches Interesse an der Person des jungen Mannes bestand nach wie vor. Und schließlich wollte er die weite Reise von Frankreich auch nicht

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