Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0096 - Die Seelenfänger

0096 - Die Seelenfänger

Titel: 0096 - Die Seelenfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhart Hartsch
Vom Netzwerk:
»Ich möchte noch essen und dann gründlich duschen.«
    Der Schielende lachte und entblößte schadhafte, vom Nikotin gelb verfärbte Zähne. Er streckte die knotige Hand aus, ergriff Zamorras Rechte und drückte sie fest. Dabei deutete er eine linkische Verbeugung an und nuschelte: »Mein Name ist Basil Donovan.«
    »Sorgen Sie dafür, daß meine Koffer gebracht werden«, befahl Professor Zamorra. »Wo sind die Zimmer?«
    »Hier entlang, Sir.«
    Donovan lief voraus und riß die Tür einer verräucherten Stube auf, die durch eine Theke und ein paar Regale voller Gläser noch lange nicht in eine Gastwirtschaft verwandelt wurde.
    Hier in Daunton durfte man offenbar keine Ansprüche stellen.
    Beide Zimmer sahen miserabel aus. Die Fenster waren klein. Die Luft in den Kammern abgestanden. Das Bettzeug wirkte grau und klamm vor Feuchtigkeit. Keiner der Räume hatte eine Heizung. Es gab kein elektrisches Licht.
    »Die Toilette ist dort hinten links«, meinte der Vermieter dieses prachtvollen Etablissements.
    »Ist dort auch die Dusche?«
    Zamorra seufzte abgrundtief.
    Wieder lachte der Graukopf verlegen.
    »Für Sie bringt meine Frau das Wasser jeden Morgen frisch herauf«, versprach Dono van. »Wir selbst waschen uns am Brunnen, Sir.«
    Mit Schaudern musterte der Professor die Handtücher, die neben einem eisernen Dreifuß hingen. Auf dem primitiven Gestell stand ein schweres Porzellanbecken.
    »Gefällt Ihnen nicht, wie? Sie sind andere Hotels gewöhnt, oder?«
    Donovan schien nicht erpicht darauf, wirklich zu vermieten und ein paar Pfund zu verdienen. Das ganze Jahr über kamen keine Gäste. Warum sollte er sich gerade heute ins Zeug legen und diese Fremden verwöhnen?
    »Wir werden es überleben. Ich nehme dieses Zimmer«, entschied Zamorra.
    »Sehr gut, Sir. Ich sage meiner Frau Bescheid. Sie soll Ihnen etwas zu essen machen. Mögen Sie Spiegeleier?«
    »Warum nicht?« fragte Zamorra zurück, obgleich sich dem französischen Feinschmecker der Magen umdrehte.
    Donovan schaute seinen unerwünschten Gast lauernd an.
    »Na, wenn Sie so scharf darauf sind«, grinste er und verschwand. Mit seinen Holzschuhen klapperte er die Treppe hinunter.
    Nicole schaute Zamorra verzweifelt an.
    »Muß das alles sein?«
    »Ich denke doch. Ich werde eine umfassende Studie über die Teufelsanbeter schreiben können. Der Auftakt war mehr als vielversprechend.«
    »Denk lieber an unsere Gesundheit. Hier starrt alles vor Schmutz. Das Wasser ist sicher nicht sehr hygienisch. Wir werden krank werden.«
    Verzweifelt schaute sich Nicole in dem Zimmer um.
    Die Deckenbalken hingen ziemlich tief. Die Wände waren schlecht verputzt und nachlässig gekalkt. Irgendwie hing noch der Gestank von Kühen im ganzen Haus. Dabei hielt Donovan, wie sie gesehen hatten, jetzt nur noch Schafe, ein paar Ziegen und viele Kaninchen. Die er wohl seinen seltenen Gästen in bunter Reihenfolge auch servierte.
    »Die nehmen übrigens zehn Pfund pro Übernachtung. Ich habe mich erkundigt«, fügte Nicole den vielen Nachteilen einen weiteren Grund hinzu.
    »Habt ihr es alle darauf angelegt, mich abzuschrecken?« lächelte Zamorra versöhnlich. »Gebt euch keine Mühe. Ich bleibe. Notfalls allein.«
    »Wie sollte ich wohl allein zurückkommen?« gab Nicole zu bedenken. »Mitgefangen, mitgehangen.«
    »So schlimm wird es schon nicht werden, schließlich habe ich mein Amulett mit. Es wird mir weiterhelfen, sollte die Lage wirklich unhaltbar werden. Es hat mich noch nie in Stich gelassen.«
    Zamorra warf einen Blick in den halbblinden Spiegel, auf dem gesprenkelt die vielen Fliegen des Sommers ihre Visitenkarten hinterlassen hatten. »Komm, Nicole. Es winkt ein opulentes Mahl.«
    ***
    In der Gaststube drängte sich alles, was um diese Zeit noch ein Recht hatte, Bier zu bestellen. Und das waren im wesentlichen Männer. Greise mit zahnlosen Mündern und faltigen Hälsen. Schlecht rasiert und miserabel gekleidet.
    Schwer zu sagen, ob Gewohnheit sie in die Pubs trieb oder Neugier. Den britischen Schankgesetzen entsprach das nächtliche Treiben sicher nicht ganz. Oder hatte Donovan eine Ausnahmelizenz, weil er nebenher eine Art Hotel betrieb?
    Zamorra war nicht gekommen, um sich in diesem Punkt Gewißheit zu verschaffen. Seine Ziele lagen ganz woanders. Er begrüßte die Möglichkeit, Kontakt mit den Einheimischen herzustellen. Auf eine so beiläufige, unverdächtige Weise.
    Der Professor bat einen der Alten, ein wenig zu rücken und schob sich neben den Mann auf die Holzbank. Für

Weitere Kostenlose Bücher