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0095 - Yama, der Totengott

0095 - Yama, der Totengott

Titel: 0095 - Yama, der Totengott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Wolf Sommer
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nerven. Und wenn er nicht reden wollte…
    »Ist natürlich Ihre Sache«, sagte sie schnell. »Außerdem bin ich auch gar nicht neugierig. Reden wir über was anderes. Beispielsweise über den Drink, den Sie mir schulden.«
    »Natürlich, natürlich.«
    Birch winkte dem Kellner, der auch sofort kam.
    »Was darf es sein, Miss?«, fragte er Nicole.
    »Zwei Gin-Fizz«, bestellte die Französin.
    »Nein, nein«, widersprach Birch. »Einen Gin und einen Tomatensaft. Ich trinke niemals Alkohol. Da ist so eine automatische Sperre in mir, verstehen Sie?«
    »Nein«, sagte Nicole wahrheitsgemäß, nachdem der Kellner gegangen war. Bist schon eine komische Type, Eddylein, dachte sie. Aber was so ein richtiger Wunderknabe ist …
    In den nächsten Minuten plauderten sie über Tennis. Edgar Birchs unübersehbare Unsicherheit verflog dabei. Er benahm sich ganz natürlich und linste sogar ein paar Mal interessiert in Nicoles freizügigen Ausschnitt.
    Dann aber war mit seinem natürlichen Verhalten auf einmal jäh Schluss. Eine beinahe ersehreckende Veränderung ging mit ihm vor. Mitten im Satz hörte er auf zu reden. Sein Gesichtsausdruck wurde starr, und er fing an, am ganzen Körper zu zittern, wie jemand, der von Stromstößen geschüttelt wurde. Am meisten erschreckten Nicole jedoch seine Augen, die zu einem der Nebentische gewandert waren. Sie erschienen ihr plötzlich wie leuchtende Glaskugeln.
    Nicole folgte seinem Blick und sah ebenfalls zu dem Nachbartisch hinüber. Dort saßen drei Männer. Ihre Gesichter hatte sie vorhin schon einmal flüchtig gesehen.
    Mongolen!
    ***
    Ein bisschen nervös blickte Professor Zamorra auf seine Armbanduhr. »Schon fünf durch«, murmelte er. »Langsam könnte sie sich wirklich melden.«
    Bill Fleming, der dem Freund in seinem Wohnzimmer gegenübersaß, kräuselte die Lippen zu einem Lächeln. »Mach dich doch nicht verrückt, Zamorra. Wir wissen doch inzwischen, dass dieser Birch eine schwierige Type ist. Nicole wird es gar nicht so einfach haben, ihn auszumachen.«
    »Immerhin ist sie nun schon seit Mittag in diesem Country Club. Und sie wollte anrufen.«
    »Wenn sie etwas erreicht hat«, stellte der Kulturhistoriker klar. »Vielleicht ist es aber noch nicht so weit. Lass ihr Zeit.«
    Der Professor zündete sich eine Zigarette an.
    »Hast ja im Grunde genommen recht«, stimmte er dem Freund zu. »Es ist ja nur…«
    »Ja?«
    Zamorra rauchte hastig. »Ich habe da so ein dummes Gefühl«, sagte er. »Du weißt, dass ich manchmal einen sechsten Sinn entwickele. Und dieser sechste Sinn sagt mir jetzt, dass sich Nicole in Gefahr befindet.«
    »In Gefahr? Was soll ihr schon passieren? Fürchtest du, dass Edgar Birch seine parapsychologischen Künste an ihr ausprobiert? Dass er sie hypnotisiert oder ihr mittels Telekinese den Rock hochhebt?«
    Ärgerlich verzog der Professor das Gesicht. »Ich finde das gar nicht so lustig, Bill!«, sagte er mit einer gewissen Schärfe.
    »Ach, nun sei man nicht so«, beschwichtigte ihn der Kulturhistoriker. »Ich mache dir einen Vorschlag. Wir warten noch eine Stunde, und dann fahren wir hin, okay?«
    »Bon«, sagte der Professor.
    Aber so richtig glücklich war er mit diesem Vorschlag nicht. Die böse Ahnung bohrte weiter in ihm.
    ***
    Nicole stellte fest, dass es weniger die drei Männer waren, die Edgar Birchs Blick wie ein Magnet anzuziehen schienen. Die gläsernen Augen des jungen Mannes hingen an einem Gegenstand, der auf dem Tisch der drei Asiaten lag.
    Es war ein seltsamer Gegenstand, ein rasselähnliches, gelbfarbenes Ding, bemalt mit irgendwelchen unverständlichen Zeichen. Nicole dachte nach. Irgendwann hatte sie so etwas schon einmal gesehen. Das war, das war…
    Dann fiel es ihr ein. Natürlich, es handelte sich um eine Gebetsmühle, wie sie von buddhistischen Gläubigen verwendet wurde. Für die drei Mongolen, die wahrscheinlich dem buddhistischen Glauben anhingen, also etwas ganz Alltägliches. Was aber sollte einen jungen Amerikaner wie Edgar Birch an einer Gebetsmühle so faszinieren, dass er darüber in einen tranceähnlichen Zustand verfiel?
    Und ein tranceähnlicher Zustand war es, in dem sich der Millionärssohn befand. Mit staksigen Bewegungen stand er vom Tisch auf und ging wie ein Schlafwandler zum Tisch der Asiaten hinüber, der etwa zwei, drei Meter entfernt stand.
    Die Mongolen starrten ihn an. Die fremdländischen Züge machten es nicht leicht, Gemütsbewegungen darin zu lesen. Nicole glaubte aber dennoch, so etwas wie Spannung und

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